Bon Voyage - Ein Franzose in Korea

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  • Einleitung


    Alain Chabat, selbst unter anderem Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Schauspieler, schenkte uns in genau diesen Positionen unter anderem mit Asterix & Obelix: Mission Kleopatra die wohl beste Realverfilmung der beiden beliebten Comichelden. Für sein aktuellstes Projekt konzentrierte er sich hingegen mal nur auf die Schauspielerei. Dafür durfte er dabei aber in ein entferntes Land reisen.

    Denn im Zentrum von Bon Voyage steht der Chefkoch Stéphane, der eigentlich ein ruhiges aber eingefahrenes Leben führt. Doch im Alter entdeckt er Instagram für sich und lernt dort die Südkoreanerin Soo kennen. Diese erweckt in ihm mit ihren Fotos aus ihrem Alltag neue Lebensfreude, bis er eines Tages entschließt nach Südkorea zu reisen und selbst dieses Land zu erfahren. Doch stellt sich dies als komplizierte heraus als gedacht.

    Neben Chabat ist unter anderem noch Doona Bae zu sehen, die den meisten durch die Serie Sense8 oder den Film Cloud Atlas bekannt sein dürfte. In Südkorea wirkte sie unter anderem in gefeierten Werken wie Sympathy for Mr. Vengeance, The Host oder der Netflix-Erfolgsserie Kingdom mit.

    Die Regie übernahm bei Bon Voyage - Ein Franzose in Korea Eric Lartigau (Verstehen Sie die Béliers?), der auch am Drehbuch mitschrieb.

    © 2020 EuroVideo


    Kritik


    Was nach einer leichtfüßigen Culture-Clash-Komödie oder nach einem berührenden Drama über die Wiederentdeckung von Lebensfreude und den wahren Werten im Leben klingen mag, entpuppt sich leider als eine uninspirierte und vor allem schwunglose Mischung aus beidem. Zu belanglos und vor allem zu harmlos inszeniert Regisseur und Drehbuchautor Eric Lartigau seine Komödie. Von der ersten bis zur letzten Minute wird man das Gefühl nicht los, alles schon einmal gesehen zu haben - und das nur leider besser. So bedient sich Lartigau an zahlreichen bekannten Genre-Elementen und rennt Vorbildern wie Terminal oder Lost in Translation hinterher, ohne auch nur annähernd in ihre Nähe zu kommen. Am schwierigsten gestaltet sich jedoch die inhaltliche Dreiteilung bei Bon Voyage. Im ersten Drittel wird das eingefahrene Leben der Hauptfigur Stéphane vorgestellt, dass weder sonderlich bemitleidenswert noch erstrebenswert erscheint. Zwar führt er relativ erfolgreich ein eigenes Restaurant, scheint aber den Zugang zu seiner Familie und anderen Menschen irgendwann verloren zu haben, wodurch ihm alles etwas belanglos vorkommt. Durch seine Intagram-Bekanntschaft Soo aus Südkorea fasst er aber neue Lebensfreude, wenn er auch mehr und mehr in die digitale Welt abdriftet. Nach einem daraus resultierenden Unfall beschließt er nach Südkorea zu reisen und Soo zu besuchen.

    Daraufhin folgt das zweite und vor allem schwerfälligste Drittel. Blieb der erste Teil noch einfach nur harmlos aber irgendwie okay, so fehlt es Stéphanes Aufenthalt am Flughafen von Incheon jeglichen Schwung. Obwohl dieser Flughafen nicht ohne Grund zu den schönsten der Welt zählt und Unmengen von Freizeitangebote offenbart, bekommt man davon in Bon Voyage nur sehr wenig mit. Viel mehr wirkt der Aufenthalt von Stéphane, der beschließt mehrere Tage am Flughafen zu verweilen und auf Soo zu warten, von der er erwartet hat, dass sie ihn dort abholt, wie ein liebloser Auszug aus einer Flughafenbroschüre. Die offensichtlichsten Zeitvertreibungsmöglichkeiten werden thematisiert ohne, dass dabei beim Zuschauer irgendwelche Emotionen hervorgeholt werden. Spätestens an dieser Stelle offenbart sich die nächste große Schwäche des Films - die visuelle Umsetzung. Die Bilder wissen weder zu verzaubern noch zu faszinieren. Regisseur Lartigau und sein Kameramann Laurent Tangy finden einfach keine Motive, die dem Objekt gerecht werden. Die Farbgestaltung, das Licht und die gewählten Locations kreieren nie wirklich eine positive Atmosphäre. Und das ist durchaus eine Leistung bei der Örtlichkeit.
    Natürlich kann man das auch als Stilmittel wählen, um die Verlorenheit des Charakters zu untermauern. Wenn man dabei aber keine Emotionen beim Zuschauer hervorholt, hat selbst diese Begründung keine Aussagekraft.
    Ach und ganz nebenbei wird Stéphane durch seine Instagram-Story natürlich in dem Media-affinen Land noch zu einem kleinen Prominenten, was dramaturgisch letztendlich aber keinerlei Bedeutung hat.

