Islands (Special)

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  • KURZINHALT

    Tom (Sam Riley) arbeitet als Tennistrainer in einem All-Inclusive-Hotel auf Fuerteventura. Was auf den ersten Blick wie der Traum vom endlosen Sommer wirkt, ist für den ehemaligen Profi längst monotone Routine geworden. Während die Touristen in einem nicht endenden Strom kommen und gehen, spielt er Woche für Woche hunderte Bälle übers Netz und füllt die Leere mit flüchtigen Affären und Alkohol.

    Doch dann taucht die geheimnisvolle Anne (Stacy Martin) im Hotel auf. Sie, ihr Mann Dave (Jack Farthing) und ihr siebenjähriger Sohn Anton (Dylan Torrell) entsprechen nicht dem Bild der üblichen Pauschaltouristen. Schnell kommt Tom der Familie näher: Er gibt Anton Tennisstunden und lädt sie zu einem Ausflug ein, um ihnen die raue Schönheit der Insel zu zeigen. Am nächsten Tag ist Dave spurlos verschwunden. Ebenso mysteriös wie Daves Verschwinden ist Annes Verhalten, das Tom vor Rätsel stellt. Ein Verdacht keimt in ihm auf…




    PRESSENOTIZ

    Jan-Ole Gerster („Oh Boy“, „Lara“) inszeniert mit ISLANDS einen vielschichtigen Thriller unter der gleißenden Sonne Fuerteventuras. Mittendrin der großartige Sam Riley („Control“, „Cranko“) als Tennislehrer Tom, der aus einem monotonen Alltag vermeintlicher Freiheit und Sorglosigkeit herausgerissen wird. An seiner Seite begeistern Stacy Martin („Nymphomaniac“, „Der Brutalist“) als geheimnisvolle Femme Fatale, die sich in Widersprüchen verstrickt und Jack Farthing („Riot Club“, „Rain Dogs“) als Ehemann, der Tom um seine Freiheit beneidet und mit seinem spurlosen Verschwinden die Geschehnisse in Gang setzt. In seinem dritten Kinofilm spielt Jan-Ole Gerster mit klassischen Anleihen des Film Noirs und erzählt von der Sehnsucht nach dem Leben des Anderen.

    Der vielschichtige Thriller ist vierfach für den Deutschen Filmpreis 2025 nominiert und geht am 9. Mai in den Kategorien „Bester Film“, „Beste männliche Hauptrolle“, „Beste Filmmusik“ und „Beste Tongestaltung“ ins Rennen um eine Lola. Nach „Oh Boy“ und „Lara“ ist ISLANDS der dritte Film von Jan-Ole Gerster, der in der Kategorie „Bester Film“ für eine Lola nominiert wurde. Das Drehbuch zu dem hypnotischen Thriller hat Jan-Ole Gerster gemeinsam mit Blaž Kutin und Lawrie Doran verfasst. Für die Bildgestaltung zeichnet Juan Sarmiento G. („Amparo“, nominiert für die Camera D’Or) verantwortlich, für das Szenenbild die preisgekrönte Cora Pratz („Ich bin dein Mensch“, „Der Staat gegen Fritz Bauer“). Das Kostümbild stammt von Christian Röhrs („Das Lehrerzimmer“), die Tonaufnahmen von Stefan Soltau („Babylon Berlin“) und der außergewöhnliche Score von Komponistin Dascha Dauenhauer, die für „Berlin Alexanderplatz“ mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde und für ISLANDS und „Kein Tier. So wild.“ dieses Jahr gleich zweifach nominiert ist.

    ISLANDS ist eine Produktion der augenschein Filmproduktion (Maximilian Leo, Jonas Katzenstein) in Koproduktion mit LEONINE Studios und Schiwago Film. Der Film wurde gefördert durch die Film- und Medienstiftung NRW, Filmförderungsanstalt (FFA), Medienboard Berlin-Brandenburg, Deutscher Filmförderfonds (DFFF) und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM).

    ISLANDS feierte Weltpremiere in der Sektion „Berlinale Special Gala“ der 75. Internationalen Filmfestspiele Berlin.




    INTERVIEW MIT JAN-OLE GERSTER



    Was war der ursprüngliche Impuls zur Idee von ISLANDS?

    Natürlich fing alles mit einer Reise nach Fuerteventura an. Ich bin der Einladung eines Freundes gefolgt, der dort damals gerne die Winter verbracht hat. Ich kann nicht behaupten, dass es Liebe auf den ersten Blick war, aber ich war sofort fasziniert von der Einzigartigkeit der rauen Vulkanlandschaften im Kontrast zu der in die Jahre gekommenen Urlaubsarchitektur - eine aus filmischer Sicht sehr reizvolle Mischung, die sofort den Wunsch nach einem Dreh auf dieser Insel in mir aktiviert hat. Ich wohnte damals in einer Ferienanlage, ähnlich der im Film. Von meinem Balkon aus hatte ich Sicht auf einen verwitterten Tennisplatz. Der grüne Belag war von der Sonne ausgeblichen, das Netz hing durch, der Zaun war verrostet und wirkte wie ein Käfig. Tag ein, Tag aus stand dort ein braungebrannter Tenniscoach in der prallen Sonne und trainierte die Urlauber, die bei ihm Trainerstunden gebucht hatten. Unzählige Bälle spielte er von früh bis spät übers Netz und gab dabei die immer selben Anweisungen – „sehr gut… Ball angucken… ausholen… Sidestep“ usw. Das Ganze hatte was von einer Soundinstallation, die von der Monotonie seines Lebens erzählte. Möglicherweise ist aber auch zu dem Zeitpunkt schon meine Fantasie mit mir durchgegangen und ich habe meine Beobachtungen stark zu Gunsten einer guten Story interpretiert. Fest stand jedoch, dass ich einen Film auf Fuerteventura drehen und dass ein in die Jahre gekommener Tenniscoach, meine Hauptfigur sein würde. Jemand, dem der endlose Sommer zum Verhängnis geworden war und für den sich eine letzte Chance auftut, seinem Leben endlich Bedeutung und Sinn zu verleihen.

    Wie ging es dann weiter mit der Geschichte?

