Übersicht
Einleitung
Als die ersten Gerüchte die Runde machten, dass Gladiator 2 geplant sei, löste das bei vielen Fans bereits Kopfschütteln aus. Als es dann endlich losging und Originalregisseur Ridley Scott abermals die Inszenierung übernehmen sollte, wurde man dann doch neugierig. Denn irgendwas musste den Filmemacher, der für legendäre Werke wie "Alien", "Blade Runner" oder eben "Gladiator" verantwortlich war, schließlich an dem Drehbuch und der Materie reizen, dass er eine Fortsetzung dreht – und hoffentlich war es dann doch nicht nur die Höhe des Schecks. Inhaltlich hat man zumindest eine kohärente Idee gefunden, um an den Vorgänger anzuschließen.
Vor Jahren musste Lucius den Tod des geliebten Helden Maximus durch die Hand seines Onkels miterleben. Jetzt ist er gezwungen, selbst das Kolosseum zu betreten, nachdem seine Heimat von den tyrannischen Kaisern erobert wurde, die Rom nun mit eiserner Faust regieren. Die Zukunft des Reiches steht auf dem Spiel, und mit Wut im Herzen muss sich Lucius auf seine Vergangenheit besinnen, um die Stärke zu finden, den Ruhm Roms seinem Volk zurückzugeben.
Als Lucius ist dieses Mal Paul Mescal ("All of Us Strangers") zu sehen, seine Mutter wird abermals von Connie Nielsen ("Wonder Woman") dargestellt. Mit Derek Jacobi gibt es darüber hinaus einen weiteren Wiederkehrer auf der Besetzungsliste Ansonsten griff Regisseur Ridley Scott vornehmlich auf neue Figuren und neue Gesichter zurück, die unter anderem Pedro Pascal ("The Mandalorian"), Jospeh Quinn ("Stranger Things"), Peter Mensah ("300") und Denzel Washington ("American Gangster") umfassen.
© 2024 Paramount Pictures
Kritik
Unabhängig jeglicher inhaltlicher Aspekte hofft man bei Ridley Scott selbstverständlich auf große Schauwerte, wie er sie bereits zuhauf in Werken wie "Napoleon", "Königreich der Himmel" oder eben dem ersten "Gladiator" geboten hat. Doch lässt Gladiator II hier bereits in der Eröffnungsschlacht ein paar Wehmutstropfen fließen, wenn die reichlich eingesetzten und auch als diese erkennbaren Computereffekte den Look etwas künstlich erscheinen lassen. Darüber hinaus wirken etliche Schnitte unausgegoren, sodass keine richtige Dynamik oder gar Wucht entsteht. Aber auch der emotionale Dreh- und Angelpunkt um Hanno beziehungsweise Lucius und seiner Ehefrau wird nicht wirklich greifbar. Scott nimmt sich kaum Zeit, deren Beziehung emotional zu manifestieren und auch Hauptdarsteller Paul Mescal sowie seiner Leinwandpartnerin Yuval Gonen gelingt es nicht, dass man von der Tragik berührt wird. Somit bleibt Hannos Sehnsucht nach Rache nahezu komplett eine Behauptung.
Leider soll die erste Schlacht dann auch ein Spiegelbild für alle späteren Actionszenen werden. Zwar lassen sich die Verantwortlichen für die Kämpfe in den Arenen reichlich einfallen, um auch den Vorgänger nochmals zu toppen, doch obwohl von angriffslustigen Affen über ein Nashorn und einer Seeschlacht inklusive Haie ordentlich etwas aufgefahren wird, erreichen diese Szenen nur selten die Wucht ihres Vorgängers. Das liegt wahrlich nicht gänzlich an den teils in ihrer Qualität schwankenden digitalen Effekten, sondern auch viel daran, dass die Figuren kaum Profil erhalten. Fieberte man im ersten Teil selbst mit einigen Nebenfiguren mit, sodass deren Ableben einen emotional mitnahm, lassen einen die Wegbegleiter von Hanno einen vollkommen kalt. Aber auch Hannos aufsteigendes Ansehen unter den Gladiatoren bleibt kaum nachzuvollziehen. Warum er irgendwann sie anführt und sie alle gewillt sind, ihm zu folgen, bleibt stets unbeantwortet. Denn weder ein großer mitreißender Augenblick macht dies nachvollziehbar, noch strahlt Paul Mescal zu irgendeinem Zeitpunkt das nötige Charisma aus, das Menschen begeistert. Und der letztgenannte Punkt lässt sich leider auch auf den Zuschauer übertragen. Mescal erreicht zu keinem Zeitpunkt die soghafte Kraft und Faszination eines Russell Crowes, sodass auch große Ansprachen der Figur schon fast zum Augenrollen einladen. Dass ein Pedro Pascal in seiner größeren Nebenrolle interessanter ist, als der Protagonist, sagt da schon viel aus.
