Shape of Water - Das Flüstern des Wassers

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  • Einleitung


    Guillermo del Toro meldet sich zurück! Nach seiner letzten Regiearbeit an "Crimson Peak" von 2015 begibt er sich mit seinem neuen Streich, Shape of Water - Das Flüstern des Wassers, wieder mehr in die Gefilde von "Pans Labyrinth" aus 2006 zurück. Die Parallelen der beiden Filme wurden schnell offensichtlich: Der Amphibienmann erinnert vom optischen Stil her an Faun, und hinsichtlich der restlichen Optik sind sich die beiden Filme recht ähnlich. Und in der Tat handelt es sich bei Shape of Water wie schon bei "Pans Labyrinth" um ein Märchen für Erwachsene, das ganz ähnlich funktioniert.





    Kritik


    Eigentlich ist die Geschichte von Shape of Water schnell erzählt: Die stumme Reinigungskraft Elisa arbeitet im Jahr 1963 in einem Labor der Regierung, wo sie ein höchstgeheimes Experiment entdeckt: Aus Südamerika hat die Regierung ein amphibisches Wesen in das Labor verschifft, um Experimente durchzuführen und es im Kalten Krieg gegen den Roten Feind einsetzen zu können. Schnell freundet sich Elisa mit der Kreatur an und versucht es aus dem Labor zu retten.

    So einfach die Geschichte auch klingt, so sind es die Details, die Shape of Water zu etwas Besonderem machen: Eigentlich sind alle "guten" Charaktere keine Helden, sondern Außenseiter. Sei es die stumme Putzfrau, ihre afroamerikanische Arbeitskollegin, oder der Nachbar, der beruflich auf keinen grünen Zweig kommt und eigentlich sogar ziemlich einsam ist. So vermittelt Shape of Water oftmals auch unterschwellig das Thema von Vorurteilen, die den ganzen Film durchziehen: Ja, die Helden werden nicht als Helden gesehen, aber sie haben ihr Herz am rechten Fleck und beweisen großen Mut, wenn es darum geht, das zu tun, was sie für richtig halten. Und da ist es egal, ob sie körperlich eingeschränkt sind, eine andere Hautfarbe haben (wie erwähnt, spielt der Film in 1963, wo Rassismus in den USA nochmal ganz andere Dimensionen hatte als heute) oder im Job erfolglos sind. Dass eine Kreatur, die für Forschungszwecke misshandelt wird, im Zentrum des Geschehens steht, ist zwar der Höhepunkt dieses Themas, aber eben gleichzeitig auch nur die Spitze des Eisbergs.

    Damit beweist Regisseur Guillermo del Toro wieder einmal sein Gespür für die Darstellung von Menschlichkeit, die er schon in "Pans Labyrinth" adäquat vermittelt hat.

    Mithilfe des amphibischen Mannes geht del Toro jedoch noch weiter: Experimente an solch einem Wesen werden eindeutig ethisch hinterfragt und auch direkt bewertet. Welches Recht hat der Mensch, andere Wesen für seine Zwecke zu missbrauchen? Sind wir als Menschen anderen Wesen wirklich überlegen? Ja, auch auf die letzte Frage gibt es zum Ende des Films eine Antwort, die hier jedoch nicht vorweggegriffen werden soll. Diese menschliche Arroganz wird jedoch im gesamten Film deutlich und wird angeprangert.

    Dennoch bleibt Shape of Water bei aller unterschwelligen Kritik äußerst verspielt und sanftmütig. Es gibt sogar eine gute Prise Humor, die an keiner Stelle fehlplatziert oder aufgesetzt wirkt. Der Humor ist dezent und passt zur jeweiligen Szene. Die Verspieltheit gewinnt Shape of Water jedoch insbesondere durch seine Bilder: Es ist 1963 und der ganze Film soll diese Epoche wiederspiegeln. Es gibt alte Kinos, es gibt alte Fernseher, und das Fehlen der hochtechnisierten Gegenwart tut dem Film hinsichtlich seiner Atmosphäre gut. Shape of Water wirkt dabei höchst bodenständig, und obschon wirklich gut gemachte und real wirkende visuelle Effekte zum Einsatz kommen, so werden diese hier nicht zum Selbstzweck verwendet, sondern sind diese bei einer solch fantastischen Geschichte schlichtweg auch manchmal notwendig. Schon die Anfangssequenz von Shape of Water weiß visuell zu begeistern und verspricht einen schönen und poetischen Film.

    Die Poesie funktioniert aber nicht nur deshalb so gut, weil die Effekte gut gemacht sind oder die Ausstatter und Kostüm- sowie Maskenbildner einen tollen Job abgeliefert haben: Auch der passende Score von Alexandre Desplat ("The King's Speech", "Der Goldene Kompass") trägt unmittelbar zur bezaubernden Atmosphäre des Films bei. Der Score kommt dabei weniger pompös oder aufdringlich daher, sondern hält sich oft zurück und vermittelt die Verspieltheit, aber auch gleichzeitig eine Sonderbarkeit, die zum Thema des Films passt. Für diese Leistung hat Desplat verdienterweise auch den Golden Globe erhalten.

