1917

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  • Einleitung

    Vier Jahre nach seinem zweiten James Bond Film „Spectre“ kehrt der brite Sam Mendes mit einem originalen Stoff zurück. In 1917 widmet sich der Regisseur um den ersten Weltkrieg und konnte dafür einige bekannte Namen vor die Kamera gewinnen. Der Kriegsfilm startet ab dem 16. Januar 2020 in den deutschen Kinos. Ob der 1917 gelungen ist, verraten die nachfolgenden Absätze.

    In 1917 geht es um zwei junge Soldaten, die einen Wettkampf gegen die Zeit antreten müssen: Das Überbringen einer Nachricht könnte ein drohendes Massaker verhindern. Ein einziger Tag vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs, an dem das Leben und Sterben von über 1.600 Menschen entschieden wird.

    © 2019 Universal Pictures

    Kritik

    Regisseur Sam Mendes hat sich in seiner Karriere den unterschiedlichsten Genres zugewendet. So bewies der Oscarpreisträger z.B. mit dem Drama American Beauty, dem Thriller Road to Perdition oder dem Kriegsfilm Jarhead sein Talent. Zuletzt widmete sich der Brite den letzten beiden Bondfilmen und lieferte mit "Skyfall" den vielleicht besten Ableger des Franchise.
    Mit seinem neuesten Film thematisiert Mendes den ersten Weltkrieg. Das besondere an 1917 ist nicht nur, dass der Film im ersten Weltkrieg spielt (im Vergleich zum 2. Weltkrieg ist der erste sehr unterpräsentiert im Kino) sondern die Konzeption als One Shot. Die Besonderheit an diesem Konzept zeigt sich darin, dass 1917 wie eine einzige lange Sequenz wirken soll.
    Selbstverständlich wurde 1917 nicht in einer einzigen langen Sequenz gedreht, das wäre in so einer Größenordnung gar nicht möglich gewesen. Der Film besteht aus vielen kleineren One-Takes, die geschickt zu einer Sequenz montiert werden. Dabei schaffen es Sam Mendes und Kameramann Roger Deakins diese Illusion über den ganzen Film aufrechtzuerhalten. So wirkt 1917 durch geschickte Schnitte und Kameraeinstellungen wie aus einem Guss.
    Die unglaubliche Kameraarbeit von Roger Deakins (Blade Runner 2049) ermöglicht, dass das Konzept technisch überhaupt aufgeht. Es ist toll zu sehen, wie flüssig die Kamera durch die unterschiedlichen Szenerien wie die engen Schützengräben oder weite Landschaften gleitet.

    So beeindruckend die technischen Aspekte des Films sind, umso weniger funktioniert das Konzept auf der emotionalen Ebene. Die Immersion den beiden Soldaten auf ihrer Mission zu folgen und mit ihnen mitzufühlen funktioniert nur selten. Vor allem ist das in den ersten beiden Akten deutlich zu spüren. Wir können uns als Zuschauer auf Grund der fehlenden Charakterisierung und der emotionalen Distanz des Szenarios nicht in die Charaktere hineinversetzen. 1917 bleibt trotz des Themas und Tragik erstaunlich kühl. Die atemberaubenden Kameraeinstellungen, toll inszenierte Sequenzen und der ständige Zeitdruck, unter dem die Handlung steht, erdrücken den Zuschauer so sehr, dass kein Platz für anderes bleibt. Das ist insofern schade, da 1917 im dritten Akt zwei tolle und emotionale Momente bietet und zeigt, dass dies durchaus möglich gewesen wäre.
    In großen Teilen fühlt sich 1917 eher wie ein Videospiel als ein Kriegsfilm an. Die beiden Protagonisten müssen von einer Gefahr zur nächsten, um ihren Auftrag abschließen zu können. Das wirkt immer wieder wie eine Mission aus einem Videospiel bei der vorher noch Zwischenziele erfüllt werden müssen. Zudem wird durch das gewählte Narrativ die Grausamkeit des Krieges weniger deutlich als in vielen anderen Kriegsfilmen. Die längste Zeit ist der Zuschauer teilnahmsloser Beobachter, ohne emotional involviert zu sein. Oftmals staunt man nur über die Bilder und die technische Perfektion, die Mendes und Deakins an den Tag legen, ohne sich um den Rest zu kümmern.