    In den darauffolgenden Jahren war ich noch zweimal auf der Insel und jedes Mal sammelte ich neue Eindrücke und Ideen, schrieb kleine Szenen und Passagen auf, nahm Tennisstunden und skizzierte eine grobe Handlung. Kurz vor den Dreharbeiten zu meinem letzten Film „Lara“ erzählte ich dann dem Drehbuchautor Blaž Kutin von meinem Vorhaben. Glücklicherweise sprang er auf die Idee an. Es dauerte dann allerdings bis Frühjahr 2020, nachdem die Herausbringung von „Lara“ abgeschlossen war und wir uns wieder der Geschichte zuwandten. Es war das perfekte Projekt, um zumindest gedanklich der Lockdown-Tristesse zu entfliehen. Das passte gut, denn Eskapismus und Realitätsflucht sind ja ohnehin die Leitmotive des Films. Zum einen, weil er von einer Aussteigerfigur erzählt - jemanden der dort lebt, wo andere Urlaub machen, der sich einem eher konventionellen Lebensweg verweigert hat und dem nun klar wird, dass mit dem Leben im Paradies auch eine Kehrseite einhergeht. Zum andern, weil ich das Prinzip Urlaub auch als etwas wie einen geplanten Eskapismus auffasse - eine kurzzeitige Flucht aus dem Alltag hinein in ein vermeintlich besseres Leben. Sonne, Strand, Müßiggang - all Inclusive. Die erste Fassung des Drehbuchs hatte noch den Arbeitstitel „The Tourist“. Hätte es nicht bereits schon einige Filme und Serien mit diesem Titel gegeben, hätte ich den Film wahrscheinlich so genannt. Nicht nur, weil er zu Tom, der Hauptfigur passt, sondern auch zu allen anderen Figuren. Es scheint, als würde im Laufe der Handlung jede Figur für einen kurzen Zeitraum ihr gewohntes Leben verlassen, um unterdrückten Bedürfnissen und Sehnsüchten nachzugeben. Die ständig rumorenden, aber nie ausbrechenden Vulkane der Insel boten dafür eine dankbare Metapher. „Do they ever errupt“, fragt Dave. „You never know“ antwortet Tom und blickt über den Rückspiegel zu Anne. Tom, der ein Leben ohne feste Beziehungen führt, erfährt, was es bedeutet, für eine Familie Verantwortung zu übernehmen und väterliche Gefühle zu entwickeln. Wo hingegen Dave, der Vater der Familie, sich wünscht, noch einmal so frei und selbstbestimmt wie Tom sein zu können. Beide Männer repräsentieren an der Oberfläche männliche Rollenbilder – Tom, der freiheitliche Sunnyboy und Dave, der sorgende Familienvater. Beide Männer scheinen jedoch zunehmend Schwierigkeiten mit dem Erfüllen dieser Rollenbilder zu haben. Sie wirken matt, ungeschickt und überfordert. Selbst der Kommissar vom Festland, wirkt zuweilen grotesk in seiner Überzeugung, endlich einen großen Fall abbekommen zu haben. Am Ende ist alles beim Alten – der Urlaub ist vorüber und jeder geht zurück in sein gewohntes Leben. Doch sie alle eint der verzweifelte Versuch Anne zu enträtseln.

    Kannst du bei der Enträtselung helfen?

    Anne ist ein Enigma und sicherlich die komplexeste Figur im Film. Um sie zu beschreiben, muss ich jedoch noch mal zum Ursprung der Drehbuchentwicklung zurück. Anfänglich dachten wir, wir hätten es mit einem Drama zu tun, aber nach und nach stellte sich heraus, dass die Geschichte zudem durchaus interessante Elemente eines Film Noirs enthält. Es gab die heruntergekommene Hauptfigur, ein Anti-Helden, der Teil einer undurchsichtigen Familienangelegenheit wird, den verschwundenen Ehemann, den unerbittlichen Ermittler und eben auch eine weibliche Hauptfigur, die stark an den Typus der Femme Fatal erinnerte – Frauen, denen man alles zutraut, getrieben von krimineller Energie, undurchdringbar, manipulativ. Ich denke, dass der Typus der klassischen Femme Fatal jedoch ausschließlich eine männliche Sichtweise repräsentiert, und somit vom Unvermögen erzählt, weibliche Bedürfnisse, Verhaltensweisen und Emotionen verstehen und durchdringen zu können. Daher hatte ich immer etwas Schwierigkeiten damit, die Figur als Femme Fatal zu labeln. Natürlich umweht Anne ganz bewusst eine geheimnisvolle Aura – allerdings nicht, weil sie eine kriminelle Agenda verfolgt, sondern weil sie eine verzweifelte Figur ist. Gefangen in einer problematischen Ehe, dem Verantwortungsgefühl einer Mutter und dem Schmerz eines gescheiterten Lebenstraums (Schauspielkarriere) unterdrückt sie ihre eigenen Bedürfnisse und ist somit ähnlich einsam wie Tom. Während sich die Männer der Geschichte entweder betrinken, hemmungslos ihrer Larmoyanz hingeben oder ihr gar einen Mord zutrauen, bewahrt Anne ihre Fassade aufrecht. Im Laufe der Handlung gibt es jedoch mehr und mehr Hinweise dafür, dass die Begegnung mit Tom alles andere als zufällig ist und Anne möglicherweise seit vielen Jahren ein Geheimnis bewahrt.

    Tom setzt nach und nach ein Mosaik zusammen, aber genau wie Anne, vermag er es nicht sich zu offenbaren – die Wahrheit wäre irreversibel. Ähnlich einer Inselgruppe existieren alle Figuren zwar nebeneinander, sind aber nicht wirklich wahrhaftig miteinander verbunden - sie gehören zusammen und doch bleibt jeder für sich allein. Unter diesem Gesichtspunkt ist ISLANDS womöglich doch der bessere Titel als „The Tourist“.


    Siehst Du in ISLANDS Parallelen zu den vorherigen Filmen?

    Mich haben schon immer Charaktere fasziniert, die ein gewisses Gefühl von Einsamkeit und Verlorenheit in sich tragen. Oft sind es passive, fast destruktive Figuren, die unterbewusst eine große Sehnsucht nach Nähe, Veränderung und Zugehörigkeit verspüren, aber der Welt, die sie umgibt, immer ein bisschen fremd bleiben. Ich denke, alle Hauptfiguren meiner drei Filme sind sich in diesem Punkt ähnlich. Darüber hinaus beschäftigt mich die Frage nach dem „richtigen“ Leben und dem Umgang mit den Entscheidungen, die wir für uns getroffen haben oder eben nicht getroffen haben. Jede Entscheidung für einen gewissen Lebensweg ist natürlich in gewisser Weise auch eine Entscheidung gegen einen anderen. Ich verbringe leider viel zu viel Zeit damit, mir vorzustellen, wie mein Leben noch hätte verlaufen können. Ich glaube, dass alles schlussendlich mit der Angst vor dem Sterben zu tun hat, denn vermutlich ist das Einzige, was wir dem Tod entgegensetzen können, ein (sinn-) erfülltes, glückliches Leben mit allen Höhen und Tiefen. Die Geschichten meiner Figuren handeln von Stagnationen, Irrwegen und Sackgassen. Niko aus „Oh Boy“ hat Schwierigkeiten sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, Lara erkennt an ihrem sechzigsten Geburtstag, dass sie in jungen Jahren eine fatale Fehlentscheidung getroffen hat und Tom aus ISLANDS ist gefangen in einem sich immer wiederholendem Alltag aus Tennis, Alkohol und flüchtigen Affären. Es scheint, als würde er sich durch diesen Lebensstil immer weiter von sich und seinen eigentlichen Bedürfnissen entfernen. Anstatt meine Figuren zu läutern, reicht es mir jedoch, sie auf dem Prozess der Selbsterkenntnis zu begleiten und offen zu lassen, was sie mit dieser Erkenntnis tun. Natürlich immer in der Hoffnung, dass diese Frage im Publikum Resonanz findet und zur Reflektion über das eigene Leben anregt.

