Midsommar

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  • Einleitung


    Letztes Jahr vereinte Regisseur Ari Aster in "Hereditary" erfolgreich die beiden Genres Drama und Horror miteinander und präsentierte ein beeindruckendes, wie auch ebenso bedrückendes Werk, das bis heute nichts an Glanz verloren hat. Nun, etwa ein Jahr später, hat Aster diese Vereinigung wiederholt und perfektioniert. Sein neuer Horrorfilm heißt Midsommar, spielt am helllichten Tag und lässt seine Zuschauer das Fürchten lehren wie seit sehr langer Zeit nicht mehr. Und das völlig ohne Jump Scares oder sonstige Horrorklischees, die schlicht dazu dienen, den Zuschauer auf einfachste, fast schon billige Art zu erschrecken.

    Obwohl ihre Beziehung kriselt, schließt sich Dani ihrem Freund Christian auf einen Sommertrip in einen kleinen Ort in Schweden an. Gemeinsam mit Christians Clique sind sie zu einem einmaligen Mittsommerfestival eingeladen. Doch der anfänglich idyllische Eindruck der abgelegenen Gemeinschaft trügt, die freundlichen Dorfbewohner verhalten sich nach und nach merkwürdiger: Sie bereiten sich auf ein besonderes Mittsommer-Ritual vor, das nur alle 90 Jahre zelebriert wird. Was als puritanisches Fest der Liebe und Glückseligkeit beginnt, nimmt bald eine unheimliche Wendung, die das sonnengeflutete Paradies bis in die Eingeweide erschüttert.



    Kritik


    Direkt von Beginn an, macht Midsommar klar, dass es sich hierbei nicht um einen herkömmlichen Horrorfilm handelt. Auch hier ist der Dramaanteil wieder hoch, wie schon zuvor bei "Hereditary". Und auch hier funktioniert dies wieder hervorragend, sogar noch besser. So nutzt der Film viel Zeit, um seine Figuren aufzubauen, ihre aktuellen Standpunkte und Gefühlslagen in die richtigen Positionen zu bringen und den Zuschauer langsam in die Welt von Midsommar einzuführen.

    Ist die gemeinsame Reise der Protagonisten und Zuschauer in die unbekannte Welt des Mittsommerfestivals erst einmal gestartet, gibt es kein Zurück mehr und die kontinuierlich immer drückendere Atmosphäre entfaltet langsam ihr komplettes Potential. Midsommar ist in Aufbau und Erzählung der Geschichte sehr langsam, nimmt sich für alles viel Zeit und dank Josh, gespielt von William Jackson Harper, kann man als Zuschauer indirekt auch die eine oder andere Frage zu diesen immer bizarrer werdenden Ereignissen an die Gastgeber stellen. Diese werden zwar nicht immer vollumfänglich beantwortet, sind aber für das zurechtfinden in dieser Welt gerade aussagekräftig genug. Für etwas Auflockerung sorgt Will Poulters Figur Mark, die immer an den richtigen Stellen eingesetzt wird und trotz anfänglicher Vermutungen niemals überstrapaziert wird.


    Die größte Stärke von Midsommar liegt jedoch eindeutig im Aufbau der Atmosphäre, und was der Zuschauer aus der Komposition aus Bildern, Musik und Darstellungen ziehen kann. Midsommar spielt, für einen Horrorfilm untypisch, die ganze Zeit über am helllichten Tag, man kann jederzeit alles sehen und erkennen, selbst in der hintersten Ecke eines Hauses. Und genau hier kommt die großartige Atmosphäre vollends zur Geltung. Trotz des ungewöhnlichen, sonnendurchfluteten Settings, wird der Rücken des Publikums durchgehend von Schauern überzogen, es steigt ein stetig größer werdendes Unwohlsein auf und am Ende möchte der Zuschauer, genau wie die Protagonisten, einfach nur noch weg von diesem seltsamen Ort, mit seinen noch viel seltsameren und abstoßenden Ritualen.