    Nach dem ermüdenden zweiten Drittel schenkt der Schlussakt dem Werk dann glücklicherweise noch einmal einen kleinen Auftrieb. Auch wenn hier ebenfalls von einem Klischee zum nächsten gesprungen wird, sei es bei den Menschen oder den gewählten Settings der Hauptstadt Seoul, so entfaltet sich mit dem Auftritt von Doona Bae endlich ein wenig positive Energie, die dem Film zumindest einen Hauch von emotionaler Kraft schenkt. Doch auch hier sticht die Optik wieder besonders negativ heraus. Wer nur ein einziges K-Drama gesehen hat, das in der Gegenwart spielt, weiß wie traumhaft schön und faszinierend man Südkoreas Hauptstadt einfangen kann. Und wer einmal dort gewesen ist, weiß wie schwer es ist, genau das nicht hinzubekommen. Doch auch hier beweisen Kameramann und Regisseur ihr Talent für unspektakuläre Aufnahmen. Selbst die im Film mehrfach angepriesene Kirschblüte, die wirklich zauberhaft ist, wird so beiläufig und lieblos eingefangen, dass man meinen könnte, dass sie ihrem Ruf nicht gerecht wird.
    Anstatt sich einigen wenigen Aspekten der Stadt angemessen zu widmen, zog es Lartigau vor, von einem Touristen-Hotspot zum nächsten zu springen und dabei kreativloser als jede Reisesendung vorzugehen. So verkommt das gehetzte letzte Drittel zu einem Kurzzusammenschnitt, welche bekannten Sehenswürdigkeiten man in Seoul in 12 Stunden abklappern kann. Da springt man dann mal zu einer kurzen Szene am beliebten Fluss Cheonggyecheon, woraufhin eine kurze auf dem Namsan folgt und in dessen Folge eine kurze auf dem Gwangjang Markt nicht fehlen darf.
    Folglich entsteht das Gefühl, dass die Filmemacher selbst vor den Dreharbeiten noch nie in Südkorea gewesen waren, sondern einfach schnell einen Reiseführer durchgeblättert haben, wodurch jegliche Hingabe für Land und Menschen abwesend bleibt.
    Stattdessen bedient man sich an den gängigen Klischees, mit denen man noch nicht einmal sonderlich humorvoll umgeht.

    Und so verhindert die Dreiteilung der Geschichte bei einer Laufzeit von knapp 100 Minuten nicht nur, dass man sich auch nur einem der Parts angemessen widmet, die Zeit, die man hat, wird dann noch nicht einmal gut genutzt.

    © 2020 EuroVideo


    Bei all der Kritik muss man aber auch ganz deutlich Hauptdarsteller Alain Chabat hervorheben, der vor allem im letzten Drittel über viele Schwächen hinwegsehen lässt. Im Gegensatz zur Inszenierung fährt der mittlerweile über sechzigjährige Franzose mit einer energiegeladenen Performance auf, der er zum Ende hin mit ein paar pointierten Nuancen noch eine berührende Note verpasst. So ist es fast alleine ihm zu verdanken, dass der harmlose und erschreckend inspirationslose Film dann doch ein wenig Spaß macht. Und seine gemeinsamen leider viel zu wenigen Szenen mit Doona Bae sind wirklich schön, wenn auch nur dank der beiden Schauspieler.

    Fazit


    Visuell wie inszenatorisch inspirationslos und dramaturgisch schwerfällig hangelt sich Regisseur und Drehbuchautor Eric Lartigau von einem Klischee zum anderen. Dank einer sehr guten Leistung von Hauptdarsteller Alain Chabat weiß Bon Voyage jedoch zumindest ein wenig zu unterhalten.


    4/10

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    Infos
    Originaltitel:
    #jesusislá
    Land:
    Frankreich
    Jahr:
    2019
    Studio/Verleih:
    Gaument / EuroVideo
    Regie:
    Eric Lartigau
    Drehbuch:
    Eric Lartigau, Thomas Bidegain
    Kamera:
    Laurent Tangy
    Musik:
    Evgueni Galperine, Sacha Galperine
    Genre:
    Komödie, Drama
    Darsteller:
    Alain Chabat, Doona Bae
    Start (DE):
    24.09.2020 (Heimkino)
    Laufzeit:
    97 Minuten
    FSK:
    ab 6 Jahren
    Bilder
    • Bon-Voyage-02.jpg

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