Übersicht
Einleitung
The Crow avancierte in den 90ern zu einem Kulthit. Seitdem folgten drei Fortsetzungen, die qualitativ und kommerziell allerdings nicht im Ansatz an das Original heranreichten. Nach dem letzten Teil, der 2005 erschien, kamen immer wieder Meldungen über ein Reboot/Remake auf. Regisseur Stephen Norrington ("Blade") sollte ebenso wie F. Javier Gutiérrez ("Rings") eines leiten, welche aber nie zustande kamen. Dann wurde es mit Corin Hardy ("The Nun") als Regisseur mal endlich konkret, dessen Neuinterpretation mit "Aquaman"-Star Jason Momoa in der Hauptrolle sogar einen festgelegten Drehstart wie einen bereits angekündigten Veröffentlichungstermin hatte. Doch Unstimmigkeiten bezüglich der Finanzierung ließen auch diesen Anlauf scheitern.
2022 dann die Meldung, dass mit Bill Skarsgard, dessen bekannteste Rolle wohl die des Clowns Pennywise in den in letzten "Es"-Verfilmungen ist, als Hauptfigur Eric Draven verpflichtet wurde und Rupert Sanders ("Ghost in the Shell") die Regie von The Crow nach einem Drehbuch von Zach Baylin ("King Richard") verantwortet. Und dieser Anlauf hat dann tatsächlich zu einem fertigen Film geführt.
Auch die neuste Verfilmung von The Crow basiert auf dem gleichnamigen Indie-Comic von James O’Barr, der damit den Tod seiner Freundin versuchte zu verarbeiten. In dessen Zentrum steht die Figur Eric Draven, der gemeinsam mit seiner Freundin eines Nachts von einer Gang überfallen und getötet wird. Von einer Krähe wieder zum Leben erweckt, beginnt Draven an denen Rache zu nehmen, die für den Tod seiner selbst und den seiner großen Liebe verantwortlich sind.
Neben Skarsgard sind unter anderem noch Danny Huston ("Wonder Woman") und Sängerin FKA twigs zu sehen.
© 2024 Leonine
Kritik
Der ehemalige Werberegisseur Rupert Sanders zeigte bereits bei seinen bisherigen Spielfilmen "Snow White and the Huntsman" sowie der Realverfilmung von "Ghost in the Shell", dass er zwar visuell einige Schauwerte präsentieren kann, jedoch kein guter Geschichtenerzähler ist. Besonders fiel dies bei der Manga-/Animeverfilmung "Ghost in the Shell" auf, dem eine inhaltlich phänomenale Vorlage als Basis diente, die sogar den SciFi-Meilenstein "Matrix" spürbar beeinflusste. Doch Sanders gelang es einfach nicht, den Zuschauer dramaturgisch abzuholen und schon gar nicht zu fesseln. Lediglich von der Bildersprache, bei der er sich stark von der Anime-/Manga-Vorlage hat leiten lassen, ließen sich einige Zuschauer überzeugen. Bei seiner Neuinterpretation von The Crow fällt sein erzählerisches Manko nun deutlich stärker ins Gewicht, da er fast eine Stunde lang ein Charakterdrama aufbauen möchte, bevor er dann den Titelhelden Eric Draven von der Leine lässt. Doch hapert es bei diesem ersten Part an so vielen Ecken, dass man schon fast gar nicht weiß, wo man da anfangen soll. Anstatt die Beziehung zwischen Eric und seiner Liebe Shelley auf emotionaler Ebene zu etablieren, ziehen es die Verantwortlichen lieber vor, diese durch Drogenkonsum, Party und Sex zu festigen. Doch wird es dadurch nahezu gar nicht spürbar, warum genau diese beiden Figuren sich so sehr lieben. Dass Shelley die Liebe seines Lebens ist, für die Draven wortwörtlich durch die Hölle gehen würde, bleibt eine reine Behauptung – wie so vieles in diesem Film. Denn generell zieht es Sanders vor, verbale Erklärungen zu zeigen, anstatt durch die Bilder zu erzählen, was teilweise ungemein ermüdend ist. Ganz besonders, da die Dialoge häufig zum Fremdschämen sind.
Wenn dann auch noch zwei Schauspieler im Fokus stehen, die keinerlei Chemie haben, dann fehlen einem wirklich jegliche emotionalen Berührungspunkte zu der ach so intensiven Liebesgeschichte. Im Originalfilm wurde diese Beziehung in wenigen Minuten etabliert, was durchaus hätte etwas ausführlicher gestaltet werden können und dennoch war das Gefühl von Draven zu Shelley im Film aus den 90ern deutlich greifbarer und echter als im Remake, das sich dafür ein Vielfaches an Zeit einräumt. Ergänzend zu der völligen Abwesenheit einer Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern wird der Zugang durch die mangelnden schauspielerischen Fähigkeiten von Sängerin FKA twigs noch erheblich multipliziert, sodass Dravens Faszination für Shelley bis zum Ende ein ungeklärtes Rätsel bleibt.
