Twin Peaks - Season 2

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    Es gibt 52 Antworten in diesem Thema. Der letzte Beitrag () ist von Bavarian.

      Der Pilot der 2. Staffel ist wie immer eine echte Herausforderung. Best-of-Lynch in Reinkultur! Der dreht hier so richtig auf. Schon die Eröffnung mit dem Butler ist genau das was man sich nie erwarten würde. Soll man da nun lachen oder soll man erschauern. Und das ist Lynch! Und Ray Wise, meinen Hut. Ein herrlich schräger Auftritt. Ein leider sehr unterschätzter Schauspieler. In den letzten Minuten wird noch richtig Horror vorgetragen.

      Ein bizarrer Traum, der dich immer weiter in das dunkle aber wunderschöne Twin Peaks zieht.

      Season 2: Pilot - 10 / 10 schneeweißen Haaren
      "Man geht schon ein Risiko ein, wenn man morgens aufsteht, über die Straße geht und sein Gesicht in einen Ventilator steckt!"
      Ja schon wenn er mit seinen neuen grauen Haaren um die Ecke kommt und anfängt zu singen - das kannst du entweder oder nicht. Das kann dir kein Schauspiellehrer beibringen.

      Heutzutage sieht du ihn in Trash-Filmchen über mutierte Killer-Spermien oder in Found Footage-Monsterfilmen. Nichts gegen dieses Zeug ( ^^ ), aber Ray Wise hätte eine größere und bemerkenswertere Karriere verdient.
      "Man geht schon ein Risiko ein, wenn man morgens aufsteht, über die Straße geht und sein Gesicht in einen Ventilator steckt!"
      Zu Staffel 1 habe ich gerade was geschrieben, jetzt kommt noch Staffel 2 hinterher.
      Nach diesem Re-Run (der letzte war ja ziemlich genau vor einem Jahr) stehe ich irgendwie auch nicht klüger da als vorher. Was dieses Mal aber umso deutlicher für mich geworden ist: Staffel 1 und 2 unterscheiden sich meiner Meinung nach extrem. Sicherlich hat es zum großen Teil schlicht und einfach mit der Anzahl der Folgen zu tun, aber bei Weitem nicht nur. Während Staffel 1 sich "lediglich" mit der Aufklärung des Mordes an Laura Palmer befasst, wird es inhaltlich in Staffel 2 unglaublich komplex. Um nicht zu sagen chaotisch...

      Ich bin froh erst nach der erneuten Sichtung der 2. Staffel gelesen zu haben, dass Lynch lediglich am Pilot und Finale (und noch irgendwann dazwischen) so richtig beteiligt war. Denn sonst hätte es mich wesentlich mehr Anstrengung gekostet, hier am Ball zu bleiben. Rückblickend wird es schon ziemlich deutlich, dass die beiden Staffeln qualitativ auseinander gehen.

      Ich will nicht sagen, dass mir Staffel 2 nicht gefällt, denn das tut es. Aber sie ist doch unheimlich lang, die Folgen ziehen sich und dummerweise haben viele Folgen, wenn nicht die meisten, nichts mit der ursprünglichen Frage zu tun: Warum musste Laura Palmer sterben.
      Spoiler anzeigen
      Der Mord klärt sich in der 9 Folge (mehr oder weniger) auf und das ist auch (mehr oder weniger) der Moment, wo es mir mit jeder Folge schwerer fällt, konzentriert zu bleiben. Die vielen parallelen Storylines laufen weiter (Josie, James, Cathrine, Nadine, Hank, Major Briggs...) und werden noch umfangreicher, da immer mehr Personen ins Spiel kommen. Sie haben längst nichts mehr mit dem eigentlichen Thema (Laura Palmer) zu tun. Die Haupt-Storyline wird ersetzt durch den Rachefeldzug eines neuen Charakters, Ex-Parter von Cooper: Windom Earle. Und dies sind auch die Folgen, die mir schließlich nicht so gut gefallen. Über zu lange Zeit wird dieses Thema Rache an Coop (?oder?) ausgereizt, um am Ende schließlich den Haken zur schwarzen Lodge zu schlagen, wo die Staffel endet (allerdings nicht, ohne vorher Aliens ins Spiel zu bringen).

      Das Ende schlägt dann wieder voll ein. Eine extra lange Sequenz im großartigen Red Room, diesmal noch fesselnder und gruseliger als die ersten Male wenn man an das Geschrei denkt oder die milchigen Augen der Doppelgänger... auch großartig die Aussage, die Laura macht (dass sie sich in 25 Jahren wiedersehen).

      Das Schicksal von Cooper schmeckt nicht. Er ist die gute Seele, ein einzigartiger Mensch in meinen Augen ohne die geringsten Vorurteile, loyal, immer höflich und legt den größten Wert auf Fairness und Gerechtigkeit. Nichtsdestotrotz kann ich nicht anders, als dieses (vorläufige) Ende ziemlich genial zu finden.


