City of Darkness

Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

  • Einleitung


    Die Kowloon Walled City war einst ein Fort und wuchs über die Jahrzehnte zu einem eigenen Stadtteil in Hongkong auf der Halbinsel Kowloon heran. Während Hongkong unter britischer Führung stand, vermeldeten die britische Kronkolonie sowie auch Nationalchina abwechselnd Ansprüche auf das Gebiet, worauf allerdings keine wirklichen Aktionen folgten. So entstand eine fast schon rechtsfreie Zone, die folglich zum Zufluchtsort für zahlreiche Ausgestoßene wurde. Nach der Besetzung Hongkongs durch die Japaner am Ende des zweiten Weltkrieges, fanden auch viele chinesische Flüchtlinge hier ein Zuhause. Erschwinglicher Wohnraum sowie der unklaren behördlichen Zuständigkeit sorgte so zu einem explosionsartigen Bevölkerungswachstums. Die Gebäude wuchsen ständig in die Höhe, sodass es irgendwann kaum noch zu erkennen war, wo ein Gebäude anfing und ein anderes aufhörte. Das Erscheinungsbild der Walled City war dadurch von extremer räumlicher Enge geprägt, sodass durch die teils vierzehnstöckingen Gebäude in weiten Teilen kaum noch Tageslicht drang. Die City of Darkness (Hak Ngam zi Sing) entstand. Zwar war die Walled City auch ein Brennpunkt für Kriminalität und stand unter der Herrschaft der Triaden, doch wuchs hier auch eine eigenständige Infrastruktur mit Handelsbetrieben, Restaurants und Schulen heran. Immer wieder wird von einem enorm ausgeprägten Zusammenhalt der Bewohner berichtet.
    1987 begann man schließlich die Stadt zu räumen, sodass sie zwischen 1993 und `94 letztendlich abgerissen wurde.
    Was wie eine Beschreibung einer dystopischen Zukunftsvision anmutet, bildete über Jahrzehnte für viele die Realität. Bei dem erschlagenden Erscheinungsbild der Stadt sowie der außergewöhnlichen Lebensumstände darin ist es ein wenig verwunderlich, dass sich bisher wenige Filme dieser annahmen. In Soi Cheangs ("Limbo") Buch- beziehungsweise Comicadaption von City of Darkness ist diese Stadt nun der zentrale Handlungsort, um ein Martial Arts-Fest zu entfachen.

    Hongkong in den 1980er Jahren. Der Bezirk Kowloon Walled City ist ein gesetzloses Niemandsland, das von den gefürchteten Triaden beherrscht wird. Der Ort zieht unzählige Ausgestoßene an und wächst innerhalb kürzester Zeit unkontrolliert in die Höhe, bis er schließlich die höchste Bevölkerungsdichte der Welt aufweist. Im Dickicht der labyrinthischen Straßen finden vier junge Außenseiter zusammen, die dem ewigen Ringen zweier Gangsterbanden um die Vorherrschaft in der „City of Darkness“ neuen Zündstoff geben.

    Als Darsteller werden unter anderem die noch relativ unbekannten Raymond Lam ("Die Legende der Weißen Schlange"), Chun-Him Lau ("Beyond the Dream"), Tony Tsz-Tung Wu ("Raging Fire"), German Cheung ("Kung Fu Killer") sowie gestandene Größen wie Sammo Hung ("Ip Man 2"), Philip Ng ("Birth oft he Dragon"), Ritchie Jen ("Under Control") sowie der seit Beginn mit dem Projekt in Verbindung gebrachte Louis Koo zu sehen sein.
    Als Produzent trat unter anderem Actionlegende Wilson Yip ("Ip Man") in Erscheinung.

    Soi Cheang inszenierte City of Darkness nach dem gleichnamige Roman von Yuyi beziehungsweise des chinesischen Comics des selben Namens von Andy Seto.

    © 2024 Plaion Pictures

    Kritik


    In der jüngeren Vergangenheit gab es immer wieder Martial Arts-Filme, die die Maßstäbe des Genres neu setzten. Ob der indonesische "The Raid" mit seinen brachial-blutigen Kampfeinlagen, oder "Ong-Bak" mit seine akrobatisch waghalsigen Szenen, die Muay-Thai erst so richtig populär machten oder "Ip Man", der stilsicher die chinesische Form des Wing Chun auf mitreißende Weise dem Publikum näherbrachte. Was nun "Limbo"-Regisseur Soi Cheang mit seinem Martial Arts-Fest City of Darkness macht, fühlt sich hingegen ganz anders an. Denn weder versucht man hier das Rad neu zu erfinden, noch fühlt es sich wie eine Hommage an vergangene Tage an, wie es beispielsweise Titel wie "The Paper Tigers" oder zuletzt "The Last Kumite" taten. City of Darkness fühlt sich vielmehr wie ein Film an, der glatt aus der Blütezeit des Hongkong-Actionkinos der 80er entrissen wurde. Lediglich Effekte und Bildqualität bewegen sich hier auf einem zeitgemäßen Niveau, wenn auch die digitalen Effekte hin und wieder nicht ganz auf den Punkt sind. Dennoch, alles andere atmet klassisches actionbepacktes Martial Arts-Kino der goldenen Hongkong-Ära.
    Das bedeutet im Klartext, dass hier der Style ganz klar über der physikalischen Logik steht. Ja, selbst Übernatürliches erhält irgendwann nahezu selbstverständlich Einzug in die Geschehnisse. Das alles kann man natürlich dem Werk auch ankreiden oder aber man lässt sich von dem stilisierten Rausch mitreißen und genießt einfach mal Action, die mit den Hollywood-Sehgewohnheiten bricht und vielmehr das alte Actionkino von Genregrößen wie John Woo, Tsui Hark, Chia-Liang Liu oder Ringo Lam aus ihren Anfangszeiten zelebriert. Denn Cheang fängt die Kämpfe hervorragend ein, weiß ganz genau wie die Kamera zu platzieren ist und bietet ebenso temporeiches, dynamisches wie erstklassig choreografierte Actionsequenzen. Dazu gesellt sich eine erstklassige Kulisse, die fast schon zum kleinen Star avanciert.