Generell bietet Gladiator II schauspielerisch keine großen Darbietungen. Vielmehr noch sind einige erschreckend schwach. Neben einem blassen Mescal enttäuscht hier besonders Connie Nielsen, die ihren Schmerz zu keinem Zeitpunkt glaubhaft transportiert. Das gelang ihr im ersten Teil noch deutlich besser. Aber auch das Herrscher-Duo um Joseph Quinn und Fred Hechinger wirkt dermaßen over the top, dass es schon zum Fremdschämen einlädt. Und bei Schauspielveteran Denzel Washington ist es stets eine Gratwanderung. Einige dürften an seiner schmierig überzogenen Darbietung ihren Spaß haben, für andere (so auch für den Autor dieser Zeilen) wirkt es deplatziert und viel zu häufig über das Ziel hinaus geschossen. War der erste Teil noch von fantastischen Schauspielleistungen übersät, ob Crowe, ein fieser Joaquin Phoenix, ein einnehmender Oliver Reed oder ein liebenswürdiger Djimon Hounsou, macht in Gladiator II eigentlich kein Schauspieler wirklich Spaß.
© 2024 Paramount Pictures
Das liegt allerdings ebenfalls an dem kreativlosen Drehbuch, dass den Film wie ein Aufguss des Erstlings erscheinen lässt. Mescals Lucius durchläuft im Grunde die gleiche Reise wie einst Crowes Maximus, darüber hinaus verkörpert Mescal gefühlt die gleiche Figur, ohne dabei auch nur ansatzweise die Klasse von Crowe zu erreichen. Und selbst das Konstrukt der restlichen Figuren erinnert an den ersten Teil. Da gibt es den netten loyalen Weggefährten im Hause der Gladiatoren (dieses Mal ist es ein Arzt), die wahnsinnigen Herrscher erinnern wie eine aufgespaltene Persönlichkeit von Phoenix' Cäsar und Washingtons Sklavenhalter weißt ebenfalls Parallelen zu Reeds Figur auf. Und Inhaltlich gibt es zu den Stationen von Hanno/Lucius auch noch einen politischen Plot, der ebenfalls altbekannt daherkommt. Irgendwie wird man bei Gladiator II einfach nicht das Gefühl los, fast schon ein Remake des Erstlings zu sehen - nur in schwächer. Das Gleiche lässt sich abschließend dann auch noch über den Score von Harry Gregson-Williams sagen.
Trotz der ganzen Kritik ist Gladiator II aber kein Totalausfall. Im Direktvergleich mit dem Vorgänger fühlt sich das zwar manchmal so an, losgelöst davon bietet der Film allerdings durchaus seine Schauwerte, ansehnliche Actionszenen, starke Kostüme wie eine fantastische Ausstattung und ein interessantes Setting. Er weiß einfach nur nicht so wirklich Akzente zu setzen, sodass er im Durchschnitt versinkt.
© 2024 Paramount Pictures
Fazit
Ein einfallsloses Drehbuch, ein uncharismatischer Hauptdarsteller, dessen Heldenreise den Zuschauer emotional kalt lässt und eine, besonders in den Actionszenen, oftmals erschreckend künstliche Optik schmälern das Sehvergnügen von Gladiator II merklich. Dennoch bietet das Werk von Ridley Scott einige epochale Schauwerte, wenn sie den Film dann auch nicht über den Durchschnitt hieven können.
5/10
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