      Irgendwann zwischendurch kam in mir die Frage auf, warum eigentlich Agent Cooper Twin Peaks nicht wieder verlässt. Er scheint keinerleit Ambitionen zu haben, in sein altes Leben zurück zu kehren?

      Es fällt mir letztlich schwer, die zweite Staffel für mich selber unter einen Hut zu bringen, da ich jetzt weiß dass sie nicht komplett (bzw. kaum) auf Lynchs Mist gewachsen ist. Ich gebe viel auf seine Art Dinge darzustellen, es ist immer sehr interessant und fesselnd und ich weiß mittlerweile, dass er selber in einem Interview Missmut über die zweite Staffel geäußert hat ("It sucked."). Dass er grundsätzlich gegen das Auflösen von rätselhaften Ereignissen ist, weiß man ja. Seiner Meinung nach soll man nicht alles erklären können, sondern einfach mal hinnehmen. Mir fällt das unheimlich schwer, ich liebe es einfach, am Ende eines Films die Erleuchtung zu bekommen. Dasitzen mit Fragezeichen in den Augen und plötzlich - BÄM! weiß man wie es gemeint war. Nicht bei Lynch... Er hätte am liebsten nichtmal Laura Palmers Mörder enthüllt, denn das ist seiner Meinung nach nicht relevant.

      Somit werde ich mich darauf beschränken, dass ich einige Folgen dieser Staffel wirklich genial gemacht fand. Auch die Darsteller haben mich weiterhin überzeugt, allen voran natürlich MacLachlan. Und mir mein endgültiges Urteil für nach der 3. Staffel aufheben.
      Every life comes with a death sentence.

      Kiddo schrieb:

      Irgendwann zwischendurch kam in mir die Frage auf, warum eigentlich Agent Cooper Twin Peaks nicht wieder verlässt. Er scheint keinerleit Ambitionen zu haben, in sein altes Leben zurück zu kehren?


      Ja mei, da gibt´s halt keine so geilen Kirschkuchen und derart bezaubernde Douglas-Tannen. :D Denke für Coop war Twin Peaks auch eine Art Loslösung von dem Windom Earle-Vorfall usw. Und wenn ich so drüber nachdenke: Ich würde trotz aller Morde und dem Urbösen auch gerne dahin ziehen. ;) Aber genau das macht die Show ja auch aus. Diese tiefe unheilvolle Stimmung, gepaart mit einem einzigartigen Gefühl der Geborgenheit. Vom Wald ins Diner.

      S2 darf und muss sich definitiv Kritik gefallen lassen. Bin am Ende aber trotz des holprigen Produktionsverlaufs sehr sehr froh, dass es die Staffel gibt. :)

      Achso: Und wann geht´s mit S3 los? Da gibt´s dann RICHTIG was zu diskutieren. :D






      Bavarian schrieb:

      auch gerne dahin ziehen.


      Ha, genau der springende Punkt: er zieht ja nicht nach Twin Peaks, er holt sich nichtmal ein paar neue Klamotten / persönliches Zeug nach. Solange der Fall läuft, ok. Aber als er
      Spoiler anzeigen
      gefeuert (suspendiert?) wird, und beim Sheriff anfängt,
      spätestens da hätte ich mal an seiner Stelle drüber nachgedacht ein wenig Kram aus meiner Wohnung zu holen... den Briefkasten zu leeren usw.
      Sicher ist es nicht besonders wichtig und ich interpretiere da zuviel rein aber ist mir halt aufgefallen. ^^
      Every life comes with a death sentence.


      Tolle 13 Minuten Dokumentation von ARTE. :hammer:

      Ich hab ne Theorie

      Es ist ein Sterbe Traum

      Jemand ist verbrannt - oder verbrennt gerade - und alle Figuren in dem Film haben nur eine symbolische Bedeutung und sind zum Teil ausdrücke der sehnsüchte , Ängste, erinnerungen und aspekte der sterbenden Figur

      Deutet echt vieles darauf hin - wenn ich mit der serie durch bin - versuch ich eine detailerte Deutung
      So sehr ich Twin Peaks auch liebe, doch selbst ich muss mir eingestehen, dass ca. die Hälfte aller S2-Folgen massive Probleme hat. Und da bin ich in der Bewertung immer wieder auf´s Neue extrem hin und her gerissen, da es mir einerseits das Herz bricht, mein cineastisches Zuhause in solch schwachen Phasen erleben zu müssen - doch andererseits bin ich selbst in der schwächsten Twin Peaks-Minute froh, dass es sie überhaupt gibt.