    Wie hast du dein Ensemble gefunden?

    Sam Riley schwirrte schon seit Langem in meinem Kopf herum. Wie die meisten, die damals „Control“ gesehen haben, war ich absolut hingerissen und begeistert von ihm. Sam hat diese extrem männlichen Features, wie seine markante Stimme und den immer noch jugendlich anmutenden Körper. Er hat aber auch diesen unfassbar sanften Blick und dieses gewinnende Lächeln, dem immer eine kleine Unsicherheit innewohnt. Das alles waren Merkmale, die ich auch in meiner Hauptfigur Tom gesehen habe. Und da Sam ja nun schon seit vielen Jahren in Berlin wohnt und ich ihn ohnehin immer schon mal kennenlernen wollte, war der Moment endlich gekommen. Wir haben uns getroffen, haben uns lange unterhalten und danach war klar, dass er die Rolle spielen würde. Ich habe mich vor, nach und während des ganzen Drehs über diese Entscheidung gefreut. Sam für eine Hauptrolle zu besetzen, bedeutet, sich als Regisseur selbst ein großes, wunderschönes Geschenk zu machen. Er bringt nicht nur wertvolle Lebenserfahrungen und Menschenkenntnisse mit, sondern hat auch einen unglaublichen Instinkt, ein unfassbares Timing und Kameragespür. Wir haben viele Szenen in einer Einstellung gedreht und das ging nur, weil Sams Performance, aber auch die der anderen so unglaublich präzise war. Er hat nicht umsonst den Spitznamen One-Take-Riley. Tatsächlich haben wir selten mehr als zwei Takes gedreht. Darüber hinaus habe ich selten jemanden erlebt, der mit so viel Optimismus, Positivität und Tatendrang ans Set kommt. Oft haben wir im laufenden Hotelbetrieb gedreht, was natürlich nicht immer angenehm für die Hotelgäste war. Aber Sam hat mit seinem entwaffnenden Charme und seinem einzigartigen Witz stets dafür gesorgt, dass die Stimmung unter den Urlaubern, aber auch im Team gut blieb. Er ist ein großartiger Künstler mit viel Herz, Witz und einem wachen Geist.

    Stacy Martin habe ich erstmals bei Lars von Trier und in den Filmen von Brady Corbet wahrgenommen und in fast allen Rollen, die sie gespielt hat, habe ich Elemente entdeckt, die ich für Anne interessant fand. Stacy ist eine Meisterin, wenn es darum geht, durch das Verstecken und Verschleiern von Emotionen, das wahre Innenleben einer Figur aufblitzen zu lassen und so zur Projektionsfläche für das Publikum zu werden – das ist die große Kunst des Kinoschauspiels, die sie wie nur wenige Schauspielerinnen ihrer Generation beherrscht. Mit ihrer Darstellung der Anne ist ihr eine verrätselte, vielschichtige und oft auf wahrhaftige Weise widersprüchliche Figur gelungen. Mit sicherem Gespür agiert sie stets gegen das Naheliegende und erkundet so immer neue Facetten ihrer Figur. Es war ein großes Glück, dass ich sie für die Rolle gewinnen konnte und ein noch größeres Privileg ihr bei der Arbeit zusehen zu dürfen. Dank ihr habe ich viel über Anne gelernt und erfahren.

    Jack Farthing habe ich vor einigen Jahren eher zufällig entdeckt. Innerhalb weniger Tage sah ich ihn in „Spencer“ (Pablo Larrain) und kurz darauf in „The Lost Daughter“ (Maggie Gyllenhaal). Begeistert habe ich mir daraufhin andere Filme und Serien mit ihm angesehen und war fortan sein größter Fan. Viele seiner Charaktere tänzeln auf der Grenze zwischen Licht und Dunkelheit – genau wie die Figur Dave, die er in ISLANDS verkörpert. Überfordert, frustriert und latent fahrig hadert er mit seiner Rolle als Familienvater und buhlt vergeblich um die Gunst seiner Frau, die ihm stets zu verstehen gibt, was sie von ihm hält. Im ewigen Ringen mit den eigenen Dämonen verkörpert Jack dieses verzweifelte Man Child mit so viel Empathie und Tragik, dass es manchmal schmerzhaft für mich war, ihm beim Spielen zuzusehen. Wenn Dave und Tom nachts in den Club gehen und Dave zum ersten Mal seit Jahren zur Flasche greift, umweht ihn inmitten der feiernden Menge eine herzzerreißende Einsamkeit. Doch nur wenige Augenblicke später, entlockt er einem hemmungslosen Lachen, weil er wie kaum ein anderer vermag, die Komplexität menschlicher Gefühle von einem Moment zum anderen sichtbar zu machen. Jack ist ein Genie und wenn er vor die Kamera tritt, muss man darauf gefasst sein, innerhalb weniger Augenblick durch ein regelrechtes Wechselbad der Gefühle gespült zu werden.



    ISLANDS ist ein visuell sehr starker Film. Mitunter fühlt man sich an Werke von Antonioni und Wenders erinnert. Auch französische Filmemacher wie Jacques Deray und René Clement kommen einem in den Sinn. Sind das gewollte Reminiszenzen und wie habt ihr zu eurem visuellen Konzept gefunden?

    Als Cineast bin ich natürlich auch ein Resonanzkörper, all der Filme, die mich über all die Jahre beeindruckt und nachhaltig geprägt haben. Szenen, Bilder, Stimmungen – man absorbiert und trägt das ja alles wie einen kostbaren Schatz in sich. Es ist zwar nie mein erklärtes Ziel, bewusst meine Prägungen deutlich zu machen und trotzdem habe ich nichts dagegen, wenn diese sichtbar werden. Es stimmt schon, meine Hauptfigur heißt Tom, wegen der Hauptfigur aus den Patricia Highsmith Romanen, auch das Motiv der verschwundenen Frau in L’avventura hat mich immer fasziniert. Es gab einen Moment in der Vorbereitung des Films, in der Sam zum ersten Mal in sein Spielfahrzeug, den rostigen Mitsubishi Jeep, eingestiegen ist. Er setzte seine Sonnenbrille und sein bestes Jack-Nicholson-Lächeln auf und sagte: Beruf Reporter. Ich hätte diese Assoziation nie gehabt, habe mich darüber aber natürlich gefreut. In gewisser Weise nimmt auch die Figur Tom für einen kurzen Zeitraum eine neue Identität an – wie Ripley. Aber all diese Referenzen und Andeutungen sind schlussendlich auch ein stückweit Film-Nerd-Spielerein.

