Der Graf von Monte Christo

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  • Einleitung


    Alexandre Dumas' je nach Ausgabe gut 1000 Seiten umfassendes Werk Der Graf von Monte Christo erfuhr bereits etliche Film- und Fernsehadaptionen. Neben Robert Vernays, der sich gleich zwei Mal mit jeweils einem Zweiteiler an dem Stoff versuchen durfte, Interpretationen dürfte die letzte, aus dem Jahr 2002 stammende, mit Hollywood-Beteiligung produzierte Version wohl die bekannteste Umsetzung sein. Nachdem sie zuletzt die französische Großproduktion und als Kino-Zweiteiler konzipierte Adaption von Dumas' "Die drei Musketiere" schrieben und mitproduzierten, durften Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière bei der Neuverfilmung von Der Graf von Monte Christo über das Drehbuch hinaus auch die Regie in die Hand nehmen.

    Marseille, 1815: Die großen Träume des jungen Edmont Dantès stehen kurz vor der Erfüllung: Er wird zum Schiffskapitän befördert und kann endlich Mercedes, die Liebe seines Lebens, heiraten. Doch Erfolg schürt Neid und Edmond wird von Rivalen als Mitglied einer pro-bonapartischen Verschwörung denunziert. Ohne Gerichtsverfahren wird er zur Haft im Inselgefängnis Château d'If verurteilt und eingekerkert. Erst nach vierzehn Jahren gelingt Dantès eine abenteuerliche Flucht, auf der er nicht nur seine Freiheit gewinnt, sondern auch in den Besitz des legendären Schatzes von Monte Christo gelangt. Nun soll ihm ein ungewöhnlicher Plan dazu verhelfen, seinen Durst nach Rache an den Verrätern zu stillen.

    In der Titelrolle tritt Pierre Niney ("Yves Saint Laurent") in Erscheinung. Neben ihm werden unter anderem noch Anamaria Vartolomei ("Das Ereignis"), Bastien Bouillon ("In der Nacht des 12."), Laurent Lafitte ("Kleine wahre Lügen) und Anaïs Demoustier ("November") zu sehen sein.

    © 2025 Capelight Pictures

    Kritik


    Alexandre Dumas‘ Vorlage von Der Graf von Monte Christo erschien erstmals zwischen 1844 und 1846 in einer Zeitschrift als Fortsetzungsgeschichte. Erst als diese unerwarteterweise zu großer Beliebtheit kam, wurde die Geschichte um den ursprünglichen Seemann Edmond Dantès auch als Roman veröffentlicht, der je nach Ausgabe deutlich über 1000 Seiten umfassen kann. Was danach kam ist Literaturgeschichte. Der Graf von Monte Christo ist ein Weltklassiker, der dementsprechend etliche Adaptionen erfuhr. 1908 gab es die erste Stummfilm-Umsetzung aus den USA, worauf nahezu in jedem Jahrzehnt mindestens ein weiterer Versuch, als Film oder Serie, aus verschiedenen Ländern kam, dieses epochale Werk filmisch zum Leben zu erwecken. Noch nie war jedoch die Pause zwischen zwei Adaptionen so groß wie zuletzt. Ganze 22 Jahre liegen zwischen der wohl bekanntesten Verfilmung aus dem Jahr 2002, die mit Hollywood-Beteiligung auch zu den aufwendigsten gehört, bis zur heutigen, die mal wieder komplett in französischer Hand war. Und besonders visuell sieht man es der Verfilmung vom Regie-Duo Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière in keiner Sekunde an, dass man hier auf kein Budget von weit über 100 Millionen US-Dollar zurückgreifen konnte. Viel mehr sogar stellt das Werk in seinem bildgewaltigen Auftreten sogar Großproduktionen wie beispielsweise zuletzt "Gladiator II" spielend in den Schatten. Dass die beiden Filmemacher zuvor solch epische Filme noch nie inszenierten, spürt man ebenfalls in keiner Sekunde. Mit einer berauschenden Selbstverständlichkeit werden hier fantastische Bilder eingefangen, die mit wunderschönen Großaufnahmen ihre sensationellen Kulissen wie Drehorten nahezu zelebrieren. Denn das muss an dieser Stelle ebenfalls hervorgehoben werden: Die Location-Scouts haben hier fast schon einschüchternd brillante Arbeit geleistet. An den beeindruckenden Anwesen, den überwältigenden Naturaufnahmen bis hin zur Pate stehenden Insel für Monte Christo kann man sich nicht satt sehen und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Dazu gesellt sich die erstklassige Leistung von Kameramann Nicolas Boldue, der unter anderem bereits unter Denis Villeneuve ("Enemy") sowie bei der letzten epischen Verfilmung von Dumas‘ "Die drei Musketiere" sein Können unter Beweis stellen durfte, die dem Ganzen eine ungemeine Dynamik zuspricht. Einfallsreiche Kameraeinstellung wie -fahrten gepaart mit einer hinreißenden Ausstattung sowie einer sensationellen Beleuchtung verleihen den Bildern eine außerordentliche Lebendigkeit, wodurch sich das Gesehene nur noch mehr ins Gedächtnis brennt. Dabei präsentieren die Verantwortlichen stets das richtige Gespür für die jeweiligen Augenblicke und legen auch den Mut an den Tag, ihre Bilder mal stehen zu lassen und für sich zu sprechen.
    Wenn sich dann noch der teils sanftmütige, teils treibende Score von Jérôme Rebotier um die Bilder schmiegt, schmilzt man förmlich dahin. Seine wundervollen Melodien erinnern in ihren besten Momenten an den herausragenden Score von Paolo Buonvino aus der Serie "Die Medici", womit er sich fraglos für weitere epische Werke empfiehlt. Und das, obwohl auch er, wie die beiden Regisseure, bisher keine Erfahrungen bei dieser Art von Projekten sammeln konnte.

