Before Midnight (Ethan Hawke, Julie Delpy)

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    Es gibt 29 Antworten in diesem Thema. Der letzte Beitrag () ist von Der siebte Samurai.

      "Before Midnight" [Richard Linklater / USA, GR ´13] - 7,50 / 10

      :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :halbstern: :stern2: :stern2:

      Hui. Ein sehr interessantes Stück Kino. “Before Midnight” agiert fernab vom Hollywood-Mainstream, setzt sich was die Handlung angeht kaum Ambitionen und hat auch keinen Bedarf die ganz großen Momente (bewusst) zu inszenieren. Der Film setzt alles auf eine Karte – und das sind die beiden Hauptdarsteller, die mit der Zeit eine herrliche Dynamik entwickeln, sich bestens ergänzen und in ungewöhnlich langen Takes ihr Können zur Schau stellen. Der Film wirkt sehr intim, vertraut, lebensnah, authentisch, ehrlich, melancholisch, emotional und in seiner eigenen Art äußerst charmant, was ebenso durch den verträumten Soundtrack untermalt wird (Um der Adjektiv-Inflation mal ein Ende zu setzen..^^). Zudem hat man es geschafft über die komplette Laufzeit hinweg, immer wieder amüsante Pointen zu setzen, die kreativ sowie erfrischend wirkten..und sich komplett von selbst entwickelten – so zumindest der Eindruck. Ein Film, den ich kaum auf meinem Radar hatte und mich wohl mit seiner Inhaltsbeschreibung kaum ins Kino gelockt hätte – umso schöner, dass mich die Sneak-Preview darauf aufmerksam machte. Die minimalistische Inszenierung und die herzlichen Charakteren reichten diesmal komplett aus, um sich unterhalten zu fühlen.. auf alle Fälle sehenswert. Anhand meinen Bedürfnissen vielleicht kein Meistwerk, aber ein Werk, dass beweist, dass weniger manchmal mehr ist, wie man so schön sagt. Dass diesem Film schon zwei weitere vorausgingen, hab ich eben erst in Erfahrung gebracht…da besteht wohl Nachholbedarf.






      Jesse und Celine wurden von der Realität eingeholt. All das, was damals in Jugend- und jungen Erwachsenenjahren in Wien und Paris ein skeptischer Blick in die Zukunft war, hat sich inzwischen bewahrheitet. Sie befinden sich mittendrin ihrer Prognosen und Vergleichsbeispielen mit damaligen Pärchen jenseits der 40 und sehen sich exakt mit den Problemen konfrontiert, die sie prophezeiht oder befürchtet hatten. Ja, sie sind zusammen, aber die neun Jahre der Partnerschaft hat die anfängliche Magie um ein vielfaches verringert, ihr Leben hat sich normalisiert und verläuft nun so, wie das eines jeden anderen Menschen auch. Speziell dann, wenn man sich an die tollen und wunderschönen Ereignisse aus Wien und Paris erinnert, kann man ganz genau erkennen, dass sich potenzielle Macken inzwischen entfaltet haben: "Irgendwie habe ich all meine romantischen Vorstellungen in diese eine Nacht damals gesteckt und seitdem bin ich zu solchen Gefühlen nicht mehr in der Lage", betonte Celine damals in Paris gegenüber Jesse. Und trotz ihres Zusammenfindens wurde der Schmerz von damals nur zum Teil ausradiert.

      Franchise-Regisseur Richard Linklater und Schauspielerduo Ethan Hawke und Julie Delpy haben abermals in Echtzeit einen neuen Lebensabschnitt absolviert und innerhalb dieses Jahrzehnts intensiv an ihren Charakteren gearbeitet, geschrieben und sie eigens mit ihren persönlichen Erfahrungen weiterentwickelt. Sie sind realitätsbedingt reifer, erwachsener und verantwortungsbewusster geworden und haben Kinder gezeugt (sowohl in Wirklichkeit als auch im Film). Im Kern sind sie allerdings immer noch dieselben geblieben, die der Zuschauer vor 18 Jahren kennen und lieben gelernt hat. Es kann nicht abgestritten werden, dass die Umsetzung von Fortsetzungen zu dieser Art von Film keine erzählerischen Risiken mit sich bringt. Es hätte so einiges schief laufen und das langjährige, einsame Dasein des jeweiligen Vorgängers und dessen Sinn und eigentliches Ziel verletzen können. Schliesslich wird es für neun lange Jahre einzig und allein dem Zuschauer überlassen, ob er an ein Wiedersehen (Before Sunrise) und eine gemeinsame Partnerschaft (Before Sunset) der Beiden glauben tut oder nicht. Ein Sequel zerstört umgehend die eigene Interpretation, da zu allen Fragen eine Antwort geliefert wird. Glücklicherweise hat das Trio zum zweiten Mal in Folge die hohe Skepsis beseitigt und mit einer realistischen Erzählstruktur gezeigt, wie viel ihnen tatsächlich an Jesse und Celine liegt und wie gut sie sie studiert haben. Sie altern mit ihnen und gleichen ab, wie ihre Charaktere mit der zu schnell vergehenden Zeit umgehen, die von schönen oder weniger schönen Veränderungen begleitet wird.