      Den S2-Start bis hin zur Episode der "Auflösung" empfinde ich als weiterhin recht stark - auch noch die ein, zwei anschließenden Episoden, doch dann beginnt irgendwann eine recht dürftige Durststrecke, die nur in einzelnen Szenen zu überzeugen weiß, aber nicht die gewohnte Klasse und Intensität halten kann. Man merkt deutlich, dass Lynch und Frost nicht mehr so präsent waren, bereits an anderen Filmprojekten gearbeitet haben und natürlich, dass die Umsetzung inhaltlicher Forderungen der finanzierenden Akteure sehr geschadet haben. Erst die vor-vorletzte Folge zieht dann wieder konstant an, gipfelnd in der bombastischen S2-Finalfolge, die ich inkl. S3 mit zu den stärksten Episoden der gesamten Serie zähle. Insbesondere die lange Black Lodge-Sequenz im Finale nimmt einen festen Platz im Serienolymp ein.

      Doch in der Zwischenzeit merkt man den Autoren an, dass sie hart am struggeln waren, was sie mit der Story machen, nachdem im Hintergrund eine frühzeitige "Who killed Laura Palmer"-Auflösung eingefordert wurde. Lynch berichtet heute noch, dass es ihm das Herz brach, den Mörder überhaupt zu verraten. Zwar ist die Show natürlich viel, viel mehr als ein stupides Whodunit, doch natürlich hat das etwas mit der Serie angestellt, vor allem mit diesem Timing. Mit ganz großer Gewissheit hätte man das Bob-Thema so und so weiter ausgearbeitet (das sich ja auch erst durch den europäischen Pilot entwickelt hat, da man diesen als eigenständigen Film bringen musste, mit einem festen Ende), jedoch nicht verraten hätte, wer vom dämonischen Parasit übernommen wurde. Und da kommen wir auch schon zu einem der genialsten Funfacts der Serie, die sowieso einen sehr üppigen Pool an Trivia bereithält. Serien-Requisiteur Frank Silva wurde nur durch purem Zufall "Bob" - eine Figur, die bis dahin nicht existierte. Und weil Lynch während des Drehs eine spontane Eingebung hatte, entwickelt sich daraus die zentrale Mythologie der Serie. Auch heute noch berichten ausnahmslose alle Darsteller geschlossen, dass dies das freieste Schaffen von Kunst war, das sie je erleben durften.

      Jedenfalls - um den Faden wieder zu finden - gibt es schon einige Handlungsstränge, die angetackert und eher nervig daherkommen. James Hurley, der auf seinem sinnsuchenden Road-Trip in die Fänge eines Komplotts gerät. Die gesamte Leo-Zombie-Nummer, die so ihre Momente hat, aber dann doch zu viel Screentime einnimmt. Und die wahnsinnige Nadine-Story, die sich für eine High School-Schülerin hält und übernatürliche Kräfte entwickelt. Uff. Das hat sich teilweise schon sehr gezogen und der einzigartige Vibe der Show kam arg ins Stottern. Es fühlt sich in dieser Phase zu flüchtig und soapig an. Zwar hat das Überdramatische einen festen Platz in der Twin Peaks-DNA, doch wenn der Mystery-Anteil zu sehr zurückfährt, funktioniert die Kiste nicht mehr. Der Andy/Lucy-Plot rundum das Baby ist zwar auch nicht das Gelbe vom Ei, doch da ich die beiden Figuren unheimlich mag, war ich dann doch ganz happy, dass diese einen eigenen Handlungsstrang erhalten haben.

      Tatsächlich sind es in diesem Mittelteil der Season der Josie-Plot, ein paar Major Briggs-Momente und die gesamte Geschichte um Windom Earle, die den Motor halbwegs am Laufen lassen, wobei auch diese Handlungsstränge nicht ganz sattelfest sind. Das Geschickte an Windwom Earle war jedoch - übrigens grandios gespielt von Kenneth Welsh - dass der Charakter so ziemlich alle relevanten Mysterien irgendwie vereint und damit den mythologischen Kern gewinnbringend triggert. Coop´s Vergangenheit, Bob, Eulen, Wald, Black Lodge, Project Blue Book, Major Briggs. Ein wenig schade ist es, dass "der Einarmige"/Mike dann irgendwann in´s Hintertreffen gerät. Neben Agent Cooper und Laura Palmer wohl die Figur im Twin Peaks Universum, die das Reale und das Surreale am intensivsten miteinander vereint.

