The Change

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  • Einleitung


    Nach seinem für den Academy Award nominierten "Corpus Christi" legte der in der polnischen Stadt Poznań geborene Jan Komasa zwar noch zeitnah den in seinem Heimatland Polen produzierten Thriller "The Hater" nach, bevor es aber etwas ruhiger um den Regisseur und Drehbuchautor wurde. Fünf Jahre später ist er nun auch in Hollywood angekommen und legt gleich im Doppelpack nach. Denn im Jahr 2025 erscheinen gleich zwei Titel von ihm, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Auf der einen Seite steht da der Gruselfilm "Good Boy", der aus der Perspektive eines Hundes erzählt wird und auf der anderen Seite The Change, ein Familiendrama, das beängstigend greifbare politische Wandlungen in der USA aufzeigt.

    Ellen, Professorin an der renommierten Georgetown University in Washington, D.C., und Chefkoch Paul feiern ihren 25. Hochzeitstag. Während sich die Gäste amüsieren, wird Ellen das Gefühl nicht los, die neue Freundin ihres Sohnes bereits zu kennen. Liz entpuppt sich als ehemalige Studentin, die wegen ihrer „antidemokratischen Thesen“ von der Uni geflogen ist. Jetzt steht sie kurz davor, mit ihrem Buch „The Change“ einen gesellschaftlichen Paradigmenwechsel einzuleiten, der das gesamte politische System Amerikas erschüttert. Plötzlich muss Ellen nicht nur um den Zusammenhalt ihrer Familie, sondern für die Freiheit und Werte eines ganzen Landes kämpfen.

    Die Besetzung stellt sich unter anderem aus Diane Lane ("Untreu"), Kyle Chandler ("Zero Dark Thirty"), Phoebe Dynevor ("Fair Play"), Dylan O’Brien ("American Assassin"), Mckenna Grace ("Begabt – Die Gleichung eines Lebens"), Zoey Deutch ("Juror #2"), Madeline Brewer ("The Handmaid’s Tale") und Daryl McCormack ("Twisters") zusammen.

    © 2025 Tobias Film

    Kritik


    Als der polnische Regisseur und Drehbuchautor Jan Komasa sein englischsprachiges Debüt drehte, war die zweite Trump-Ära noch nicht angebrochen und doch fühlt sich sein Werk The Change in der derzeitigen Situation aktueller denn je an. Die politischen Veränderungen beziehungsweise Bewegungen in den USA lassen The Change sich nicht mehr wie eine dystopische Vision einer eventuellen nahen Zukunft anfühlen, sondern vielmehr nach einer Situation, die schon morgen in Bewegung kommen könnte. Aber nicht nur die aktuelle Lage lässt dieses Gefühl der Unmittelbarkeit aufkommen, auch Komasas Entscheidung den Mammutteil des Films in dem Zuhause der Protagonisten stattfinden zu lassen und nur sehr wenig von der Außenwelt zu zeigen. So werden die Wandlungen in der Nation über die Dynamik einer zu Beginn noch beneidenswert stabilen Familie erzählt und nicht aus der Sicht von Politikern oder anderen treibenden Kräften. Der Filmemacher reduziert seine Geschichte auf das Gefühlsgerüst seiner Figuren, wodurch die ganze Situation so ungemein greifbar wird.
    Auch wenn der Ansatz ein ungemein spannendes Experiment ist, so bleibt dabei leider jegliche Konkretisierung des politischen Modells, welches durch Liz‘ Buch angeschoben wurde, vage. Ein Aspekt, bei dem einige Zuschauer höchstwahrscheinlich brennen, mehr zu erfahren. Das dieser Wunsch bis zum Ende nicht erfüllt wird und bei einigen dann eine gewisse Unzufriedenheit zurückbleibt, hat sich Komasa ein Stück weit auch abseits der Grundsatzentscheidung selbst zuzuschreiben. Denn wenn man nicht wüsste, dass er selbst auch am Drehbuch mitgeschrieben hat, könnte man fast meinen, dass Autor und Regisseur zwei unterschiedliche Dinge in den Fokus setzen wollten: Der Eine hätte sich gerne vornehmlich intellektuell mit den politischen Themen auseinandergesetzt, der Andere wollte dann doch lieber das Familiendrama ins Zentrum rücken. Doch für knapp zwei Stunden Laufzeit ist dann am Ende für solch komplexe Punkte nicht genug Zeit, sodass zum Schluss das Konstrukt des Films etwas unentschieden wirkt. Es verbreitet sich einfach das Gefühl, dass man zu viel wollte. Zu viele gewichtige Themen werden dadurch oftmals lediglich angerissen