    Doch neben dem ganzen Drumherum stehen im Mittelpunkt des Films immer noch die Darsteller, die die Geschichte vorwiegend erzählen müssen. Hier hat das Casting ein glückliches Händchen bewiesen, denn mit den gewählten Darstellern hat man die Charaktere zu real greifbare Menschen gemacht: Während andere Filme mit Sixpacks und schönen Kurven auftrumpfen, so wären diese in Shape of Water vollkommen fehl am Platze. Ohne Sally Hawkins zu nahe treten zu wollen, aber sie wirkt in dem Fantasydrama nicht, als könnte sie das Cover einer Modezeitschrift zieren. Aber genau das würde auch nicht passen. Hawkins als Elisa ist ein Mensch, aus Fleisch und Blut, mit Makeln und absolut unperfekt, was durch ihre Stummheit abgerundet wird. Als Außenseiter, der sie aber hier nun mal ist, wäre alles andere auch vollkommener Blödsinn. Denn Elisas Schönheit ist in ihr, weil sie menschlich ist und weil sie mutig ist. Und für das einsteht, wovon sie überzeugt ist. Dieser Charakter wird von Sally Hawkins absolut überzeugend dargestellt. Da sie keinen Text spricht, spricht Hawkins mit ihren Augen: Sie vermitteln eine tief in ihr verborgene Sehnsucht, aber auch Wünsche, Freude, Spott und Güte sowie Menschlichkeit, je nachdem, was die jeweilige Szene gerade von ihr verlangt. Dabei schafft die englische Schauspielerin, absolut normal und für den Zuschauer greifbar zu wirken.

    Doch nicht nur Hawkins schafft es, einen normalen Menschen zu präsentieren: Auch Octavia Spencer ist als ihre Arbeitskollegin Zelda alles andere als perfekt: Mit leichtem Übergewicht punktet auch Spencer, die Stärke ihrer Rolle in ihren Charakter zu legen: Sie ist etwas impulsiver, aber drückt eine enorme Stärke und Entschlossenheit aus, während sie dabei nach wie vor ihren eigentlich kleinen Gesellschaftsstand nicht außer Acht lässt.

    Außerdem zu erwähnen sind noch Richard Jenkins als Nachbar Giles, der ebenfalls ein gesundes Maß an Normalität in seine Rolle legt, sowie Michael Shannon als Antagonist Richard Strickland, der das absolute Gegenteil der drei bereits Erwähnten darstellt: Arroganz, Überheblichkeit und auch ein wenig Wahn. Shannon kommt in seiner Rolle ziemlich böse und dominant rüber, aber niemals überspitzt oder zu eindimensional. Auch er bleibt hierdurch ein greifbarer, menschlicher Charakter, den vermutlich jeder schon einmal in ähnlicher Form in seinem Leben getroffen hat.

    Guillermo del Toro versteht es, all diese wichtigen Komponenten in seinem Film richtig zu verbinden und passend in Szene zu setzen. Wie man es von dem mexikanischen Regisseur her kennt, gibt es dabei auch mal einige Blutspritzer zu sehen. Genauso wie die Effekte sind diese aber nicht Mittel zum Zweck, auch wenn man auf diese durchaus hätte verzichten können. Dennoch stören die vereinzelten Blutszenen keineswegs die bezaubernde und oftmals auch rührende Atmosphäre, sondern passen sie durchaus da rein. Del Toros Regie von Shape of Water ist stets zielführend und macht das Drama zu dem, was es sein soll: Ein bodenständiger Film, der gleichzeitig verzaubert, teilweise unglaublich rührend ist, aber auch ein wenig zum Nachdenken anregt.

    Und auch wenn dies nun hier alles nach purer Begeisterung klingt, so muss sich Shape of Water aufgrund der groben Ähnlichkeit insbesondere im Vergleich zu "Pans Labyrinth" behaupten: Und hier punktet dann doch del Toros Werk von 2006, denn "Pans Labyrinth" konnte mit noch mehr Tiefgründigkeit und einer dann doch besser ausgearbeiteten und komplexeren Geschichte begeistern und dadurch noch mehr fesseln.

    Wer diesen Film jedoch als zu anstrengend und ernst empfunden hat, wird mit der Leichtfüßigkeit und Verspieltheit von Shape of Water sicherlich besser klarkommen.



    Fazit


    Shape of Water ist ein klassisches Märchen für Erwachsene, das verzaubert und visuell überzeugen kann. Alle Beteiligten haben tolle Arbeit geleistet und auf der Metaebene gibt es auch einiges, das zum Mitdenken einlädt.


    8/10

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    Infos
    Originaltitel:
    The Shape of Water
    Land:
    USA
    Jahr:
    2017
    Studio/Verleih:
    Fox Searchlight Pictures
    Regie:
    Guillermo del Toro
    Produzent(en):
    Guillermo del Toro, J. Miles Dale
    Drehbuch:
    Guillermo del Toro, Vanessa Taylor
    Kamera:
    Dan Laustsen
    Musik:
    Alexandre Desplat
    Genre:
    Fantasy, Drama
    Darsteller:
    Sally Hawkins, Michael Shannon, Richard Jenkins, Doug Jones, Michael Stuhlbarg, Octavia Spencer

    Inhalt:
    Der meisterhafte Geschichtenerzähler Guillermo del Toro inszeniert mit SHAPE OF WATER – DAS FLÜSTERN DES WASSERS eine poetische Liebesgeschichte, die circa 1963 vor dem Hintergrund des Kalten Krieges in Amerika spielt. In einem versteckten Hochsicherheitslabor der Regierung arbeitet die einsame Elisa (Sally Hawkins), gefangen in einem Leben der Stille und Isolation. Doch Elisas Leben ändert sich für immer, als sie und ihre Kollegin Zelda (Octavia Spencer) ein als geheim eingestuftes Experiment entdecken.
    Start (DE):
    15. Februar 2018
    Start (USA):
    1. Dezember 2017
    Laufzeit:
    123 Minuten
    FSK:
    noch nicht geprüft

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