    Aber nicht nur die technischen Aspekte wissen bei Der Graf von Monte Christo zu begeistern. Auch die Besetzung erweist sich als Glücksgriff, die durch die Bank zu überzeugen weiß. Besonders sticht dabei aber Hauptdarsteller Pierre Niney heraus, der den titelgebenden Grafen mit solch einem Charisma, solch einer Verletzlichkeit, solch einer Verzweiflung und solch einer brodelnden Wut verkörpert, dass er einen in dem einen Augenblick berührt, es in dem nächsten aber eiskalt den Rücken hinunterläuft. Wenn er dann Sätze wie „Von nun an bin ich es, der belohnt. Und ich bin es, der bestraft.“ von sich gibt, dann möchte man Dantès definitiv nicht gegenüberstehen. Und auch wenn seine Vorgehensweise teilweise moralisch fragwürdig ist, so gelingt es Niney mit seiner ebenso vielschichtigen wie mitreißenden Darstellung, dass man durchgehend auf seiner Seite ist und so sehr hofft, dass er am Ende die Erlösung findet, die er eigentlich so anstrebt, ohne es selbst manchmal zu wissen. Denn auch, wenn die Figur immer wieder von Gerechtigkeit spricht, ist es am doch Vergeltung der Dantès nachjagt. Aber so oder so, wünscht man der tief verletzten Figur, dass sie ihren Frieden findet.
    Doch neben Niney weiß noch jemand anders in dem starken Cast hervorzustechen: Anamaria Vatolomei. Als Ziehtochter von Dantès übt sie eine großen Zauber aus, dass man ihre Wirkung auf die Männerwelt nur allzu gut verstehen kann. Dazu gelingt es der Schauspielerin die vielschichtigen Emotionen ihrer Figur treffgenau zu übermitteln und wächst sogar im Verlauf zu einer Art Moralkompass heran, der die hin und wieder aufkommenden Zweifel des Zuschauers bei an der Vorgehensweise Dantès‘ bei der voranschreitenden Geschichte mehr und mehr kanalisiert.

