A Beautiful Day

Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

  • Einleitung


    Regisseurin Lynne Ramsay widmete sich mit ihrem neusten Werk A Beautiful Day einem abgründigen Thema. Ein Ex-Militär, der sich auf das Wiederfinden von entführten Kindern spezialisiert hat, bekommt es auf der Suche nach der Tochter eines Senators mit mächtigen und vor allem skrupellosen Gegnern zu tun.

    Für die Hauptrolle konnte die Regisseurin und Drehbuchautorin den mehrfach oscarnominierten Charakterdarsteller Joaquin Phoenix (Gladiator) gewinnen, der einmal mehr seine enorme schauspielerische Klasse darbietet.



    © 2018 Constantin Film

    Kritik


    Bereits in den ersten Minuten wird deutlich, dass man keinen gernretypischen Rache-Thriller erwarten kann. Die düsteren, teils trostlosen Bilder, durch die ein emotional zerrütteter Hauptdarsteller wandert, kreieren schnell eine verstörende Atmosphäre. Ruhig lässt Regisseurin Ramsay die Handlung sich entfalten und auch da wird klar, dass einen keine großen Actionszenen geboten werden. Die Handlung konzentriert sich ganz auf das Innenleben des Protagonisten und begleitet ihn in die gesellschaftlichen aber vor allem emotionalen menschlichen Abgründe. Auch wenn auf reißerische und brutale Action größtenteils verzichtet wird, so ist A Beautiful Day aber dennoch kein Film für Zartbesaitete. Denn Ramsay lässt einen emotional fordernden Film entstehen, dessen Hauptdarsteller den Zuschauer die Leiden seiner Figur in keiner Sekunde vergessen lässt.
    Die vergangene Geschichte des gebrochenen Retters der Verlorenen wird zwar meist nur in Andeutungen, kleinen Bildschnipseln erzählt, doch sind diese durchweg eindringlich und klar zu deuten.

    Joaquin Phoenix zeigt sich schon optisch von einer abschreckenden Seite. Seine brachiale Statur, dessen Muskeln langsam den weichen Körperanteilen weichen, sein ungepflegter Vollbart, seine schäbigen Anziehsachen und sein depressiver Gesichtsausdruck zeichnen ein Bild, was schwer zu ertragen ist. Seine Erscheinung wird noch durch Phoenix' tiefverletztes Spiel gefüllt.
    So bewegt sich der Walk the Line-Star schwer geschädigt in einer düsteren Welt, in der Skrupel nicht existieren. Er selbst lässt dies auch seine Gegner spüren, wenn er meist nur mit einem Hammer bewaffnet, diese Schmerz empfinden lässt.

    Anstatt dem Zuschauer Blutfontänen zu zeigen, lässt die Regisseurin die Gewalttaten in den Köpfen entstehen. Es gibt vorher und nachher Bilder oder man sieht die Hauptfigur in Aktion nur über die Übertragung einer Überwachungskamera, die kaum Details zulässt. Allerdings bekommt das Werk dadurch eine weniger unterhaltende Wirkung und mehr eine Intensität, die streckenweise kaum zu ertragen ist.
    Dabei versucht Ramsay originell immer wieder die bedrückende Stimmung mit befremdlichen, amüsanten Szenen zu durchbrechen. Ist es die Songauswahl, die oft im Kontrast zum Gesehenen steht, oder die Szenen die den Protagonisten Joe zuhause bei seiner Mutter mit fast schon kindlichem Verhalten zeigen. So entsteht gerade durch letzteres eine gewisse Aufheiterung und schreibt Joe Sanftmut zu, unterstreicht auf der anderen Seite aber auch die tiefen Verletzungen, die Joe in seiner Kindheit zugefügt wurden. Letztendlich bekommt seine Motivation, warum er Kindern hilft, dadurch noch mehr Gewicht, denn es ist weniger das Geld oder seine vermeintlich fehlenden Möglichkeiten, die ihn antreiben, sondern viel mehr die Suche nach Erlösung, da er selbst ein schwer traumatisiertes Kind war.

