Übersicht
Einleitung
Ken Loach, der britische Regiemeister der sozialkritischen Filme ist zurück und hat mit The Old Oak gleich wieder ein ergreifendes Thema im Gepäck, welches aktueller nicht sein könnte. Vier Jahre nach seinem letzten Film "Sorry We Missed You", ist er nun wieder zur Stelle und hält der Gesellschaft einen Spiegel vor, wie es nur wenige Regisseure in steter Regelmäßigkeit tun.
Das The Old Oak ist ein besonderer Ort: letzte Bastion gegen den seit 30 Jahren fortschreitenden Verfall eines einst florierenden Grubendorfes im Nordosten Englands und Sammelpunkt der sich vom „System“ verraten fühlenden Gemeinschaft ehemaliger Mienenarbeiter. Wirt TJ Ballantyne (Dave Turner) kann den Pub gerade so am Laufen, sich selbst dabei aber kaum über Wasser halten. Nicht einfacher wird die Lage durch die kritisch beäugte Ankunft syrischer Flüchtlinge, die in den zahlreichen leerstehenden Häusern des Dorfes untergebracht werden. Trotz der vielen Anfeindungen entwickelt sich zwischen der jungen Syrerin Yara (Ebla Mari) und dem Kneipenbesitzer eine Art Freundschaft und gemeinsam versuchen sie, das The Old Oak als Treffpunkt für beide Gemeinschaften zu etablieren.
Kritik
Flüchtlinge. Seit Jahren ein Dauerthema in sämtlichen Medien, bei sämtlichen Parteien und leider auch in sämtlichen vorurteilbehafteten Stammtischgesprächen. So auch in The Old Oak, welcher das mit dem Stammtisch wortwörtlich nimmt und von einem alten Pub handelt, in dem sich die alteingesessenen verdrängt fühlen, bevor ihre neuen Nachbarn überhaupt so richtig in dem kleinen Örtchen angekommen sind, in dem es noch nie zuvor Ausländer gegeben hat. Die Stimmung ist direkt mies, nachdem der Bus mit den geflüchteten Syrern in dem Minidorf ankommt, in dem eigentlich jeder jeden kennt. Missgunst an jeder Ecke, es werden große Hunde vor lauter Angst angeschafft und Treffen geplant, um zu besprechen, was man dagegen unternehmen kann, sind natürlich selbstverständlich.
Und gerade diese unwohle Atmosphäre in dem Dorf kann Ken Loach ganz hervorragend einfangen. Die im Grunde nur von ein paar wenigen angezettelte Stimmung kann gefühlt an jeder Ecke gespürt werden. Der in jedem Ken Loach-Film vertretene Dave Turner mimt den offenen Pubwirt, welcher sich den neuen Bewohnern offen zeigt und ganz schnell merkt, dass auch dies nur Menschen wie jeder andere im Dorf sind, die nur in Frieden leben wollen, vorzugsweise wieder in ihrer eigentlichen Heimat und ganz sicher nichts Böses wollen.
Zuweilen mag The Old Oak wahrscheinlich etwas zu gewollt daherkommen, kann aber auch mit der einzig vorhandenen Holzhammerszene seine Motive an den Mann bzw. die Frau bringen. Die aktuelle Situation in gewissen Teilen unserer aller Gesellschaft bringt der Titel nichtsdestotrotz auf den Punkt und zeigt auf, dass mit ein wenig mehr Weltoffenheit und weniger Ablehnung gegenüber Ausländern, auch ein sehr harmonisches Miteinander stattfinden kann. So vermitteln etliche Szenen im titelgebenden Pub ein wohlig warmes Gefühl der Hoffnung, wenn man sich nur etwas mehr die Hand geben würde.
Fazit
Insgesamt behandelt The Old Oak ein brandaktuelles Thema, welches relevanter kaum sein könnte. Allerdings muss auch eingestanden werden, dass dieses wichtige und äußerst sehenswerte Werk hauptsächlich wohl nur von denjenigen gesehen wird, die eh bereits eine gesunde Lebenseinstellung haben und an der eigentlichen Zielgruppe, welche die Botschaft des Filmes unbedingt verinnerlichen sollte, wohl zu großen Teilen vorbeigehen wird. Das schmälert die hohe Qualität des Films jedoch in keiner Weise und sollte unbedingt gesehen werden.
8/10
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