Übersicht
Einleitung
Dass das südkoreanische Kino spannende Thriller hervorbringen kann, sollte spätestens seit "Parasite" und "Burning" bekannt sein. Doch auch abseits der Werke von Bong Joon-ho und Lee Chang-dong bietet das Land in regelmäßigen Abständen spannende Kost. Nun steht mit Bring Me Home ein weiterer Vertreter des Genres an, der auf dem diesjährigen 'Fantasy Filmfest' gesehen werden kann.
Nach sechs quälenden Jahren vergeblichen Suchens nach ihrem vermissten Sohn, erhält Jung-yeon endlich einen seriös anmutenden Tipp, der sie zu einem kleinen Fischerort führt. Doch dort empfängt eine Mauer des Schweigens die Mutter, geradezu feindlich verhalten sich die Dorfbewohner und selbst die ansässige Polizei verhöhnt sie nur. Aber Jung-yeon hat längst nichts mehr zu verlieren und der Ort ist verdächtig. Zu allem bereit, entfesselt sie einen bitteren Kampf gegen Moloch und Wahnsinn, und um das Leben ihres geliebten Yoon-su. Ein Kampf, der bis zur letzten Filmminute erschütternd und unvorhersehbar bleibt.

Kritik
Regisseur und Drehbuchautor Kim Seung-woo gelingt ein starkter und atmosphärisch dichter Einstieg in den Film. Die Situation wird in beklemmender Stimmung dargelegt, während man einen ungeschönten Blick auf die Grausamkeiten bekommt, die dem entführten Jungen zuteilwerden. Auch kann die andere Seite des Geschehens interessant beleuchtet werden, die verzweifelte Mutter, die unter allen Umständen ihr Kind zurückhaben möchte. Hier kann der Zuschauer schnell eine Identifikation aufbauen und wird in das Geschehen hineingezogen.
Dies liegt in erster Linie an der starken Inszenierung, denn mit jeder Einstellung wird das mulmige Gefühl größer, sowie an den guten darstellerischen Leistungen. Gerade Lee Young-ae spielt ihre Rolle auf einem hohen Niveau. Die Angst und Verzweiflung schreit sie geradezu in die Kamera, so dass ihr Schicksal zu einem zentralen Punkt des Films wird. Auch das intelligente Drehbuch kann bis hier hin überzeugen und lässt sie einige logische, emotionale Stationen durchlaufen.
Doch leider kann der Film sein Anfangs hohes Niveau nicht bis zum Ende halten. Nach etwas über der Hälfte der Laufzeit beginnt der Film einige Abzweigungen zu nehmen, die nicht zum Rest des bis dorthin Gezeigten passen wollen. Die Figuren begehen plötzlich seltsame Handlungen und auch der Spannungsbogen fällt von einer Szene auf die andere fast ins bodenlose. Hier verpasst der Film es, eine konstant gute Inszenierung abzuliefern und büßt an Qualität ein.
Mit Bring Me Home hätte ein weiterer spannender Thriller aus Südkorea in der Tür stehen können, doch leider wird vor allem in der zweiten Hälfte viel des vorhandenen Potentials liegen gelassen und sich auf unstimmige Dramaturgie verlassen, die nicht so recht in das Gesamtbild passen will.

Fazit
Bring Me Home ist vor allem eines: Eine verpasste Chance. Das Potential für einen hochspannend Thriller war vorhanden und der Aufbau des Films hat dies unterstrichen. Auf einen spannenden Einstieg folgt eine sehr gute Darbietung der Situation, für deren weiteren Verlauf einige gute Spuren gelegt wurden. Doch leider fällt der Film dann doch noch über seine eigenen Ansprüche und kann das gewollte Resultat nur noch mit Ach und Krach erreichen, was im Gesamtbild einen faden Beigeschmack hinterlässt und eine vertane Chance auf hochwertige Unterhaltung zurücklässt.
6/10










Zweitmeinung
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