Der seidene Faden

Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

  • Einleitung

    Ab dem 1. Februar 2018 bringt Universal Pictures den neuesten Film von Paul Thomas Anderson mit Daniel Day-Lewis und Vicky Krieps in den Hauptrollen in die deutschen Kinos. Der seidene Faden wird die vermutlich letzte Filmrolle von Daniel Day-Lewis werden. Ob er einen würdigen Abschied mit dem Film gibt, steht in den nächsten Abschnitten.

    Reynolds Woodcock (Daniel Day-Lewis) ist der größte Modekünstler seiner Generation. Zusammen mit seiner Schwester Cyril (Lesley Manville) führt er aus der heimischen Villa ein Modeunternehmen, mit dem sie Adlige, Filmstars, Erbinnen, Damen aus der Society und Debütantinnen im London der 1950er Jahre einkleiden. Im Leben von Reynolds Woodcock kommen und gehen die Frauen. Mal als geliebte, mal als Inspiration. Jedoch geht der überzeugte Junggeselle nie ernsthafte Beziehungen ein, bis er Alma (Vicky Krieps) kennenlernt. Eine junge, natürliche und unbefangene Frau mit starkem Willen. In kürzester Zeit wird Alma zu einem großen Teil in Reynolds leben. Sie wird seine Muse und Geliebte. Reynolds geplantes und kontrolliertes Leben beginnt langsam auseinanderzubrechen...



    Kritik

    Mit Der seidene Faden liefert Paul Thomas Anderson (There Will Be Blood) einen zugänglicheren Film als zuletzt mit dem sterilen The Master oder dem ungezwungenen Inherent Vice, der dennoch nicht wirklich Massentauglich ist. Der seidene Faden ist größtenteils wie ein Kammerspiel inszeniert. Wenige Personen sind minutenlang in Räumen und schweigen sich an oder streiten miteinander.

    Der seidene Faden ist ein Film über eine bizarre Liebesgeschichte, die nicht greifbar oder in irgendeiner logischen Weise erklärbar ist. Im Kern geht es um die Liebe einer Frau, die fehl am Platz zu sein scheint, zu einem Mann und gleichzeitig der Liebe eines Mannes zu seiner Arbeit. Anstatt eine klassische Romanze zeigt Meisterregisseur Paul Thomas Anderson vielmehr eine trockene und oftmals überraschend witzige Charakterstudie über Konflikte im Herzen einer seltsamen und ungleichen Beziehung. Der seidene Faden ist eine Abhandlung über ungebremstes Ego und verlangen zugleich. Durch die angespannte Beziehung der beiden Hauptcharaktere wirkt Der seidene Faden mehr wie ein Thriller als eine Romanze, der durch die immer wieder aufkeimende unheimliche Aura von Reynolds und Alma unterfüttert wird.

    Der seidene Faden ist im ersten Hinblick ein charaktergetriebener Film, der sich nicht viel um seine Handlung kümmert und keinen gängigen Höhepunkt besitzt. Es folgen großartige Charaktermomente auf tolle Dialogszenen. Anderson zeigt den Zuschauer auf der einen Seite Szenen die absurd komisch sind (Teeszene), auf der anderen Seite auch eindringliche und faszinierend atmosphärische Dialogschlachten (Überraschungsessen). Dadurch baut Der seidene Faden von Beginn an etwas auf, das zu gleichen Teilen faszinierend und durch die unterkühlten und undurchsichtigen Charaktere verstörend ist.



