Shoplifters - Familienbande

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  • Einleitung


    Als Gewinner der goldenen Palme in Cannes ist Shoplifters - Familienbande die große japanische Hoffnung für die Academy Awards 2019. Der japanische Filmemacher Hirokazu Kore-eda ist mit seinen Werken gerade auf den Filmfestspielen in Cannes ein gern gesehener Gast und auch mit Shoplifters wurde er in Frankreich nicht zum ersten Mal ausgezeichnet.
    In seinem bereits jetzt zahlreich prämierten Drama widmet er sich einer kleinkriminellen Familie, die ein kleines Mädchen bei sich aufnehmen. Als ein problematischer Zwischenfall gut gehütete Geheimnisse offenbart, zeigt sich, wie gut die Familie wirklich zueinander steht.

    In den Hauptrollen sind unter anderem Sakura Andô (100 Yen Love), Jungdarsteller Kairi Jyo (Erased), Mayu Matsuoka und Lily Franky zu sehen. Letzterer stand für Regisseur und Drehbuchautor Kore-eda unter anderem bei After the Storm und Vater und Sohn vor der Kamera. Andô und Matsuoka verbindet bereits das japanische Kultwerk Love Exposure.

    © 2018 Wild Bunch Germany


    Kritik


    Regisseur Hirokazu Kore-eda erzählt seine Geschichte von einer ungewöhnlichen Familie unaufgeregt und unspektakulär. Doch gerade dadurch konzentriert sich der Fokus ganz auf die Figuren, die auch das Herzstück des Dramas sind. Jeden Einzelnen scheint ein kleines Geheimnis zu umgeben und gerade die Frage, wie sie dort alle gelandet sind, drängt sich einem zunehmend auf. Denn schon früh wird klar, dass es sich bei der Familie um keine blutsverwandte handelt und trotzdem ist der Umgang untereinander vertraut und meist sehr liebevoll. Und so dauert es auch nicht lange, bis das neuste Familienmitglied integriert wird.
    Trotz der kriminellen Machenschaften schließt man die eigenwilligen Charaktere ins Herz und hofft, dass sie nichts auseinander bringen wird. Dabei ist gerade in der ersten Hälfte die älteste "Tochter" Aki zum dahinschmelzen. Wenn die großherzige junge Frau sich in einem Stripclub liebevoll um ihre Kunden kümmert, zeugt das von mehr Wärme und Nähe, als manch einer in seiner Beziehung erfährt. Und genau in diesem Punkt offenbart sich auch die interessante Darstellung der japanischen Gesellschaft von Kore-eda. Denn auf der einen Seite stellt er die nach Außen sozial perfekt funktionierenden und integrierten Bürger, die aber gleichzeitig distanziert und kalt wirken, und auf der anderen diese Familie, die sozial verachteten Beschäftigungen nachgeht und trotzdem menschlich deutlich weiterentwickelt ist, als die in ihren gesellschaftlichen Mustern festgefahrenen Mitglieder des Systems. Allerdings macht es sich Kore-eda auch nicht so leicht, indem er seine liebenswürdigen Protagonisten als fehlerfrei darstellt. Als sie ein Zwischenfall vor schwerwiegende Probleme stellt, kommen einige dunklen Geheimnisse zutage. Und plötzlich steht man als Zuschauer in der emotionalen Diskrepanz, in wie weit man mit den einzelnen Familienmitgliedern noch mitfühlen sollte. Gerade beim Vater sinkt die Sympathie schnell, nur damit Kore-eda am Ende eine unglaublich berührende Sequenz folgen lassen kann, bei der die Sympathiegefühle wieder völlig umgekrempelt werden.
    Generell versteht es der Filmemacher ab der Mitte gekonnt mit den Gefühlen der Zuschauer zu spielen und fordert diese nach der leichtfüßigen ersten Hälfte immens.