    © 2025 Capelight Pictures


    Einzig bei der Dramaturgie kommt das Werk teilweise ein wenig ins Straucheln. Allerdings muss man auch eingestehen, dass die umfangreiche Vorlage mit ihren komplexen Beziehungen der Figuren alles andere als leicht zu adaptieren ist. Dabei musste man selbstverständlich an der ein oder anderen Stelle von dem Roman etwas abweichen, damit die Handlung filmisch kohärent umzusetzen ist. Jedoch wirken die beiden Regisseure, die ebenfalls das Drehbuch verfassten, hin und wieder mit der Geschichte etwas überfordert, sodass Der Graf von Monte Christo trotz seiner stolzen Laufzeit von knapp drei Stunden immer mal wieder etwas gehetzt wirkt. Manch eine Entwicklung kommt dann etwas sprunghaft daher. Den Darstellern gelingt es zwar diese Wackler etwas abzufangen, gänzlich kann es allerdings nicht gelingen.
    Gerade bei den moralischen Aspekten hätte man durchaus mehr in die Tiefe gehen können, um eine so einfache wie aufrüttelnde Frage, die Dantès bei der Offenbarung über die Lage des Schatzes der Kreuzritter gestellt bekommt, ob er damit Gutes tun wird, oder aber, ob er es zulassen wird, dass sein Herz sich mit Hass füllt, angemessen zu beantworten. Auch wenn die Wandlung von der einen Antwort zur anderen durchaus nachvollziehbar erzählt wird, so hätte man dennoch tiefer in die Materie eintauchen können, sodass der Film auf emotionaler Ebene noch mehr Wucht entfaltet. Ähnlich verhält es sich bei den Beziehungen von einigen Figuren zueinander.
    Auch wenn die Verfilmung von Der Graf von Monte Christo fraglos großartig geworden ist, drängt sich dennoch die Annahme auf, dass bei der Vorlage eine aufwendige Serie wahrscheinlich das bessere Medium wäre. Denn auch bei dem Film kommt immer wieder das Gefühl auf, dass man der Handlung, den Schauspielern und den überwältigenden Bildern gut und gerne noch weitere drei Stunden folgen könnte. Und dank der umfangreichen Vorlage gäbe es auch noch einiges zu erzählen, das die Verfilmung leider auslassen musste.

    Mit wenig Action, und wenn diese dann vorkommt, ist sie in diesem Fall angenehm unspektakulär, gelingt es Delaporte und de La Patellière eine über drei Stunden lange Geschichte mitreißend zu erzählen, deren Umsetzung an klassische Kostümfilme erinnert. Auch wenn die Neuverfilmung nicht so akkurat an der Vorlage klebt, wie es einst beispielsweise die Serien von 1966 oder 1974 taten, so dürfte die Interpretation von Delaporte und de La Patellière eine der am schönsten, wenn nicht sogar die am schönsten anzuschauende Adaption sein. Mit einer stark eingefangenen Schiffsuntergangsszene beginnend und einer wundervollen Schlusseinstellung setzten die beiden Regisseure eine passende Klammer, die dem Gesehenen nur allzu gerecht wird und dem Ganzen dann letztendlich einen unvergleichlichen Schlusspunkt spendiert.

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    Fazit


    Die Neuinterpretation des Literaturklassikers Der Graf von Monte Christo ist ein visuell überwältigendes Werk geworden, das dazu mit einer herausragenden Besetzung, bei der es dem Hauptdarsteller Pierre Niney sogar noch einmal gelingt, besonders herauszustechen, zu begeistern weiß. Technisch ohne jeden Makel verzeiht man die, trotz der fast drei Stunden Laufzeit, etwas überhetzt wirkende Dramaturgie nur allzu gerne. Auch wenn dadurch eine noch größere emotionale Wucht, als die, die das Werk bereits inne hat, etwas abhanden kommt.


    8/10

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    Infos
    Originaltitel:
    Le Comte de Monte Cristo
    Land:
    Frankreich, Belgien
    Jahr:
    2024
    Studio/Verleih:
    Paté / Capelight Pictures
    Regie:
    Alexandre de La Patellière, Matthieu Delaporte
    Drehbuch:
    Alexandre de La Patellière, Matthieu Delaporte, Alexandre Dumas (Roman)
    Kamera:
    Nicolas Bolduc
    Musik:
    Jérôme Rebotier
    Genre:
    Drama, Buchverfilmung, History
    Darsteller:
    Pierre Niney, Anamaria Vartolomei, Bastien Bouillon, Laurent Lafitte, Anaïs Demoustier sein.
    Start (DE):
    23.01.2025
    Start (USA):
    20.12.2024
    Laufzeit:
    178 Minuten
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Bilder
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