    Was das visuelle Konzept des Films angeht, so hat die Insel bereits viel vorgegeben. Fuerteventura hat eine ganz eigene Ästhetik und Farbpalette. Die ockerfarbenen Vulkanlandschaften, die leuchtend gelben Strände und der tiefblaue Himmel. Viele Farben sind von der Sonne ausgeblichen, zudem nagt der permanente Wind und die salzige Luft an den Materialien. Auch das Licht ist ein sehr besonderes. Da ich die Insel bereits gut kannte, habe ich fast ausschließlich Drehorte beschrieben, von denen ich wusste, dass sie existieren. Allen voran dieses unglaubliche Hotel, was sich inmitten der endlosen Sanddüne wie ein Fata Morgana erhebt. Ich habe Sam dieses Hotel immer als das Alcatraz der Wüste beschrieben - einem Ort, dem Tom nicht entfliehen kann - no escape for the escapist! Gleich die ersten beiden Einstellungen des Films erzählen davon.

    Was die Bildgestaltung angeht, so stand für mich schon beim Schreiben des Drehbuchs fest, dass der Einsatz von Zoom ein zentrales Stilmittel werden sollte, da sich dadurch bei laufender Kamera die perspektivischen Verhältnisse ändern und verschieben - ein Effekt, der sehr gut zur Wahrnehmung und dem inneren Prozess der Hauptfigur passte.

    Mit dem Kameramann Juan Sarmiento hatte ich einen absoluten Cineasten und Bildkünstler an meiner Seite. Juan denkt, lebt und atmet Kino und wir hatten von Beginn an eine sehr ähnliche Vision von den Bildern und der Stimmung des Films. Juan hat ein unglaubliches Gespür für die Essenz einer jeden Szene und lässt nicht locker, bis er sie eingefangen hat. Scheinbar mühelos komponiert er seine Bilder aus Bewegung, Licht und einem genauen Blick für das Spiel der Schauspieler. Darüber hinaus bringt er Tag für Tag eine unglaubliche Energie und Gestaltungsfreude mit ans Set, mit der er maßgeblich zum Gelingen des Films beigetragen hat.



    Sam Riley über eine TRAUMRolle, TENNISTRAINING UND DEN DREH AUF FUERTEVENTURA


    Wie sind Sie mit Jan-Ole Gerster zusammengekommen – kannten Sie sich aus Berlin?

    Nein, gar nicht. Ich kannte und mochte seine Filme, aber hätte eigentlich nicht gedacht, dass ich für eine seiner Arbeiten in Frage käme – bislang hatte er ja ausschließlich auf Deutsch gedreht. Aber mein Agent hatte sich mit ihm getroffen und war auf diese Weise sehr früh an das Drehbuch gekommen. Also konnte ich es lesen, bevor es auf den Tischen von Robert Pattinson und Michael Fassbender landen konnte. Und weil ich wie er in Berlin lebe, war es dann gar nicht so schwer, dass wir uns gleich treffen konnten. Ich wollte diese Rolle unbedingt spielen. Beim Lesen musste ich immer denken, dass das genau die Art von Film ist, in der ich gerne dabei wäre, eine Art von Film, die es eigentlich gar nicht mehr gibt. Von so etwas hatte ich geträumt!

    Was dachten Sie?

    Ich habe damals einen Traumstart gehabt mit „Control“ – toller Stoff, toller Film, toller Regisseur. Da hat alles gepasst. Es hat sehr lange gedauert, bis wieder eine Rolle in die Nähe meines Orbits gekommen ist, die dieser ersten Erfahrung nahekommt. Ich hatte immer wieder interessante Parts in tollen Filmen, aber als ich das Drehbuch von ISLANDS las, habe ich fast geweint vor Freude: Tom ist eine Rolle, von der ich in all den Jahren immer geträumt habe, eine richtig wunderbare Hauptrolle. Das entspricht meinem Ethos: Ich liebe es, bei einem Dreh gefordert zu werden und jede einzelne Sekunde anwesend zu sein, mitzuerleben, wie alles entsteht – und natürlich entscheidenden Anteil daran haben zu dürfen. Das liebe ich. Deshalb wollte ich Schauspieler werden.

    Was sprach Sie denn an?

    Alles. Einfach alles. Beim Lesen hatte ich sofort Kinobilder im Kopf, große Kinobilder, ein bisschen wie bei Antonioni, ein bisschen wie bei Hitchcock… Ich musste an die großen Highsmith-Verfilmungen denken wie „Nur die Sonne war Zeuge“. Und dann diese Rolle! Ich wusste sofort, wie ich das spielen würde, wusste, was ich damit machen könnte. Okay, ich bin kein Tennisspieler – da war klar, dass ich Hausaufgaben vor mir hatte. Aber alles andere empfand ich als wie gemacht für mich.

    Und wie ging es dann weiter?

    Als ich mich zum ersten Mal mit Jan-Ole traf, ließ er sich nicht in die Karten blicken. Er sagte nur, er habe eine persönliche Regel, dass er sich mit Kandidaten für eine Hauptrolle mindestens dreimal treffen müsste, bis er eine Entscheidung treffen könne. Später erzählte er mir, dass er schon beim ersten Treffen wusste, dass er den Film mit mir machen wollte. Er ließ mich aber trotzdem zu allen drei Terminen kommen.

    Er hat sich einfach gerne mit Ihnen getroffen.

    Beim Kennenlernen haben wir überhaupt nicht über den Film oder die Rolle gesprochen. Wir redeten über alles andere, aber nicht darüber. Es war eher, als würden wir Freundschaft schließen. Man muss nur seine Filme ansehen, um zu verstehen, dass er ein absoluter Filmfan ist, dass ihm das Kino alles bedeutet. Dafür lebt er. Er weiß einfach alles. Und er ist ein großartiger Geschichtenerzähler. Natürlich wusste ich schon vor den Treffen, dass ich die Rolle haben wollte. Danach war meine Lust darauf noch größer.

    Was uns zum Tennis führt…

    Das war der Knackpunkt. Die Produktion bot mir an, so viele Tennisstunden zu bezahlen, wie nötig wären, um diesen Aspekt der Rolle perfekt rüberzubringen. Ich hatte einen Trainer, der an meinem Aufschlag und meiner Rückhand arbeitete und ein anderer war unter anderem für meine Vorhand zuständig. Das Training war hart, aber wenn man die Grundzüge erst einmal beherrscht, ist es ein wunderbarer und eleganter Sport, bei dem die mentale Stärke entscheidend ist. Man kann der talentierteste Spieler der Welt sein: Wenn sich in deinem Kopf auch nur der Funke eines Zweifels festsetzt, hast du verloren. Das fand ich faszinierend, weil sich das auch auf Schauspielerei übertragen lässt. Natürlich sind wir immer voller Zweifel, und wenn man das nicht abstellen kann, wenn die Kamera läuft, ist man geliefert.

    Dann kriegen Sie das Lob jetzt: Sie schlagen sich ausgezeichnet auf dem Tenniscourt!