    Dennoch bleibt The Change durchgehend interessant und bietet vor allem einige ungemein intensive Einzelszenen. Diese sind nicht nur toll geschrieben, sondern sie profitieren ebenfalls erheblich von der extrem starken Besetzung, von der fast jede der beteiligten Personen mindestens eine Szene spendiert bekommen hat, in der sie sich awardverdächtig präsentieren kann. Diane Lane untermauert dabei in etlichen Aspekten einmal mehr ihre enorme, nicht zu hinterfragende Klasse, Kyle Chandler offenbart auf eine angenehm ruhige, zurückgenommene Art eine ungemeine emotionale Vielschichtigkeit, die sich stets in etlichen Nuancen abzeichnet, Dylan O’Brien erschreckt mit seiner wohl bisher fiesesten Darbietung, durch die die Spannungsschraube teilweise ins fast Unerträgliche angezogen wird, und Phoebe Dynevor gelingt es, mit einer selbstverständlichen Präzision ein faszinierende Ungewissheit um ihre Figur aufzubauen, sodass man nie so hundertprozentig weiß, was ihre eigentlichen Intentionen, ihre wahrhaftigen Emotionen sind. So zeichnet sie auf spannende Weise eine Figur, die gleichermaßen bemitleidenswert wie gefürchtet ist.
    Aber auch der Rest des Casts überzeugt auf voller Linie, was das Sehvergnügen trotz der bedrückenden Thematik, erheblich steigert.

    © 2025 Tobias Film


    Abgesehen von der etwas unentschiedenen inhaltlichen Gewichtung, liefert Komasa inszenatorisch ebenfalls einen sehr guten Job ab. Selbstbewusst spielt er hier mit der Belichtung wie der Farbgebung und weiß zu jedem Augenblick, was er an seinen beeindruckenden Schauspielern hat. Denn man hat das Gefühl, dass sie für ihn der Dreh- und Angelpunkt seiner Inszenierung sind. Mit der exquisiten Wahl der Darsteller, kann er sich aber auch genau darauf verlassen und schenkt ihnen die Freiheit richtig aufzufahren – und seine Darstellerriege nimmt das spürbar dankend an.

    Fazit


    The Change möchte etwas zu viel und kommt besonders aus diesem Grund nicht ohne Schwächen daher, bietet allerdings ungemein spannende wie erschreckende Denkanstöße, die sich greifbarer anfühlen, als es vermutlichen vielen lieb wäre. Dazu gesellen sich einige stark geschriebene Dialoge und sensationelle Darsteller, die für reichlich intensive, mitreißende, erschlagende, beängstigende und hoch dramatische Einzelszenen sorgen.


    7/10

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    Infos
    Originaltitel:
    Anniversary
    Land:
    USA
    Jahr:
    2025
    Studio/Verleih:
    Lionsgate / Tobis Film
    Regie:
    Jan Komasa
    Drehbuch:
    Lori Rosen-Gambino, Jan Komasa
    Kamera:
    Piotr Sobocinski
    Musik:
    Danny Bensi, Saunder Jurriaans
    Genre:
    Drama, Polit-Thriller
    Darsteller:
    Diane Lane, Kyle Chandler, Phoebe Dynevor, Dylan O'Brien, Madeline Brewer, Zoey Deutch, Mckenna Grace, Daryl McCormack
    Start (DE):
    06.11.2025
    Start (USA):
    07.11.2025
    Laufzeit:
    112 Minuten
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Bilder
    • The-Change-01.jpg

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