    © 2018 Wild Bunch Germany


    Dank einer sensationellen Sakura Andô als Mutter, die fraglos eine der besten schauspielerischen Leistungen des Jahres präsentiert, bekommt die zweite Hälfte eine enorme emotionale Wucht. Wenn sie mit ihren Fehlern konfrontiert wird, zerreißt es einem förmlich das Herz. Jede emotionale Nuance lässt sie den Zuschauer spüren, wodurch man ihren Schmerz, ihre Verzweiflung und ihre Güte in jeder Sekunde mitfühlen kann.
    Aber auch ein Großteil der restlichen Besetzung bietet starke Leistungen. Ob es Kairi Jyo ist, der für sein junges Alter bewundernswert klar und vielschichtig spielt, oder die bereits oben erwähnte Mayu Matsuka, die als Älteste der Geschwister jedes Herz erwärmt bekommt. Einzig Lily Franky als Oberhaupt der Familie wirkt teilweise etwas deplatziert.

    Durch die relativ ereignislose erste Hälfte muss man allerdings auch eingestehen, dass sich diese etwas zieht. Der zurückhaltende und spärlich eingesetzte Soundtrack ist in diesen Momenten auch nicht hilfreich.
    Da daraufhin aber eine unglaubliche Achterbahn der Gefühle folgt, lassen sich die Schwächen durchaus verzeihen.

    Shoplifters ist ein warmherziges Profil einer widersprüchlichen Gesellschaft und ein liebevolles Porträt einer Wahlfamilie. Doch wird letztere auch mit all ihren Fehlern präsentiert, wodurch weder die eine Seite als nur schlecht, noch die andere als nur gut dargestellt wird. Regisseur und Drehbuchautor Hirokazu Kore-eda setzt sich eindrucksvoll mit den Problemen seiner Heimat auseinander, ohne diese dabei einseitig zu behandeln.

    © 2018 Wild Bunch Germany

    Fazit


    Eine etwas träge aber warmherzige erste Hälfte wird durch eine überaus emotionale zweite abgelöst. Feinfühlig und nicht zu aufdringlich erzählt Regisseur Hirokazu Kore-eda in Shoplifters von einer ungewöhnlichen Wahlfamilie, die in vielerlei Hinsicht ihr Herz am richtigen Fleck hat. Die Konflikte, vor die sie zum Ende hin gestellt wird, und ihr Umgang damit zerreißt einem förmlich das Herz.


    8/10

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    Infos
    Originaltitel:
    万引き家族 (Manbiki kazoku) / Shoplifters (englischer Titel)
    Land:
    Japan
    Jahr:
    2018
    Studio/Verleih:
    Wild Bunch Germany
    Regie:
    Hirokazu Kore-eda
    Produzent(en):
    Kaoru Matsuzaki, Akihiko Yose, Hijiri Taguchi
    Drehbuch:
    Hirokazu Kore-eda
    Kamera:
    Ryûto Kondô
    Musik:
    Haruomi Hosono
    Genre:
    Drama
    Darsteller:
    Sakura Andô, Kairi Jyo, Lily Franky, Mayu Matsuoka
    Inhalt:
    Im Zentrum von "Shoplifters - Familienbande" steht eine bunte Familie, die sich mit kleinen Betrügereien und Diebstählen über Wasser hält. In einer emotional distanzierten allerdings sozial korrekten Nation, versucht die warmherzige aber kriminelle Familie ihr Leben zu meistern. Als ein unvorhergesehner Zwischenfall gut gehütete Geheimnisse hervorbringt, wird sich zeigen, wie stark die Verbindung der Mitglieder untereinander ist.
    Start (DE):
    27.12.2018
    Laufzeit:
    121 Minuten
    FSK:
    ab 12 Jahren

    35.441 mal gelesen

Kommentare 2

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    Burning -

    Sehr schöne Kritik. Nach dem klasse Trailer, bin ich nun komplett überzeugt und werde mir den Film Mittwoch oder Donnerstag im Kino ansehen ^^