The Professor and the Madman

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  • Einleitung


    Fast zwei Jahrzehnte kämpfte Mel Gibson für die Verfilmung von Simon Winchesters Buch über die Entstehung des Oxford Dictionarys. Und dennoch konnte der Film nicht seinen Vorstellungen entsprechen, da Voltage Pictures, die verantwortliche Produktionsfirma, keine weiteren Budgetüberschreitungen gestattete und somit Gibson unter anderem für ihn wichtige Nachdrehs verweigerte. Gibson versuchte noch einmal über rechtlichem Wege Einfluss zu nehmen. Nachdem er dort scheiterte distanzierten sich er und Regisseur wie Drehbuchautor Farhad Safinia von The Professor and the Madman. Und dennoch ist bei all den Meinungsverschiedenheiten bei weitem kein schlechter Film herumgekommen.

    Im Zentrum von The Professor and the Madman steht der Kampf von zwei ungleichen Intellektuellen das umfangreichste bis dato dagewesene englische Wörterbuch zu erschaffen. Dabei stehen ihnen nicht nur formelle Dinge im Weg, sondern auch ihre persönlichen Geschichten.

    Die Schauspielgrößen Mel Gibson (Braveheart) und Sean Penn (Tree of Life) mimen dabei die titelgebenden Herren. Ergänzt wird die Besetzung noch von unter anderem Natalie Dormer (Die Tudors), Eddie Marsan (The World's End), Steve Coogan (Stan & Ollie) und Ioan Gruffudd (King Arthur). Die Regie übernahm, wie bereits erwähnt, Farhad Safinia, der mit dem Werk sein Spielfilmdebüt feierte. Als Drehbuchautor war er jedoch unter anderem an Gibsons beeindruckenden Apocalypto beteiligt.

    © 2019 KSM Film

    Kritik


    Nach einem etwas unausgegorenen Start findet The Professor and the Madman aber relativ zügig seinen Rhythmus. Spätestens wenn Mel Gibson und Sean Penn das erste Mal aufeinander treffen entfaltet sich eine starke Atmosphäre. Begleitet von gut geschriebenen Dialogen sind es gerade diese beiden hochkarätigen Schauspieler, die dem Werk seine größte Stärke verleihen. Auch wenn Penn klar die darstellerisch dankbarere Rolle verkörpert, passiert stets bei beiden unheimlich viel unter der Oberfläche. So verleihen die beiden den meist interessanten Dialogen noch einmal eine ganz andere Klasse. Aber auch der Nebencast sollte nicht unerwähnt bleiben. Auch wenn dort viele Rollen nicht allzu viel hergeben, so gelingt es einigen dennoch ihren Figuren Profil zu verleihen. Vor allem aber Natalie Dormer füllt immer wieder ihre Szenen mit einer emotionalen Wucht, was zwar auch der Geschichte ihrer Figur geschuldet ist, aber viel mehr ihren punktgenau treffenden Blicken.

    Darüber hinaus nimmt sich The Professor and the Madman allerdings oft zu viel vor. So wirkt das Werk trotz der zwei Stunden Laufzeit bei einigen Storyelementen zu gehetzt, wodurch vieles nicht ganz nachzuvollziehen ist. Vor allem der Beziehung zwischen Dormers Witwe und Penns Mörder kommt dadurch einiges an dramatischer Kraft abhanden. Aber auch die tiefe Freundschaft zwischen dem von Gibson verkörperten Murray und Penns Minor wird durch die zu zahlreich angehäuften Erzählstränge zur Behauptung. Ähnlich verhält es sich aber auch mit einer der Haupthandlungen - die Entstehung des Oxford Dictionarys. Neben den psychischen Schlachten, die Minor zu kämpfen hat, verkommt die Erschaffung des Wörterbuchs zu einer Nebensächlichkeit. Allerdings wird ihr dennoch zu viel Raum eingeräumt, um sie letztendlich als Nebenhandlung anzuerkennen.
    Dabei ist es den hervorragenden Darstellern zu verdanken, dass diese Schwachpunkte dem Film nicht den Boden unter den Füßen wegreißen. Sie halten durch ihre passionierten Darstellungen das Werk stetig am Leben.

    Aber auch visuell weiß The Professor and the Madman zu überzeugen. Immer wieder fangen Regisseur Farhad Safinia und sein Kameramann Kasper Tuxen (Valhalla) tolle Bilder ein, die die schönen Kulissen zu nutzen wissen. Begleitet von einem atmosphärischen Soundtrack von Bear McCreary (Godzilla II: King of the Monsters)) entsteht häufig eine einnehmende Stimmung. Einzig der Schnitt wirkt immer wieder zu hart und unausgeglichen, wodurch diese Stimmung regelmäßig durchbrochen wird.
    Freunde von geschliffenen Dialogen kommen erwartungsgemäß bei einem Film über das Oxford Dictionary auf ihre Kosten. Auch wenn hin und wieder einige Passagen deutlich zu dick aufgetragen sind, so machen zahlreiche Wortwechsel Spass und können auch immer wieder durch die Schönheit der Worte berühren.

    © 2019 KSM Film


    Dass Hauptdarsteller Mel Gibson als Regisseur eine enorme Klasse besitzt, ist nicht erst seit Braveheart bekannt. Da stellt sich die nahliegende Frage, was für ein Werk bei The Professor and the Madman herumgekommen wäre, wenn Gibson und Safinia ihre Visionen hätten umsetzen können. Denn viele der genannten Schwächen hätten durch passende erweiterte Szenen hervorragend ausbalanciert werden können. Das herausragende Potential dieses Werks schimmert nämlich im Minutentakt durch. So bleibt am Ende ein guter, sehenswerter Film, der aber durch aus mehr hätte sein können.

    Fazit


    The Professor and the Madman bietet eine starke Besetzung, der es auch regelmäßig gelingt, die dramaturgischen Schwächen zu kaschieren. Dennoch bleibt der fehlende Fokus bei der Handlung nicht gänzlich unbemerkt. Zu viele Handlungsstränge berauben sich ihrer potentiellen Kraft, da es kaum möglich ist, in der Zeit von zwei Stunden sich allen adäquat zu widmen. Und trotzdem bleibt am Ende dank gelungener Dialoge, schöner Bilder und eines stimmungsvollen Soundtracks ein sehenswertes Werk, das jedoch zu mehr berufen war.


    7/10

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    Infos
    Originaltitel:
    The Professor and the Madman
    Land:
    Irland
    Jahr:
    2019
    Studio/Verleih:
    Voltage Pictures / KSM Film
    Regie:
    Farhad Safinia
    Drehbuch:
    Farhad Safinia, Todd Komarnicki, John Boorman, Simon Winchester (Buch)
    Kamera:
    Kasper Tuxen
    Musik:
    Bear McCreary
    Genre:
    Drama
    Darsteller:
    Sean Penn, Mel Gibson, Natalie Dormer, Eddie Marsan, Ioan Gruffudd, Steve Coogan
    Start (DE):
    05.12.2019 (Heimkino)
    Start (USA):
    10.05.2019
    Laufzeit:
    125 Minuten
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Bilder
    • The-Professor-And-The-Madman-03.jpg

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