    Ich wollte, dass es sich echt anfühlt. Überhaupt war der Dreh eine absolut immersive Erfahrung: Es fühlte sich surreal an, als wären wir Teil der „Truman Show“. Wir haben bei normalem Regelbetrieb in der Hauptsaison in einem Hotel auf Fuerteventura gedreht. Wir waren mit unseren Kostümen in einer Bar, die aussah wie in „Shining“, und ich bin dann in voller Montur mit Tennisschläger durch den Poolbereich an den Sonnenanbetern vorbei zum Tennisplatz. Immer wieder wurde ich von Gästen gefragt, ob sie Stunden bei mir buchen könnten. Wir haben uns mittags am selben Buffet bedient, an dem auch die Touristen anstanden. Ich habe mich mit den Angestellten angefreundet, die wir jeden Tag trafen. Es war wild und toll!

    Sie haben den Film erstmals bei der Premiere auf der Berlinale gesehen. Was sind Ihre Erinnerungen?

    Es war das erste Mal, dass ich mit einem Film auf der Berlinale war. Und dann war unsere Premiere auch noch im Zoo-Palast, dem ersten Kino, das ich damals besucht habe, als ich nach Berlin gezogen bin! Berlin ist mittlerweile meine Heimat, deshalb war es ein besonderes Erlebnis, diesen sonnengetränkten Film hier in einer klirrenden Winternacht zu sehen. Ich bin sehr stolz, dass ich Teil dieser Produktion sein durfte, die Juan so fotografiert hat und für die Dascha diese unfassbar tolle Musik komponiert hat. Es war wunderbar, mit ihnen in einem Raum zu sein und zu spüren, wie das Publikum mitging. Mehr kann man sich nicht wünschen.




    Produktionsnotizen



    Mit seiner dritten Regiearbeit ISLANDS unternimmt der deutsche Filmemacher und Autor Jan-Ole Gerster einen eindrucksvollen neuen Schritt. Gleich mit seinem Regiedebüt hatte der damals 34-Jährige 2012 den Durchbruch geschafft: „Oh Boy“ mit Tom Schilling in einer ikonischen Darstellung gewann sechs Deutsche Filmpreise, u.a. als bester Film. Gerster selbst erhielt Lolas für die beste Regie und das beste Drehbuch. „Lara“ folgte sieben Jahre später und unterstrich die Ausnahmestellung des in Hagen geborenen, seit 2000 in Berlin lebenden Gerster: Auch international fand der Film mit Corinna Harfouch in der Hauptrolle lobende Anerkennung, nachdem er im Wettbewerb des Internationalen Filmfestivals von Karlovy Vary Weltpremiere gefeiert hatte.

    Jetzt ist Jan-Ole Gerster zurück mit einer weiteren außergewöhnlichen Produktion, seine aufwändigste Arbeit bislang, ein geheimnisvoller und kunstreich erzählter Thriller, der mit Versatzstücken des Film Noir wie auch des klassischen Kunstkinos spielt: Der erste internationale Film des Regisseurs, mit englischen Darstellern – Sam Riley, Stacy Martin, Jack Farthing – in englischer Sprache gedreht, an Originalschauplätzen auf der spanischen Kanareninsel Fuerteventura, allerdings aus Deutschland heraus finanziert und produziert. Es ist auch die erste Zusammenarbeit von Jan-Ole Gerster mit der Kölner Produktionsfirma augenschein Filmproduktion, die sich in den letzten 15 Jahren einen Namen als Experte für internationale Produktionen gemacht hat. Aktuell steht für die Produzenten Jonas Katzenstein und Maximilian Leo der Kinostart von „The Assessment“ mit Elizabeth Olsen und Alicia Vikander bevor, in Kürze wird „Mother Mary“ von David Lowery folgen.

    „Jonas und ich waren immer schon große Fans der Arbeit von Jan-Ole“, berichtet Produzent Maximilian Leo. Gerster war den beiden Produzenten mit seinen beiden ersten Filmen als Filmemacher aufgefallen, der exakt dem Raster entspricht, wonach sie suchen. „Er macht ungewöhnliche, außergewöhnliche Filme, in einer klar erkennbaren Regie-Handschrift und einer ganz besonderen Tonalität, die Publikumswirksamkeit mit cineastischer Tiefe ideal verbindet, so ist es ihm mit „Oh Boy“ ebenso gelungen wie mit „Lara“. Das ist beeindruckend. In beiden Filmen gibt es einen ganz bestimmten Blick für Schauspiel-Szenen. Daher hatten wir insgesamt das Gefühl, dass in ihm etwas steckt, das auch auf der internationalen Bühne seine Kraft entfalten kann.”

    Man verabredete sich zu einem Treffen und Gerster erzählte den beiden Produzenten von einer Filmidee, die er mit sich trug. Jonas Katzenstein erinnert sich: „Das war noch lange vor jeder Drehbuchfassung, es war einfach nur ein Pitch. Aber Max und ich fühlten uns sofort direkt angesprochen von der Tragik, die aus der Idee sprach. Das hat uns gepackt, diese Larger-than-life-Figur, die auf eine ganz neue und interessante Weise mit einem klassischen männlichen Noir-Charakter bricht. Bei diesem Pitch konnte man nicht sofort erkennen, dass er aus Deutschland kam. Diese besondere Lakonie und Leichtigkeit bringt man eher selten mit dem deutschen Film in Verbindung. Wir wollten eine Geschichte erzählen, die durchaus eine tragische Dimension hat, aber dennoch spielerisch umgesetzt ist.“

    Mit vielen Head of Departments arbeitete Jan-Ole Gerster zum ersten Mal. „Wir haben sehr bewusst und gezielt nach den Richtigen gesucht, um diesen besonderen Film so umzusetzen, wie er Jan-Ole vorschwebte“, sagt Maximilian Leo. „Wir hatten sofort DOP Juan Sarmiento G. im Kopf, mit dem wir bei augenschein bereits bei „Der Russe ist einer, der die Birken liebt“, zusammengearbeitet haben. Sein poetische Bildsprache passt ideal zu Jan-Oles klassischem Kino-Stil.” Mit Szenenbildnerin Cora Pratz hatten wir bereits „Home“ von Franka Potente in Los Angeles gemacht. Für sie gilt dasselbe wie für Juan: „Ihre Arbeit bereichert jeden Film um eine zusätzliche Dimension”. Jan-Ole Gerster mit diesen inspirierenden Künstlern zusammenzubringen, hat sich für die Produzenten ausgezahlt. Jonas Katzenstein: „Sie haben sich gegenseitig beflügelt und sind alle nochmal über sich hinausgewachsen. Man spürt das förmlich, wenn man derart inspirierte Menschen zusammenbringt.“

    Eine lange Suche ging der Entscheidung voraus, wer die Musik des Films komponieren würde. Die Wahl fiel schließlich auf Dascha Dauenhauer, die aktuell auch mit dem Score für den neuen Film von Burhan Qubani, „kein tier. so wild.“, für Aufsehen sorgt – ein Score übrigens, dessen monströse Atonalität diametral anders ist als die Musik, die sie schließlich für ISLANDS geschrieben hat. „Die Latte lag sehr hoch für sie“, schmunzelt Maximilian Leo. „Im Schnitt hatte Jan-Ole die größten Kompositionen der Filmgeschichte als temporäre Musik auf die Bilder gelegt. Es war fast, als hätte man Dascha vor eine Mission Impossible gestellt. Was sie dann abgeliefert hat, hat unsere kühnsten Erwartungen übertroffen: Ein Score, der den Atem großer Filme der 50er- und 60er-Jahre in sich trägt, der nach großem Kino klingt, sich aber immer neu, überraschend und gegenwärtig anfühlt. Wir sind begeistert, das war das Tüpfelchen auf dem I.“