    Denn die Macher haben die Walled City dermaßen gut wieder aufleben lassen, dass man das Gefühl bekommt, dass an Originalschauplätzen gedreht wurde (was allerdings aus oben genannten Gründen nicht möglich war). Lediglich die Größe der Stadt lässt sich nicht wirklich greifen, da sie die Geschehnisse auf einige wenige Orte reduzieren. Dennoch kreiert Cheang ein ungemein gutes Bild der Zustände in den Gassen und engen Behausungen. Trotz der ärmlichen Verhältnisse, die dort vorherrschen, gelingt es dem Filmemacher und seinem Team, ein Gefühl von Zuhause zu übermitteln. So wird der Zusammenhalt unter den Bewohnern greifbar und weiß sogar zu berühren.

    © 2024 Plaion Pictures


    Dramaturgisch holpert der Film zwar streckenweise immer wieder etwas, doch ist es besonders die Freundschaft der Protagonisten, die das Herzstück des Werks bilden. Es bereitet ungemein viel Freude, die Figuren zu begleiten und ihre emotionalen Aufs und Abs mitzufühlen. Warum der Protagonist noch vor dem Showdown aber so sehr von den Bewohnern der Stadt angehimmelt und als großer Befreier angesehen wird, bleibt leider etwas fraglich, sodass man es einfach als gegeben hinnehmen muss. Aber auch an anderen Stellen werden inhaltlich manchmal etwas gewöhnungsbedürftige, weit hergeholte oder wenig überraschende Wege beschritten.

    Neben der hervorragenden Inszenierung, die sich nahezu keine Schnitzer leistet, haben aber auch die Darsteller einen großen Anteil an dem Spaßfaktor des Films. Besonders die noch frischen Gesichter um Hauptdarsteller Raymond Lam liefern hier einen richtig guten Job ab. Sie sind ebenso charismatisch wie sympathisch und die Schauspieler überzeugen in den Actionszenen mit einer dermaßen klaren Selbstverständlichkeit, dass sie sich hinter Actionstars wie Louis Koo und Sammo Hung nicht zu verstecken brauchen. Ja, man könnte hier fast schon von einer Staffelübergabe an die nächste Generation reden und diese hat sich das spätestens mit diesem Film auch redlich verdient. Aber auch Koo und Hung leisten ihren Beitrag. Gibt Martial Arts-Legende Sammo Hung in City of Darkness mal einen richtig schön schmierigen Mobboss, erweist sich gerade Koo als Idealbesetzung für die Rolle des Triaden-Chefs mit dem Herz am rechten Fleck. Ganz besonders das erste Aufeinandertreffen von Hauptdarsteller Lam und Koo gehört fraglos zu den Highlights des Films.

    City of Darkness erweist sich somit als gelungene Abwechslung im Kinoprogramm, das sich Actionfans auf keinen Fall entgehen lassen sollten. Für Liebhaber des klassischen Hongkong-Actionkinos ist der Kinobesuch sowieso ein Pflichttermin.

    © 2024 Plaion Pictures

    Fazit


    Dramaturgisch etwas unausgegoren bietet City of Darkness allerdings enorme Schauwerte sowie Actionszenen die man so schon sehr lange nicht mehr zu Gesicht bekommen hat. Doch das Herzstück des Films bildet die Freundschaft der Hauptfiguren sowie die beeindruckende Kulisse einer fast in Vergessenheit geratenen Stadt. Fans des klassischen Martial Arts-Kinos sollten sich den Film keineswegs entgehen lassen, denn gerade diese werden ihre helle Freude an dem Werk haben.


    7/10

    :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern2: :stern2: :stern2:
    Infos
    Originaltitel:
    九龙城寨之围城 / Twilight of the Warriors: Walled In (engl. Titel)
    Land:
    Hongkong, China
    Jahr:
    2024
    Studio/Verleih:
    Plaion Pictures
    Regie:
    Soi Cheang
    Drehbuch:
    Shum Kwan-sin, Chan Taili, Lai Chun, Au Kin-yee
    Kamera:
    Cheng Siu-keung
    Musik:
    Kenji Kawai
    Genre:
    Action, Martial Arts
    Darsteller:
    Raymond Lam, Louis Koo, Chun-Him Lau, Tony Tsz-Tung Wu, German Cheung, Sammo Hung, Philip Ng, Ritchie Jen
    Start (DE):
    28.11.2024
    Start (USA):
    09.08.2024
    Laufzeit:
    126 Minuten
    FSK:
    ab 16 Jahren
    Bilder
    • City-of-Darkness-04.jpg

      678,39 kB, 1.500×1.000, 134 mal angesehen

    87.202 mal gelesen