    © 2018 Constantin Film

    Inszenatorisch lässt sich Ramsay auf kein Genre festsetzen, denn auch wenn der Plot einen Thriller vermuten lässt, durchbricht sie diese Grundlage immer und immer wieder mit dramatischen Elementen, wodurch sich ein einzelnes Genre nur schwer feststellen lässt. Das Risiko, dass dadurch ein Gefühl der Unentschlossenheit entsteht, kommt hier keineswegs auf, denn die Inszenierung vermittelt einem stets, dass die künstlerische Leiterin genau wusste, was sie will, aber vor allem was sie erzählen möchte.
    Ihre abgründigen Bilder und Figuren bekommen durch den eindringlichen Score von Komponist und Radiohead-Mitglied Jonathan Greenwood eine noch durchschlagendere Kraft. Mal unterstreicht der Musiker Szenen mit dröhnenden elektronischen Sounds und Melodien und mal begleitet er Sequenzen sanft und verhalten. Regie und Musik spielen mit den Möglichkeiten, die ihre Symbiose bietet und so bekommt man auch immer wieder kontrastreiche visuell-akustische Experimente geboten, die zwar nicht immer gelingen, aber eine gewisse Faszination entfalten.

    © 2018 Constantin Film

    Bei all dem Lob muss man sich aber stets vor Augen führen, dass A Beautiful Day keine leichte Kost ist. Denn auch wenn die Regisseurin bemüht war die depressive Stimmung mit amüsanten Ideen zu brechen, gelingt dies nur bedingt. Somit bietet Ramsays neustes Werk Stoff, der einen merklich runterzieht. Der starke Joaquin Phoenix ist mitleidserregend und abstoßend zugleich, was das Zuschauen faszinierend wie anstrengend gestaltet.
    Darstellerisch wie inszenatorisch wird hier eindrucksvolles geleistet, aber der Gesamteindruck sorgt für viel Unbehagen. Das muss gerade bei der schwierigen Thematik kein Kritikpunkt sein, aber man muss damit auch umgehen können und wollen.

    Fazit


    A Beautiful Day ist in vielerlei Hinsicht ein starkes Werk geworden. Allerdings sollte man sich vor der Sichtung im Klaren sein, auf was man sich einlässt. Lynne Ramsays Rache-Film bietet weder Action noch Erlösung. Es ist ein schwer zu ertragender, emotional fordernder Film, der sich fernab jeglicher Regeln bewegt. Hart, intensiv aber auch deprimierend.


    8/10

    :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern2: :stern2:
    Infos
    Originaltitel:
    You Were Never Really Here
    Land:
    USA
    Jahr:
    2018
    Studio/Verleih:
    Cinescape, Amazon Studios / Constantin Film
    Regie:
    Lynne Ramsay
    Produzent(en):
    Rose Garnett, Lynne Ramsay, James Wilson, Pascal Caucheteux
    Drehbuch:
    Lynne Ramsay, Jonathan Ames (Buch)
    Kamera:
    Thomas Townend
    Musik:
    Jonathan Greenwood
    Genre:
    Drama, Thriller
    Darsteller:
    Joaquin Phoenix, Alessandro Nivola, Ekatarina Samsonov
    Inhalt:
    A Beautiful Day dreht sich um Joe, einen vom Leben gebeutelten Ex-Militär, der sich mittlerweile darauf spezialisiert hat gekidnappte Minderjährige wiederzufinden. Dabei geht der emotional wie körperlich verletzte Mann alles andere als zimperlich vor. Als er die Tochter eines Senators wieder nach Hause bringen soll, gerät Joe allerdings in ein Komplott durch das er es mit mächtigen Gegnern zu tun bekommt.
    Start (DE):
    26.04.2018
    Start (USA):
    06.04.2018
    Laufzeit:
    90 Minuten
    FSK:
    ab 16 Jahren
    Links
    Webseite:
    https://www.constantin-film.de/kino/a-beautiful-day/

    33.687 mal gelesen