    In seiner vermutlich letzten Rolle als Modedesigner Reynolds Woodcock zeigt Daniel Day-Lewis die ganze Bandbreite seines Könnens. Er spielt wieder auf aller höchstem Niveau und übernimmt die Facetten seiner Figur und zeigt einen Mann voller Impulse, Macken und schwächen zugleich. Reynolds Woodcock ist ein ungeduldiger Perfektionist, der immer wieder zu Wutausbrüchen neigt, gleichzeitig ist er auch jemand der mit Stoff und Faden Kunstwerke erschafft und der ästhetischen Perfektion und Schönheit seiner Schöpfung verfallen ist. Wie in There Will Be Blood verkörpert Daniel Day-Lewis einen Mann, der von vollkommener Besessenheit angetrieben wird. Im Gegensatz zu Daniel Plainview, der durch die Gier nach Geld und Macht angetrieben wurde, geht es Reynolds Woodcok um ästhetische Perfektion und die Schönheit seiner Kreationen. Trotz dieser unnahbaren Rolle verkörpert Day-Lewis seinen Charakter zu jeder Zeit glaubwürdig und nachvollziehbar.
    Die recht unbekannte luxemburgische Schauspielerin Vicky Krieps zeigt eine ebenfalls sehr gute Performance und kann gegen einen so großartigen Schauspieler wie Daniel Day-Lewis bestehen. Krieps verkörpert ihre Rolle angenehm subtil und undurchsichtig. Allein durch ihre tolle Mimik vermittelt sie den augenblicklichen Gemütszustand von Alma.

    In Der seidene Faden übernimmt Regisseur Paul Thomas Anderson zum ersten Mal auch die Kamera. Die Bilder, die er kreiert sind wundervoll und wirken zum Teil wie Bilder aus Magazinen. Das Haus und dessen Räume, sowie die Treppenhäuser werden toll eingefangen und atmosphärisch präsentiert. Der seidene Faden ist ein wunderschön aussehender Film geworden, für den sich die große Leinwand lohnt.



    Fazit

    Paul Thomas Anderson ist mit Der seidene Faden ein sehr interessanter und schön anzusehender Film über eine bizarre Beziehung gelungen. Cineasten sollten sich diesen Film auf jeden Fall ansehen. Es muss aber auch gesagt werden, dass der Film nicht für jeden geeignet ist. Seine lange Laufzeit von knapp 130 Minuten in Kombination mit der ruhigen und unaufgeregten Inszenierung wirken zwar ein wenig anstrengend, aber im Gegenzug bekommt der Zuschauer einen faszinierenden Film mit großartigen Schauspielerischen Leistungen zu sehen. Daniel Day-Lewis’ Karriere geht somit mit einer gewohnt tollen Leistung in einem sehr guten Film zu Ende.


    9/10

    :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern2:
    Infos
    Originaltitel:
    Phantom Thread
    Land:
    USA
    Jahr:
    2018
    Studio/Verleih:
    Universal Pictures
    Regie:
    Paul Thomas Anderson
    Produzent(en):
    Joanne Sellar, Paul Thomas Anderson, Megan Ellison, Daniel Lupi, Adam Somner, Peter Heslop, Chelsea Barnard,
    Drehbuch:
    Paul Thomas Anderson
    Kamera:
    Paul Thomas Anderson
    Musik:
    Jonny Greenwood
    Genre:
    Drama, Thriller
    Darsteller:
    Daniel Day-Lewis, Vicky Krieps, Lesley Manville, Camilla Rutherford, Gina McKee, Brian Gleeson, Harriet Sansom Harris, Lujza Richter, Julia Davis
    Inhalt:
    Niemand kann Reynolds Woodcock (Daniel Day-Lewis) in Sachen Mode und Schneiderkunst das Wasser reichen. Unterstützt von seiner Schwester Cyril (Lesley Manville) kleidet er Adlige, Filmstars, Erbinnen, Damen aus der Society und Debütantinnen im London der Nachkriegsjahre ein. Alle reißen sich um die unverwechselbaren Modelle des „House of Woodcock“. Frauen kommen und gehen im Leben des Modemachers, dienen dem überzeugten Junggesellen als Inspiration und leisten ihm Gesellschaft. Bis er Alma (Vicky Krieps) kennenlernt. Eine junge, natürliche und unbefangene Frau mit starkem Willen. Bald schon ist sie aus seinem Leben nicht mehr wegzudenken. Als Muse. Als Geliebte.
    Und sein maßgeschneidertes Leben, kontrolliert und planvoll, beginnt sich an den Säumen aufzulösen...
    Start (DE):
    01. Februar 2018
    Start (USA):
    19. Januar 2018
    Laufzeit:
    132
    FSK:
    noch nicht geprüft

    30.822 mal gelesen