      Trotz offensichtlicher Schwächen in Staffel 2 betrachte ich das ´90er Twin Peaks in seiner Gesamtheit natürlich dennoch als Meilenstein und Meisterwerk. Lynch schafft es perfekt, klassische Szenen, Emotionen und Themen mit einer einzigartigen skurrilen, mysteriösen und surrealen Stimmung zu unterwandern und erschafft damit ein Genre-Mash-Up, das eigentlich nicht funktionieren dürfte, es aber schrecklich gut tut. Ein Ort zum Fürchten und zum Genießen zugleich. Hier eine überzogene Soap-Liebelei, da der mysteriöseste Moment der Seriengeschichte. Auch heute noch wirkt die Serie einzigartig und originell. Ein fulminanter Wegbereiter der TV-Geschichte, der einen Bruch der unambitionierten "-of the Week"-Struktur eingeleitet hat. Der Kunst und Anspruch in die Serienlandschaft integriert hat. Ungeahnte narrative Herangehensweisen. Ein Dosenöffner für die weitere Serienhistorie, die dadurch befähigt wurde, sich ein wenig dem Kino zu nähern, wenn sie denn wollte.

      Keine Serie hat so viele Besonderheiten wie Twin Peaks. Sei es die inszenatorisch großartige Black Lodge oder die unscharfen Waldbilder. Die hohe Kunst, Objekte mit skurrilen Bedeutungen aufzuladen und sich die Umgebung und Kulissen derart zu eigen zu machen. Man nehme allein das Palmer-Haus mit dem Ventilator, den Spiegeln oder dem Plattenspieler. Das ist die ganz große inszenatorische Klasse.

      Ich plane, jede Episode der dritten Staffel einzeln zu reviewen und will da dann auch auf ein paar Mysterien eingehen, die alle drei Staffeln umreißen.


      Anbei noch eine kleine Gedankenspielerei, was man in S2 hätte besser machen können. Dabei sehe ich die sich distanzierenden Lynch und Frost sowie die erzwungene Laura-Auflösung als gegeben an:

      Spoiler anzeigen

      Die Staffel um vier/fünf Folgen kürzen und damit ein paar Handlungsstränge komplett streichen

      Windom Earle früher etablieren

      Coop und Audrey-Storyline intensivieren: Die verbotene, unerfüllte Liebe - und dann Audrey zur Miss Twin Peaks küren, mit allen Entwicklungen, die damit verbunden sind: "How´s Audrey?!" (Das war wohl von den Autoren auch so geplant, doch Kyle MacLachlan hat sich geweigert)

      Anne streichen

      Die Suche nach Bob verstärken, nach der Leland-Auflösung. Mehr Rätselraten um ihn

      Zwei oder drei Black-Lodge-Szenen mehr

      Mehr Szenen mit Mike/Einarmigen

      Harold Smith-Storyline ausweiten





      Und hier noch ein kleiner Auszug meiner liebsten S2-Momente:

      Spoiler anzeigen

      Major Briggs wird von Windom Earle entführt, bekommt ein Wahrheitsserum verabreicht und wird nach seiner größten Angst gefragt. "The possibility that Love is not enough". Gute Güte, das hittet halt echt unnormal hart. :heulen:

      Coop erhält das Bookhouse-Boy-Abzeichen. Pure Liebe. Ich habe den Patch auch hier in meiner kleinen Twin Peaks-Vitrine liegen. :D

      Leland in den Momenten kurz vor der Verwandlung (bzw. der großen Auflösung), bevor er Maddy töten will. Da liegt so richtig was in der Luft.

      Der tanzende Leland und die widersprüchlichen Formen der Trauer.

      Dr. Jacoby diagnostiziert die trauernde Witwe auf der Sheriffs Station. Resultat: Er will am Ende ein Date mir ihr. Dann kommt der Bürgermeister, der die Witwe beschuldigt, sie hätte seinen Bruder durch Sex getötet. Er will sie erschießen. Auf dem Revier. Eh klar. Der FBI-Agent zeigt sich in der Problemlösung kreativ und bittet Bürgermeister und Witwe, es sich zu zweit in einem Raum gemütlich zu machen. Nach wenigen Minuten hat sich alles geklärt und die beiden wollen nun heiraten. Alle sind happy. So. Das alles geht in drei Minuten über die Bühne. Und es fühlt sich vollkommen richtig an. Das geht nur in Twin Peaks.

      In Episode 27 gibt es eine ganz wunderbare Montage, die all die altbekannten Twin Peaks-Locations nach und nach besucht. Hier das Double R Diner, da der Wald, dann rüber zum Roadhouse und zum Great Nothern. Jede Kulisse ist nur für ca. 5 Sekunden zu sehen. Und mir wurde mal wieder das Ausmaß bewusst, welch krasse Wirkung diese Umgebungen sofort ausstrahlen. Schon wenige Sekunden reichen aus, um sofort ein jeweils ganz eigenes Gefühl zu erzeugen, obwohl in diesen Momenten nichts weiter passiert.

      Das S2-Bad Ending. Bob hat Coop übernommen.






    • Teilen

    • Ähnliche Themen