      Before Midnight begeistert abermals mit unfassbar grandiosen Dialogen, die zum Nachdenken anregen und nur so mit Botschaften um sich werfen. Zugegeben, vom Fanherz wird eine gewisse Eingewöhnungsphase erwartet, da das traditionelle Konzept nicht 100%ig eingehalten wurde, was allerdings auch mit den Umständen zusammenhängt. Es geht längst nicht mehr nur um die Frage, ob es ihr einziger Tag bleibt und ob sie sich jemals wiedersehen werden. Diese Angelegenheit hat sich spätestens in der Zeit zwischen Before Sunset und Before Midnight erübrigt. Inzwischen regiert viel mehr die Frage, wie ihr letzter, gemeinsamer Tag aussehen wird. Die Szene am Tisch erinnert zwar ein wenig an Filme von Match Point Regisseur Woody Allen, allerdings funktioniert sie hervorragend, da die ungewöhnliche Gesprächsrunde mit anderen Paaren Teile ihrer Vergangenheit wiederspiegelt und ihre mögliche Zukunft mit auswegslosen Situationen andeutet. Hier werden einige äusserst witzige, charmante, vor allem aber auch interessante und traurige Tatsachen des Lebens ausgesprochen, ebenso zwischen den Zeilen wie auch direkt. Ab dem zweiten Akt wird dann schliesslich wieder das typische Before-Feeling, die Zweisamkeit von Jesse und Celine, die sich auch hier wieder detailiert über Gott, die Welt und den Tod unterhalten, eingeleitet, nach der man sich als Liebhaber auch sehnt. Von manchen Szenen in Before Midnight wird vom Zuschauer sogar noch deutlich mehr Geduld erfordert als in den Vorgängerfilmen. Eine Diskussion zwischen Jesse und Celine, die sich am selben Ort abspielen tut, dauert zum Beispiel rund 30 Minuten. Ein grossartiges Drehbuch verhindert jedoch völlig, dass ein Gefühl von Langeweile produziert wird. Die Dialoge sind unglaublich.

      "Show, don't tell", wird einem angehenden Schreiberling immer wieder erklärt und ins Ohr geflüstert. Linklater schafft es jedoch, einige der unumgänglichen Regeln des Schreibens zu verändern oder gänzlich zu umgehen. Man konzentriert sich auf zwei Leader gleichzeitig, auf eine Parallelhandlung wird komplett verzichtet und die Dialoge und deren Doppeldeutigkeit, kombiniert mit kleinen Aktionen mit grosser Bedeutung, haben allerhöchste Priorität. Sie geben den Charakter wieder, sie offenbaren, vertiefen und entwicklen Gefühle von Freude und Traurigkeit. Beide, sowohl Ethan Hawke als auch Julie Delpy, verkörpern ihre Rollen unbeschreibbar glaubhaft und authentisch, so als ob es keine schauspielerische Herausforderung sondern die pure Wirklichkeit wäre. Jesse und Celine existieren einfach, sie sind echt. Man hat es geschafft, eine Romanze auf zwei Jahrzehnte zu spannen, die Höhen und Tiefen zeigt, sich mit heiklen Fragen auseinandersetzt und besonders das Ungewisse, das jeden irgendwann erwartet, ausführlich thematisiert. Und genau das macht diese Reihe zu einem ganz besonderen und aussergewöhnlichen Experiment, welches in neun Jahren hoffentlich ebenso beeindruckend wie auch hochwertig um einen weiteren Ableger erweitert wird.

      9/10 (+)

      :stern::stern::stern::stern::stern::stern::stern::stern::stern::stern2:
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      Dieser Beitrag wurde bereits 6 mal editiert, zuletzt von „carmine“ ()

      YES!!!

      Das für mich grossartige Before-Trio Richard Linklater, Ethan Hawke und Julie Delpy gewinnt den Hollywood Film Award für das beste Drehbuch - natürlich für Before Midnight: Klick :goodwork:

      Die Fortsetzung zu Before Sunset ging an den Kinokassen (und auch hier im Forum) ja leider ziemlich baden, trotz grossartiger Kritiken. Daher finde ich es toll, dass er durch den Preis wieder durch die Medien wandert, gerade jetzt zum Blu-ray Start. Im Frühjahr dann noch den Golden Globe und den Oscar und ich bin zufrieden. :D
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      Dieser Beitrag wurde bereits 10 mal editiert, zuletzt von „carmine“ ()

      Original von carmine

      Die Fortsetzung zu Before Sunset ging an den Kinokassen (und auch hier im Forum) ja leider ziemlich baden, trotz grossartiger Kritiken. Daher finde ich es toll, dass er durch den Preis wieder durch die Medien wandert, gerade jetzt zum Blu-ray Start. Im Frühjahr dann noch den Golden Globe und den Oscar und ich bin zufrieden. :D