    Nachdem die augenschein Filmproduktion bereits „The Assessment“ von Fleur Fortuné auf Teneriffa gedreht hatte, kehrten sie nun auf die Kanaren zurück, diesmal fanden die Dreharbeiten aber auf Fuerteventura statt. „Die Kanaren bieten einfach fantastische Motive“, merkt Produzent Katzenstein an. „Jan-Ole hat ISLANDS explizit für Fuerteventura geschrieben – ohne diese Insel würde es den Film nicht geben. Es ging also gar nicht anders, als auf Fuerteventura zu drehen.“

    Maximilian Leo selbst war ebenfalls bereits mit der Insel vertraut. „Ich habe mehrere Surf-Urlaube dort verbracht“, erzählt er. Als er das Drehbuch las, kam er aus dem Staunen oftmals nicht heraus. „Alle Drehorte, die Jan-Ole beschrieb, kannte ich bereits von meinen eigenen Inselbesuchen. Die Handlung war mit Fuerteventura verbunden, alle Szenen waren den Drehorten wie auf den Leib geschrieben. Also haben wir uns der Herausforderung gestellt, den Film auch wirklich dort zu drehen. Es gab keine Alternative.“ Katzenstein räumt aus produzentischer Sicht aber auch ein, dass es auf dieser entlegensten Insel der ohnehin schon weit entfernten Inselgruppe „keine filmische Infrastruktur gibt, und ein Dreh eine große logistische Herausforderung ist.“

    Es mussten Wege gefunden werden, die nötige Infrastruktur von den anderen Inseln nach Fuerteventura zu bringen. „Wir haben dort außerdem im laufenden Hotel-Betrieb gedreht – auch das hat seine Tücken“, meint der Produzent. In der ehemaligen Bar des Hotels wurden das Produktionsbüro, der Aufenthaltsraum für die Schauspieler und Komparsen sowie Kostüm und Maske eingerichtet. „Das hat alle wahnsinnig zusammengeschweißt. Und wir konnten sehr konzentriert arbeiten, es gab keine Ablenkung.“

    Ein weitere große Herausforderung war die Anzahl der Drehorte. „Häufig war es so, dass es nicht nur keine Infrastruktur gab, sondern dass wir an Orten waren, wo es buchstäblich nichts gibt. Außerdem hatten wir mit Widrigkeiten zu kämpfen - wie zum Beispiel mit Seegras. Die Behörden sagten uns zu, sich darum zu kümmern. Aber mit einem kleinen Bagger wird man unmöglich den Tonnen von Seegras Herr, die es zu entfernen galt.“ Maximilian Leo beschreibt es als „Drehen im Wasteland“, erklärt aber auch: „Dafür wurden wir mit Bildern belohnt, die man sonst niemals hätte herstellen können.“

    Besonders in Erinnerung bleibt Maximilian Leo und Jonas Katzenstein der besondere Teamspirit, der enge Zusammenhalt: „Durch den Dreh auf der Insel war es eine wahnsinnig intensive Zeit. Das war wie in meinen Studienzeiten, da habe ich so etwas zum letzten Mal erlebt.“ Leo unterstreicht noch einmal die enge und innige Zusammenarbeit mit Jan-Ole Gerster. „Wir haben an einem Strang gezogen. Da steckte echte Leidenschaft, echtes Feuer dahinter. Wenn man ISLANDS jetzt sieht, sieht man die Liebe, die im Film steckt. Für mich ist es ein Film, der das Zeug zum Klassiker hat, den man sich in 20 Jahren ansieht und dann immer noch in seinen ganz eigenen und unverkennbaren Bann gezogen wird. Das war meine Hoffnung.“

    Und er sagt: „Die größte Leistung des Films ist es, dass ich als Zuschauer am Ende zutiefst berührt bin und eine tiefe Tragik empfinde, obwohl wir schließlich im Grunde wieder genau da sind, wo die Geschichte angefangen hat. Für mich erzählt der Film die Geschichte eines Eskapisten, dem es erfolgreich gelungen ist, der Verantwortung im Leben zu entfliehen, aber damit auch in der Bedeutungslosigkeit angekommen ist. Er wird angetrieben von einer Sehnsucht nach Bedeutung und sieht sich konfrontiert mit der Tragik, diese nicht erlangen zu können.“

    Katzenstein ergänzt: „Mir gefallen die klugen Anleihen beim Film Noir, und trotzdem stehen diese tagtraumartige Qualität, dieses Urlaubmachen im Leben eines anderen immer im Zentrum. Zwei völlig verschiedene Dinge eigentlich, und doch gehen sie gemeinsam auf in eine kohärente Sache. Das macht die diese so besondere Qualität von ISLANDS aus.“




    VOR DER KAMERA



    Sam Riley (Tom)

    Im vergangenen Jahr erst konnte SAM RILEY einen Erfolg als legendärer Choreograph John Cranko in Joachim A. Langs vielgelobtem Biopic „Cranko“ (2024) feiern.

    Einem breiten Publikum ist der gebürtige Engländer 2006 als Post-Punk-Ikone und Joy-Division Sänger Ian Curtis in Anton Corbijns Biopic „Control“ bekannt geworden, der in Cannes mit gleich mehreren Auszeichnungen prämiert wurde. Seitdem war Sam Riley in zahlreichen nationalen und internationalen Produktionen zu sehen, wie in „Marie Curie – Elemente des Lebens“ (2020) in der männlichen Hauptrolle an der Seite von Rosamund Pike, der Verfilmung des Graham-Greene-Romans „Brighton Rock“ (2010) an der Seite von Helen Mirren, in Ben Wheatleys Netflix-Produktion „Rebecca“ (2020), in Neil Jordans Thriller „Byzantium“ (2012) an der Seite von Gemma Arterton und Saoirse Ronan sowie in Walter Salles’ Roadmovie „On the Road – Unterwegs“ (2012) als junger Autor Sal Paradise.

    In der österreichischen Produktion „Das finstere Tal“ (2014) spielte Sam Riley an der Seite von Tobias Moretti die Hauptrolle des Greider, in „Maleficent“ (2014) war er in beiden Teilen an der Seite von Angelina Jolie zu sehen, in „Alfons Zitterbacke“ (2022) stand er gemeinsam mit seiner Partnerin Alexandra Maria Lara vor der Kamera, und auch in der erfolgreichen BBC Mini-Serie „SS-GB“ war Riley in der Hauptrolle zu sehen. Gerade erst war er außerdem im Kino vertreten mit „Die Witwe Clicquot“ (2023) von Thomas Napper.