    © 2019 Universal Pictures

    Auch wenn das Konzept auf emotionaler Ebene nicht vollends aufgehen mag, bietet 1917 im letzten Drittel einige fantastische Szenen, die großartig Inszeniert und fotografiert sind. Besonders stechen eine Szene, die bei Nacht spielt und die atemberaubende Schlusssequenz hervor. Untermalt von der treibenden (und äußerst gelungenen) Filmmusik sehen wir hunderte Soldaten über ein Feld laufen, überall Explosionen und mittendrin die Kamera. In diesen Momenten sorgt 1917 für richtige Gänsehaut.

    Der Trailer von 1917 verspricht einige Stars im Cast, jedoch haben Schauspieler wie Benedict Cumberbatch, Colin Firth oder Sherlock Bösewicht Andrew Scott einen Auftritt von wenigen Minuten. Die Hauptrollen übernehmen George MacKay (Captain Fantastic) und Dean-Charles Chapman (Game of Thrones), an denen die Kamera auch permanent dran ist. Während Gerorge MacKay eine solide Performance zeigt, ist Chapman gnadenlos fehlbesetzt und strapaziert die Nerven der Zuschauer in nahezu jeder Szene.

    © 2019 Universal Pictures

    Fazit

    Sam Mendes‘ Kriegsfilm 1917 kann auf technischer Seiten vollends überzeugen, schafft es jedoch nicht den Zuschauer emotional anzusprechen. So schafft es der Film trotz eindringlicher Bilder die Tragik und das Grauen des Krieges nicht adäquat zu vermitteln.
    Auf Grund der tollen Bilder, der virtuosen Inszenierung und zwei atemberaubenden Sequenzen ist 1917 definitiv ein Grund für einen Kinobesuch. Jedoch geht das Konzept nur bedingt auf und der Kriegsfilm bleibt inhaltlich, narrativ und emotional weit hinter dem Potenzial zurück und scheitert an den eigenen Ambitionen. Als Gesamtwerk ist 1917 somit die erste Enttäuschung des Kinojahres 2020.


    6,5/10

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    Infos
    Originaltitel:
    1917
    Land:
    USA
    Jahr:
    2019
    Studio/Verleih:
    Universal Pictures
    Regie:
    Sam Mendes
    Produzent(en):
    Sam Mendes, Pippa Harris, Jayne-Ann Tenggren, Callum McDougall, Brian Oliver
    Drehbuch:
    Sam Mendes, Krysty Wilson-Cairns
    Kamera:
    Roger Deakins
    Musik:
    Thomas Newman
    Genre:
    Krieg, Drama
    Darsteller:
    George MacKay, Dean-Charles Chapman, Mark Strong, Andrew Scott, Richard Madden, Claire Duburcq, Colin Firth, Benedict Cumberbatch, Daniels Mays, Adrian Scarborough, Jamie Parker, Nabhan Rizwan
    Inhalt:
    In 1917 geht es um zwei junge Soldaten, die einen Wettkampf gegen die Zeit antreten müssen: Das Überbringen einer Nachricht könnte ein drohendes Massaker verhindern. Ein einziger Tag vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs, an dem das Leben und Sterben von über 1.600 Menschen entschieden wird.
    Start (DE):
    16. Januar 2020
    Start (USA):
    10. Januar 2020
    Laufzeit:
    119 Minuten
    FSK:
    noch nicht geprüft
    Bilder
    • 1917-wide.jpg

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Kommentare 1

  • Benutzer-Avatarbild

    The Fiend -

    Definitiv ist der Film, auch als Gesamtwerk, keine Enttäuschung, wie es in der Kritik steht. Der letzte Satz, wird dem Film in keinster Weise gerecht.