    Auch die eigentliche Freundlichkeit der Gastgeber macht einen großen Teil des Grauens aus. Man kann ihnen fast schon gar nicht böse sein, für das, was sie da zelebrieren. Auch wenn eben genau diese Gastfreundschaft auf der entgegengesetzten Seite einen großen Teil des Horrors ausmacht. Die Vermittlung dieses Horrors, ist eines der ganz großen Kunststücke Midsommars. Der Film verzichtet durchgehend auf gängige Horrorklischees, die in so vielen Filmen, insbesondere der letzten Jahre Einzug erhalten haben und fast schon nicht mehr wegzudenken sind, ja das Genre Horror für viele Zuschauer und Fans definieren. Eine hektische Kamera, Dunkelheit, Jump Scares, Hauptsache man erschreckt sich irgendwie. Und genau diese Atmosphäre, die in den meisten neueren Horrorfilmen fast ausschließlich durch das Warten auf den nächsten Schock aufgebaut wird, schafft Midsommar komplett ohne diese Dinge. Der Horror wird einzig und allein aus zwei Dingen erschaffen. Die bedrückende Atmosphäre, die von Minute zu Minute schlimmer wird, sowie das packende Schauspiel sämtlicher Beteiligter, allen voran Florence Pugh, die in ihrer Rolle richtig aufgeht. Ihre Angst und Verstörtheit ist spürbar, und am allerwichtigsten: nachvollziehbar. Alles was sie sieht, erlebt und fühlt, durchmacht die Kinogemeinschaft im Saal vor der großen Leinwand ebenfalls. Midsommar spielt gekonnt mit den Gefühlen und Emotionen des Publikums, und schafft ganz nebenbei noch Ängste vor völlig trivialen Dingen, die gerade auf der Leinwand geschehen.

    Inszenatorisch ist Midsommar erste Güteklasse, der Film ist wunderschön anzusehen, viele weitwinklige Aufnahmen mit eigentlichen Wohlfühlmotiven werden geboten. Dazu die Bildsprache, die dank der gelungenen Mischung aus ebenjenen Wohlfühlmotiven, sowie aus der düsteren Atmosphäre, sehr viel Interpretationsspielraum lässt. Generell erklärt Midsommar nur sehr wenig explizit. Das meiste wird angedeutet, das Publik dazu angeregt, seine eigenen Schlüsse zu ziehen und Dinge in den Geschehnissen zu sehen.



    Fazit


    Mit Midsommar hat der Ausnahmeregisseur Ari Aster ein erneutes Horrormeisterwerk auf die Leinwand gebracht, das wieder einmal allen anderen Genrevertretern zeigt, wie man solche Filme auch auf innovative und vor allem intelligente Art und Weise erschaffen kann. Midsommar ist ein Horrortrip, der seinesgleichen sucht und unbedingt mit dem Lösen einer Kinokarte honoriert werden sollte.


    9/10

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    Infos
    Originaltitel:
    Midsommar
    Land:
    USA
    Jahr:
    2019
    Studio/Verleih:
    Weltkino
    Regie:
    Ari Aster
    Produzent(en):
    Patrik Anersson, Lars Knudsen, Pelle Nilsson
    Drehbuch:
    Ari Aster
    Kamera:
    Pawel Pogorzelski
    Musik:
    The Haxan Cloak
    Genre:
    Horror, Drama
    Darsteller:
    Florence Pugh, Jack Reynor, Florence Pugh, Vilhelm Blomgren, William Jackson Harper
    Inhalt:
    Obwohl ihre Beziehung kriselt, schließt sich Dani ihrem Freund Christian auf einen Sommertrip in einen kleinen Ort in Schweden an. Gemeinsam mit Christians Clique sind sie zu einem einmaligen Mittsommerfestival eingeladen. Doch der anfänglich idyllische Eindruck der abgelegenen Gemeinschaft trügt, die freundlichen Dorfbewohner verhalten sich nach und nach merkwürdiger: Sie bereiten sich auf ein besonderes Mittsommer-Ritual vor, das nur alle 90 Jahre zelebriert wird. Was als puritanisches Fest der Liebe und Glückseligkeit beginnt, nimmt eine unheimliche Wendung, die das sonnengeflutete Paradies bis in die Eingeweide erschüttert.
    Start (DE):
    26. September 2019
    Start (USA):
    3. Juli 2019
    Laufzeit:
    147 Minuten
    FSK:
    noch nicht geprüft
    Links
    Webseite:
    https://www.weltkino.de/filme/midsommar
    Bilder
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