    Stacy Martin (Anne)

    In den vergangenen zehn Jahren hat STACY MARTIN eine vielfältige und beeindruckende Karriere im französisch- und englischsprachigen Kino gemacht. Aktuell kann man sie in dem für zehn Oscars nominierten Epos „Der Brutalist“ (2024) von Brady Corbet erleben. Es ist ihre dritte Zusammenarbeit mit dem Regisseur: Stacy Martins vorherige Projekte mit Brady Corbet sind sein gefeiertes Regiedebüt „The Childhood of a Leader“ (2015) mit Robert Pattinson, Tim Roth und Berenice Bejo, und „Vox Lux“ (2018), in dem sie neben Jude Law und Natalie Portman spielt.

    Martins Debütrolle war in Lars von Triers provokativem Film „Nymphomaniac“ (2013), der als zwei getrennte Filme in die Kinos kam und weltweit sowohl Beifall als auch Empörung hervorrief. Im Oktober 2013 wurde Martin als „Screen Star of Tomorrow“ ausgezeichnet und ein Jahr später als eine der „BAFTA Breakthrough Brits“ bekannt gegeben. Sie wurde auch in der Kategorie „Beste Schauspielerin“ bei den Bodil Awards nominiert, die von dänischen Filmkritikern vergeben werden.

    Seither hat Martin mit vielen renommierten internationalen Filmregisseuren zusammengearbeitet und ist regelmäßig auf internationalen Filmfestivals zu sehen. Im Jahr 2019 wurde sie Mitglied der Jury in Venedig unter der Leitung von Lucretia Martel und schloss sich der renommierten französischen Regisseurin Claire Denis in der Cinéfondation-Jury in Cannes Anfang des Jahres an.

    Zu ihren weiteren wichtigen Filmproduktionen gehören „High-Rise“ (2015) von Ben Wheatley, „Die wundersame Welt des Louis Wain“ (2021) von Will Sharpe, „Godard Mon Amour“ von Michel Hazanavicius, „Das Märchen der Märchen“ (2015) von Matteo Garrone, „Bonnard, Pierre et Marthe“ (2023) von Martin Provost, „Le Molière imaginaire“ (2024) von Olivier Py, „The House at Night“ (2020) von David Bruckner und „Alles Geld der Welt“ (2017) von Ridley Scott.

    Im Fernsehen spielte sie an der Seite von Tahar Rahim und Jenna Coleman in der Netflix-Miniserie „Die Schlange“.


    Jack Farthing (Dave)

    JACK FARTHING wurde erst unlängst für seine herausragende Darstellerleistung in der HBO-Miniserie „Rain Dogs“ an der Seite von Daisy May Cooper gefeiert. Das deutsche Kinopublikum kennt ihn indes am besten von seiner Darstellung als Prince Charles in Pablo Larraíns „Spencer“ (2021) sowie seinem Auftritt in Maggie Gyllenhaals Regiedebüt, die Elena-Ferrante-Verfilmung „Die Frau im Dunkeln“ (2021), in der Olivia Colman, Jessie Buckley und Dakota Johnson die Hauptrollen spielen.

    Bevor er sein Kinodebüt als Teil des Ensembles von Lone Scherfigs „The Riot Club“ (2014) geben konnte, hatte Farthing sich bereits einen Namen als Theater- und Fernsehschauspieler machen können, unter anderem in der extrem erfolgreichen Serie „Da Vinci’s Demons“ oder der Comedy-Serie „Blandings“ sowie der BBC-Produktion „Dancing on the Edge“. Sein Debüt als Schauspieler hatte Farthing 2010 in einer Inszenierung von „Romeo und Julia“ am Shakespeare’s Globe gegeben, in der er als Benvolio an der Seite von Adetomiwa Edun und Ellie Kendrick auftrat. Im Anschluss daran folgte eine weitere Inszenierung am Globe und zwar „Love’s Labour’s Lost“ mit Jade Anouka, Philip Cumbus und Seroca Davis.

    Seither fällt er immer wieder auf mit prägnanten Rollen in Kino und Fernsehen. So sah man ihn in „Official Secrets“ (2019) von Gavin Hood, „Love Wedding Repeat“ (2020) von Dean Craig und „Electra“ (2024) von Hala Matar, sowie den Serien „Die Morde des Herrn ABC“, „Poldark“, „Chloe“ und „The Serial Killer’s Wife“. Als nächstes folgt eine Rolle in dem neuen Film von Drake Doremus, „Next Life“ (2025).





    HINTER DER KAMERA



    Jan-Ole Gerster (Drehbuch & Regie)

    Nach zahlreichen Erfahrungen und Tätigkeiten in der Filmindustrie, u.a. als Assistent von Wolfgang Becker während der Entstehung von „Good Bye Lenin!“ (2003), begann JAN-OLE GERSTER 2004 sein Regiestudium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB). Sein Debütfilm „Oh Boy“ (2012) entwickelte sich zum internationalen Überraschungserfolg und wurde von Publikum wie Kritikern gefeiert. „Oh Boy“ lief weltweit auf über 60 Filmfestivals und gewann unter anderem den Deutschen Filmpreis in Gold und den European Film Award für den besten Debütfilm. Jan-Oles zweiter Kinospielfilm „Lara“ (2019) feierte Weltpremiere in Karlovy Vary und gewann dort den Spezialpreis der Jury und den Preis für die beste weibliche Hauptrolle. „Lara“ lief weltweit auf Festivals und wurde für den Deutschen Filmpreis nominiert. Mit ISLANDS feierte nun Jan-Oles erster englischsprachiger Film auf der Berlinale Premiere.


    Jonas Katzenstein & Maximilian Leo (augenschein Filmproduktion)

    JONAS KATZENSTEIN begann seine Karriere in der Unterhaltungsbranche als Tontechniker und gründete 2002 das Tonstudio „artaudio” in Köln. Im Jahr 2009 absolvierte er ein Studium im Bereich Spielfilmproduktion am Kölner Filmhaus. Danach erweiterte Jonas sein internationales Netzwerk durch die Teilnahme am EAVE Marketing-Workshop, Producers Workshop Cannes und AV-Gründerzentrum Stipendienprogramm. Jonas ist Experte des EAVE+ Programms und Mitglied der Producers Guild of America (PGA) sowie der Europäischen und Deutschen Filmakademie.