Abseits von den beiden Protagonisten bekommt man neben dem ebenfalls fürchterlich geschriebenen sowie fast ebenso schwach von Sami Bouajila gespielten Erklärbär Kronos dazu noch seelen- und gesichtslose Bösewichte spendiert, die zu jedem Zeitpunkt völlig austauschbar sind. Der von Danny Huston verkörperte Oberschurke bekommt hier noch zusätzlich eine übernatürliche Macht zugeschrieben, die allerdings zu keinem Zeitpunkt erklärt wird. Durch die Belanglosigkeit der Gegenspieler fehlt es dem Showdown dann, trotz seiner teilweise ausufernden Brutalität, erheblich an Impact, sodass er nahezu gleichgültig an einem vorbeizieht.
Aber selbst über Eric Draven erfährt man in der Neuverfilmung von The Crow erschreckend wenig. Lieber nutzt man die Zeit, um ein Paar Hintergründe zu Shelley zu liefern, die einen aber aus den bereits benannten Gründen gänzlich kalt lassen. So gibt es in dem ganzen Film nicht eine einzige Figur, die dem Zuschauer auch nur einen Hauch an Interesse entlockt. Folglich ist die erste Hälfte des Films von quälender Langeweile geprägt, in der maximal die hirnrissigen, unfreiwillig komischen Dialogen einem hin und wieder ein Lachen entlocken. Das ist dann aber auch schon die größte emotionale Reaktion, die dieser Film fähig ist, hervorzurufen.
© 2024 Leonine
Dann aber kommt endlich die zweite Hälfte, in der Eric Draven aka The Crow schließlich auf Rachefeldzug geht. Und ja, hier schleichen sich dann tatsächlich hin und wieder ein paar nette Camerashots (allerdings gibt es deutlich mehr unfreiwillig albern wirkende) und auch ein zwei nette Einfälle bei den Actionszenen ein. Doch ansonsten bleibt der Film auch in dieser Phase absolut belanglos. Die Idee, die größte (und blutigste) Actionszene während einer Aufführung in einer Oper spielen zu lassen, war zwar eine nette, doch so richtig wusste Sanders nicht, die auch mitreißend zu inszenieren. Wie man es richtig macht (und das ohne den Blutgehalt) zeigt beispielsweise ein "Mission: Impossible – Rogue Nation", wo der Rhythmus, die Bildersprache, die Schnitte sich hervorragend das Setting zu Nutze machen. In The Crow wirkt das alles jedoch beliebig und wenig stimmig und dadurch auch wenig stimmungsvoll.
Regisseur Rupert Sanders weiß einmal mehr nicht wirklich etwas mit seiner Vorlage anzufangen, bedient sich inszenatorisch munter an anderen Vorbildern, ohne dabei das richtige Gespür für eigentlich irgendetwas zu haben – aber ganz besonders nicht für zwischenmenschliche Interaktionen – und kann rein gar nichts mit seinem eigenen Spin garnieren. Wo ein mit ähnlichen Wurzeln verankerter Filmemacher wie Michael Bay zumindest mit seiner Bildersprache immer wieder Highlights bietet, obwohl auch dieser sich stark bei Genremeistern bedient, die Dinge aber stets versucht auf ein neues bombastischeres Level zu heben und damit seine eigene Handschrift zu kreieren, wirkt Sanders in seiner Inszenierung stets unbeholfen und ideenlos. Und mit The Crow erreicht er dahingehend fraglos seinen Tiefpunkt.
© 2024 Leonine
Fazit
Es hatte sich bereits angebahnt und leider ist es auch genau so gekommen: Die Neuverfilmung von The Crow wirkt in allen Belangen unausgegoren und einfallslos. Inspirationslose, im schlimmsten Fall beschämende Schauspielleistungen gepaart mit unfreiwillig komischen Dialogen ziehen dem Film endgültig den Boden unter den Füßen weg, wenn es nicht die völlige Abwesenheit von Rupert Sanders Gespür für berührende zwischenmenschliche Beziehungen sowieso schon getan hat. Zwei absolut nicht miteinander harmonierende Hauptdarsteller setzten dem Ganzen dann noch die Krone auf. Hier passt einfach nichts. Lediglich eine Handvoll netter Bildeinstellungen kann man dem Film zusprechen.
2/10
2.955 mal gelesen
joerch -
Deckt sich mit dem was man hört und liest... Schade - aus der Sache hätte man echt was machen können...