Übersicht
Einleitung
Während das MCU aufgebaut wurde, fehlten Marvel die Filmrechte an einer ihrer beliebtesten Figuren: Spider-Man. Denn diese hatte und hat immer noch Sony Pictures inne. Nach einigen Jahren konnten sich die beiden Studios jedoch einigen, sodass die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft auch ihren Einzug ins MCU feierte. Währenddessen werkelte Sony aber auch an einem eigenen Cinematic Universe, das Figuren aus der Welt von Spider-Man ins Zentrum rückte, ohne dabei aber die Spinne selbst zu involvieren. Im Fokus dafür standen bisher bekannte Gegenspieler von Spider-Man, die vorerst als Antihelden etabliert wurden. Mit Venom gelang dies bereits erfolgreich, Morbius hingegen konnte kommerziell wie qualitativ nicht überzeugen, Madame Web tat dies dem Vampir gleich. Mit Kraven the Hunter folgte der neuste (und vielleicht auch letzte) Versuch. Und dabei wagte man auch endlich den Schritt, eine etwas härtere Gangart einzuschlagen.
Der Film erzählt dabei die Geschichte, wie der Sohn eines Großwildjägers durch eine schicksalhafte Begegnung mit einem Löwen zu übermenschlichen Kräften gelangt und in dessen Folge Jagd auf Menschen macht, die in seinen Augen Unrechtes getan haben.
In der Titelrolle ist Aaron Taylor-Johnson ("Bullet Train") zu sehen. Als sein Vater tritt Russell Crowe ("Gladiator") in Erscheinung. Alessandro Nivola ("Face/off"), Ariana DeBose ("Love Hurts"), Fred Hechinger ("Gladiator II") und Christopher Abbott ("Poor Things") erweitern den Cast.
Die Regie verantwortete J.C. Chandor (Triple Frontier).

© 2024 Sony Pictures
Kritik
Durchaus vielversprechend klangen die Anzeichen für Kraven the Hunter. Mit Aaron Taylor-Johnson fand man einen durchaus charismatischen und fähigen Schauspieler für die Titelrolle, ergänzt wurde die Besetzung mit Charakterdarsteller Russell Crowe und als Regisseur konnte man mit J.C. Chandor einen routinierten Filmemacher gewinnen, der mit Titeln wie "All is Lost", "Margin Call" oder "A Most Violent Year" sein souveränes Handwerk bereits mehrfach unter Beweis stellte. Dann das Wagnis von Sony Pictures mal etwas blutige Wege zu gehen und das mit einer Figur, bei der sich genau solch eine Herangehensweise durchaus anbietet. Doch was dann schließlich als Endprodukt entstanden ist, kann man im besten Fall als gut gemeint bezeichnen. Denn beispielsweise gerade bei den Actionszenen fällt vermehrt auf, dass man sich viel Mühe gegeben hat, auch mit etlichen praktischen Effekten zu arbeiten und auch außerhalb von Studiokulissen zu drehen. Dass man das alles aber mit einer gerade einmal durchschnittlichen Schnittarbeit, aber ganz besonders mit schon beschämenden Computereffekten auf dramatische Art und Weise visuell dermaßen degradiert, sodass die durchaus bemühte Stuntarbeit nahezu gänzlich verunstaltet wird, ist bezeichnend für den ganzen Film. Denn auch aus der Storygrundlage wird nichts herausgeholt, die Darsteller bieten teils lächerliche Darbietungen und Spannung möchte so gar nicht aufkommen.
Bei der Dramaturgie und den Dialogen bewegt man sich durchgehend auf belanglosen Wegen, sodass man sich bei Beginn des Abspanns schon gar nicht mehr an irgendetwas Nennenswertes erinnern kann – eventuell lediglich an ein paar unfreiwillig komische Augenblicke. Letzteres trifft auch weitestgehend auf die Schauspieler zu. Hauptdarsteller Aaron Taylor-Johnson ist so sehr damit beschäftigt, seine, zugegebenermaßen beeindruckende, physische Fitness zur Schau zu stellen, dass dort kein Raum mehr war, auch irgendeine charakterliche Tiefe zu präsentieren. Sein Auftreten wirkt so nie wirklich natürlich und im schlimmsten Fall ungemein eingebildet. Ariana DeBose gelingt es über die komplette Laufzeit ihrer Figur auch nicht eine interessante Facette abzugewinnen, sodass ihre Auftritte schlicht und ergreifend absolut nichtssagend sind. Christopher Abbott wirkt hingegen komplett deplatziert und offenbart sich als phänomenale Fehlbesetzung. Doch die Krone setzt dem Ganzen Bösewicht Alessandro Nivola auf, dessen Szenen lediglich zum Fremdschämen einladen. Seine Performance ist durchweg dermaßen over the top, dass es nur nach am Nervenkostüm des Zuschauers nagt. Die Frage, wer dazu noch auf die hirnrissige Idee mit diesem lächerlichen Rucksack gekommen ist, den Nivola fast den ganzen Film mit sich herumtragen muss, ist schon das Spannendste an seinen Auftritten.
Einzig Schauspielveteran Russell Crowe weiß Spaß zu verbreiten. Mit viel Spielfreude wirft er sich hier in die Rolle des russischen Gangsters und beweist in etlichen Szenen, dass er sich in einer ganz anderen schauspielerischen Liga bewegt, wie seine Leinwandkollegen und -kolleginnen. Denn Crowe versteht es immer noch alleine mit seiner Mimik und seinen Augen die Spannung spürbar ansteigen zu lassen – auch wenn die Personen, mit denen er sich die Szene teilt, sich stets viel Mühe geben, diese Spannung wieder zu verschlucken. Dennoch sind die Sequenzen mit Crowe die wenigen, die zumindest für ein wenig Sehvergnügen sorgen.
Somit bleibt Kraven the Hunter leider in allen Belangen eine Enttäuschung. Selbst die sichtbar mit CGI-Blut angereicherten Actionszenen verbreiten wenig Qualität, sodass sogar eine der Hauptaspekte des Marketings nicht zu überzeugen weiß. Auch wenn Kraven the Hunter die Halbkatastrophe "Madame Web" nicht unterbietet, so spielen die beiden Filme zumindest in der gleichen Liga. Und es bleibt weiterhin traurig zu sehen, wie es Sony geschafft hat, mit den durchaus zugrundliegenden interessanten Figuren Morbius, Madame Web sowie Kraven jede einzelne mit Ach und Krach vor die Wand zu fahren.

© 2024 Sony Pictures
Fazit
Ein paar nette Kulissen, ein gut aufgelegter Russell Crowe und einige im Ansatz erkennbar bemühte Stunts bleiben die einzigen Qualitäten von Kraven the Hunter. Abseits davon bekommt man eine belanglose Geschichte, uninteressante Figuren, grauenhafte Computereffekte - inklusive CGI-Blut - sowie beschämende Schauspielleistungen geboten, was die Comicverfilmung als nächste großen Enttäuschung in Sonys Cinematic Universe festigt. Und damit eventuell das Schicksal dieses besiegelt hat.
3/10










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