    MAXIMILIAN LEO begann seine Karriere mit Dokumentarfilmen, die er unter anderem im Nachkriegs-Afghanistan oder im Okawango-Delta in Afrika drehte. Nach seinem Abschluss an der Kunsthochschule für Medien in Köln gründete er gemeinsam mit Jonas Katzenstein die augenschein Filmproduktion in 2008. Sein Spielfilmdebüt „My Brother’s Keeper“ feierte 2014 auf der Berlinale Premiere und er baut seine Filmografie sowie seine Arbeit mit augenschein weiter aus. Er ist Mitglied der Producers Guild of America (PGA) und der Europäischen und Deutschen Filmakademie, zweimaliger Teilnehmer des Berlinale Talent Campus (2011 und 2021). Die beiden gründeten 2008 gemeinsam die augenschein Filmproduktion. Seitdem haben sie mehr als 30 internationale Filme produziert und finanziert. Der Fokus liegt auf Projekten, die mit starker Regie-Handschrift und weltweit renommierten Schauspielstars eine internationale Reichweite erzielen.

    augenschein hat sich zu einem der europäischen Top-Produzenten entwickelt, indem sie ihren Fokus auf gehobene, internationale englischsprachige Qualitätsspielfilme gelegt haben, darunter die jüngste Produktion des Sci-Fi-Drama „The Assessment“ (2024) mit Elizabeth Olsen und Alicia Vikander in den Hauptrollen, David Lowerys „Mother Mary“ (2025) mit Anne Hathaway und Michaela Coel und dem Action-Thriller „The Fisherwoman“ mit Emma Thompson unter der Regie von Brian Kirk.

    Mit ihrem Engagement für die Zusammenarbeit mit Autorenfilmern haben sie eine beeindruckende Liste talentierter Regisseure und Regisseurinnen gefördert, die auf den Festivals in Cannes, Venedig, Berlin, Toronto oder Sundance für ihre einzigartige Stimme und ihren unverwechselbaren Stil gefeiert und ausgezeichnet wurden.


    Juan Sarmiento G. (Bildgestaltung)

    JUAN SARMIENTO G., geboren 1984 in Kolumbien, schloss 2011 sein Kamera-Diplom an der Filmuniversität Babelsberg ab. Seine zahlreichen Arbeiten wurden auf internationalen Filmfestivals wie Cannes, Berlin, San Sebastián und Chicago ausgezeichnet.

    Sein Film „Madame Luna“ von Daniel Espinosa, feierte Premiere bei den Festivals in Rotterdam und Göteborg, beim letzteren gewann Juan den Sven Nyqvist Cinematography Award 2024. Für die schwedische Netflix-Miniserie „The Helicopter Heist“ übernahm Juan Sarmiento G. die Bildgestaltung für die One-Shot-Folge „Showtime“ (Episode 6). „Amparo“ von Simón Mesa Soto und „Mariner of the Mountains“ von Karim Ainouz, feierten Premiere beim Festival de Cannes 2021, wo „Amparo“ den Rising Star Award der Semaine de la Critique erhielt, zudem erhielt Juan für seine Arbeit den kolumbianischen Filmpreis für die beste Kamera. 2020 wurde „Valley of Souls“ von Nicolás Rincón Gille mit dem deutschen Kamerapreis in der Kategorie Spielfilm ausgezeichnet. Beim Marrakech International Film Festival gewann der Film den Etoile d’Or.

    „Zentralflughafen THF“ gewann bei seiner Weltpremiere auf der Berlinale 2018 den Amnesty International Filmpreis. Die Bildgestaltung wurde mit den Iberoamerikanischen Filmpreis „Fenix“ 2018 in der Kategorie „Beste Kamera Dokumentarfilm“ ausgezeichnet.

    Neben seiner Arbeit in ISLANDS, dem ersten englischsprachigen Kinofilm von Jan-Ole Gerster, welcher auf der 75. Berlinale zu sehen war, befindet sich sein neuer Film von Oscar-nominierten Regisseurin Kaouther Ben Hania in Post-Produktion.


    Dascha Dauenhauer (Musik)

    Seit 2015 arbeitet DASCHA DAUENHAUER als Filmkomponistin und wirkte seitdem an zahlreichen Spielfilmen mit. „Jibril“ (2018) hatte 2018 seine Premiere auf der Berlinale, ebenso wie Burhan Qurbanis gefeierter Film „Berlin Alexanderplatz“ im Jahr 2020. „Evolution“ des ungarischen Regisseurs Kornél Mundruczó wurde 2021 für die Filmfestspiele von Cannes ausgewählt.

    Die in Moskau geborene Komponistin kann bereits auf eine preisgekrönte Karriere zurückblicken: 2018 wurde sie in drei Kategorien für den Deutschen Filmmusikpreis nominiert und gewann in den Kategorien „Bester Kurzfilm“ und „Newcomer“. 2020 gewann sie für ihre Musik zu „Berlin Alexanderplatz“ den Deutschen Filmpreis sowie den Europäischen Filmpreis. Im Jahr 2022 erhielt sie den GEMA Musikautorenpreis in der Kategorie Komposition Audiovisuelle Medien und den begehrten Best-Music-Award für die Serie „Souls“ auf dem Cannes International Series Festival.

    Zuletzt komponierte Dascha Dauenhauer die Musik für die Serie „Der Schwarm“, die im Februar 2023 bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin uraufgeführt wurde, sowie für den Film „Golda – Israels eiserne Lady“ (2023) mit Helen Mirren in der Hauptrolle. Im selben Jahr wurde sie für die Filmmusik zu „Der Schwarm“ für den Deutschen Fernsehpreis und für „Golda“ für den World Soundtrack Award nominiert.

    Auf der 75. Berlinale war sie neben ihrem Score für ISLANDS auch noch mit ihrer Musik für den neuen Film von Burhan Qurbani, „kein tier. so
    Infos
    Originaltitel:
    Islands
    Land:
    Deutschland
    Jahr:
    2024
    Studio/Verleih:
    Leonine Studios, Schiwago Film GmbH
    Regie:
    Jan-Ole Gerster
    Produzent(en):
    Maximilian Leo, Jonas Katzenstein
    Drehbuch:
    Jan-Ole Gerster, Blaž Kutin, Lawrie Doran
    Kamera:
    Juan Sarmiento G.
    Musik:
    Dascha Dauenhauer
    Genre:
    Drama
    Darsteller:
    Sam Riley, Stacy Martin, Jack Farthing, Dylan Torrell uvm.
    Inhalt:
    Tom (Sam Riley) arbeitet als Tennistrainer in einem All-Inclusive-Hotel auf Fuerteventura. Was auf den ersten Blick wie der Traum vom endlosen Sommer wirkt, ist für den ehemaligen Profi längst monotone Routine geworden. Während die Touristen in einem nicht endenden Strom kommen und gehen, spielt er Woche für Woche hunderte Bälle übers Netz und füllt die Leere mit flüchtigen Affären und Alkohol.

    Doch dann taucht die geheimnisvolle Anne (Stacy Martin) im Hotel auf. Sie, ihr Mann Dave (Jack Farthing) und ihr siebenjähriger Sohn Anton (Dylan Torrell) entsprechen nicht dem Bild der üblichen Pauschaltouristen. Schnell kommt Tom der Familie näher: Er gibt Anton Tennisstunden und lädt sie zu einem Ausflug ein, um ihnen die raue Schönheit der Insel zu zeigen. Am nächsten Tag ist Dave spurlos verschwunden. Ebenso mysteriös wie Daves Verschwinden ist Annes Verhalten, das Tom vor Rätsel stellt. Ein Verdacht keimt in ihm auf…
    Start (DE):
    08.05.2025
    Laufzeit:
    122
    FSK:
    ab 6 Jahren

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