      Naja, der Film hatte ein Budget von 2,7 bis 3 Millionen Dollar und hat 11 Millionen eingespielt. Also locker, 2 bis 3 Millionen Gewinn, also ein Hit sieht anders aus, aber von "baden" gehen ,kann nun wirklich nicht die Rede sein. Der Film wird nach Blu-Ray Auswertung ein fettes Plus haben von 10 Millionen Dollar.
      Mein Letterboxd Profil: letterboxd.com/patrick_suite/

      Mein Filmpodcast "Die filmische Begegnung":

      Spotify: shorturl.at/foC02

      Apple Podcast: podcasts.apple.com/de/podcast/…he-begegnung/id1481790352
      Original von Lenny
      Juhu, direkt von "Vorschau" in "ältere Filme" würd ich sagen. Wasn da los ;)


      Aye, Aye. Danke für den Hinweis. ;)


      ...muss mir das Werk auch nochmal ansehen. Möglicherweise ist da noch mehr drin, als in meiner Kritik oben geschildert. Hab mir jedoch schon längst vorgenommen die zwei Vorgängen anzusehen..bisher aber noch nicht dazu gekommen. :headscratch:






      Endlich kam ich nun auch in den Genuss, Teil 3 der Reihe anschauen zu können.

      Ach, was soll ich großartig schreiben. Als ich damals irgendwann einmal mir die Inhaltsbeschreibung von einem Film namens Before Sunrise durchgelesen hatte, hörte es sich interessant und anders an, aber meine Erwartungen waren nicht allzu hoch, da es in dem Film, laut dem dortigen Text, im Prinzip ausschließlich um zwei Personen geht, welche andauernd in Konversationen verstrickt sind. Wie spannend kann es schon sein Personen bei Gesprächen zuzuschauen? Antwort: Sehr sogar!

      Jedenfalls begann ich den Film ohne hochgesteckte Erwartungen zu sehen und was ich schlussendlich bekam, war einer der tollsten, sympathischten, realitätsnahesten Filme, welche ich bis zum heutigen Tage kenne.

      Die Fortsetzung einige Jahre später hat mich ebenfalls wieder begeistert zurückgelassen, wobei ich den Film marginal schwächer empfand, als das Original.

      Dann hatte sich viele Jahre lang nichts getan und als die Nachricht einer weiteren Fortsetzung die Runde machte, war ich natürlich, wie einige andere auch, bereits wieder voller Vorfreude, erneut einen Teil dieses kleinen Universums beiwohnen zu können. Meine Erwartungen waren hoch...und ich wurde nicht enttäuscht.

      Die Umgebung ist sehr gut gewählt und die Dialoge sind mal wieder meisterhaft. Es ist mir erst beim anschauen wieder bewusst geworden, wie schnell man dieses ungewohnte Format des Films wieder verdrängt und es ( mir zumindest ) nach kurzer Zeit gar nicht mehr auffällt, wie lang jetzt eine Einstellung schon geht, weil die Gespräche einen so einnehmen, dass man sich über nichts anderes mehr Gedanken macht. Die Musik ist ebenfalls positiv aufgefallen und die Story wurde konsequent weiter erzählt. Und natürlich gebührt mal wieder den beiden Hauptdarstellern ein großes Lob, die ihre Charaktere mit so viel Enthusiasmus darstellen, dass überhaupt keine Zweifel an dem vorgetragenen aufkommen kann.

      Aber die besten Momente des gesamten Films waren für mich jene, als Ethan Hawke und Julie Delpy
      Spoiler anzeigen
      gegen Ende des Films Quartier in diesem Hotel beziehen und aus anfänglicher Begierde, sich ein immer weiter ausbreitender und intensiverer Streit entwickelt.
      Brilliant gespielt!


      Danke an Richard Linklater, Ethan Hawke & Julie Delpy. Auf das wir uns alle im Jahre 2022 wiedersehen werden.


      9/10

      Die Bluray im Krabbeltisch bei Amazon für 5€ erstanden, grad gesehen, was soll ich sagen, toller Film, tolle Fortsetzung, bin mit dem Paar die letzten 18 Jahre aufgewachsen, gibt viele Paralellen zu meinem eigenen Leben, ist eine der wenigen Reihen die es geschafft hat sich im Unterbewusstsein festzusetzen. Die Filme schaffen es, sich mit der Realität im Beziehungshaushalt auseinanderzusetzen ohne dabei auf die Tränendrüße zudrücken, so isses halt, ohne dabei die rosarote Liebesfahne auszuhängen.

      Ob wir in knapp 8 Jahren nochmal nen neuen Teil bekommen steht im Moment noch in den Sternen, konsequent wäre es aber allemal, eventuell Scheidung, Patchwork-Family und ähm.............Happy End............ne sry so läuft das meistens nicht, man darf spekulieren 8o 8o

      7,5/10
      endlich gesehen

      es bricht mir das herz die beiden so zu sehen. ich hätte ihnen alles glück gewünscht - aber sie sind auch nur menschen.

      ich hoffe Linklater entlockt dem leben in weiteren teilen , so hart es wohl auch wird , die süsse, die im ersten teil so verlockend war - übertragen auf das bittere.

      ich liebe diese reihe

      10/10 Pkt