The 800

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  • Einleitung


    Das Filmjahr 2020 hatte aufgrund der Corona-Krise wahrlich wenig große Titel zu bieten, da die namenhaften Verleihe ihre meisten Großproduktionen aus Angst vor finanziellen Flops lieber immer weiter nach hinten verschoben. Das vorsichtige Verhalten der Hollywood-Studios ließ aber in vielen Ländern auch Raum für heimische Produktionen. So konnte sich sogar eine chinesische Produktion zum weltweit erfolgreichsten Film 2020 entwickeln. Der Kriegsfilm The 800 konnte sich mit einem weltweiten Einspielergebnis von über 460 Millionen US-Dollar (davon kam fast alles aus dem eigenen Land) so noch vor amerikanische Produktionen wie Bad Boys for Life, Tenet und Sonic the Hedgehog setzen.

    Im Zentrum des Kriegsepos steht eine bunt zusammengewürfelte chinesische Einheit, die sich 1937 vor den Toren Shanghais in einem Lagerhaus verschanzt und sich der übermächtigen japanischen Armee entgegenstellt, um ihre Heimat zu verteidigen. In dem mehrere Tage andauernden Gefecht versucht die aus rund 800 Soldaten bestehende Einheit ein Zeichen des Widerstands zu setzen und so eventuell internationale Unterstützer zu gewinnen.

    Regie bei dem Kriegsfilm führte Hu Guan (My People, My Country).
    Als Darsteller konnte er unter anderem Zhi-zhong Huang (1911 Revolution) und Hao Ou (The Bravest) gewinnen.

    © 2021 Koch Films

    Kritik


    Wie schon bei Chinas bis dato erfolgreichstem Film Wolf Warrior 2 zeigt sich auch bei The 800, dass die Chinesen patriotische Stoffe mögen. Denn ebenso wie der Kriegsfilm Wolf Warrior 2 steht im Mittelpunkt des genreverwandten The 800 die Glorifizierung der heimischen Kriegshelden. Auch wenn The 800 mit dem bunt zusammengewürfelten Haufen von Soldaten im Ansatz etwas differenziertere Wege geht, da die Einheit auch aus Deserteuren besteht, die unfreiwillig sich dem Kampf mit den Japanern stellen müssen, um ihre Heimatstadt Shanghai zu schützen, so wird aus dieser Grundlage allerdings relativ wenig gemacht. Stattdessen wird mit viel Pathos und heldenhaften Ansagen wie Taten die mögliche Vielschichtigkeit der unterschiedlichen Figuren untergraben. So bleibt am Ende einmal mehr ein Feiern der Kriegshelden im Fokus, bei der die Tragik der Situation nur zu selten durchschimmert. Bei einer Laufzeit von fast zweieinhalb Stunden hätte der Film so durchaus etwas mehr Tiefgang bei den Charakteren gebraucht, um über die volle Länge zu überzeugen. Denn am Ende bleibt kaum eine Figur im Kopf hängen und auch das Schicksal der meisten zieht an einem fast spurlos vorbei.

    Und dennoch gelingt es Regisseur Hu Guan den Zuschauer immer wieder mitzureißen. Das ist in erster Linie den spektakulären Actionszenen und der damit verbundenen Kameraarbeit von Yu Cao (Die Chroniken des Geistertempels) zu verdanken, die nicht nur von den Bildkompositionen einnehmend sind, sondern auch stets visuell einfallsreich und dynamisch umgesetzt wurden. Folglich wird die Spannung in diesen Momenten immer wieder angezogen und man wird als Zuschauer dennoch abgeholt. Die austauschbaren Figuren und die ebenso unauffälligen Darstellerleistungen können mit den spektakulären Actionszenen gekonnt aufgewertet werden, was natürlich ebenfalls an der großen Fülle von diesen Szenen liegt. The 800 profitiert somit merklich an der über die gesamte Laufzeit angenehm gleichmäßig verteilten Bombastaction. Dabei kommt diese dank teilweise schockierenden Ideen auch immer wieder überraschend intensiv daher, auch wenn diese Augenblicke natürlich noch stärker unter die Haut hätte gehen können, wenn einen die einzelnen Schicksale der Figuren emotional mehr berührt hätten. Trotzdem kann man es nicht leugnen, dass hier und da dank der hervorragenden visuellen Inszenierung der ein oder andere Gänsehautmoment entsteht. Der vor allem in der ersten Hälfte des Films starke Soundtrack von Rupert Gregson-Williams (Hacksaw Ridge) und Andrew Kawczynski (The Amazing Spider-Man 2) leistet da einen zusätzlichen nennenswerten Beitrag.

    Dramaturgisch bleibt The 800 leider zum größten Teil unauffällig. Es werden viele bekannte Motive abgearbeitet, die selten zu überraschen wissen. Einzig die unmittelbare Nähe der noch aktiven und hellerleuchteten Stadt Shanghai und dem im Kriegszustand befindenden Lagerhaus, was einzig von einem relativ schmalen Fluss von der blühenden Gesellschaft getrennt wird, bietet einen frischen Ansatz, der aber auch an dieser Stelle vor allem visuell zu faszinieren weiß. Guan zieht hier mit dem Fluss eine klare Linie. Auf der einen Seite bekommen wir bunte und lichtdurchflutete Bilder geboten, wohingegen auf der anderen Seite vornehmlich Grautöne herrschen. Dadurch bietet diese Szenerie nicht nur einen teilweise schon absurden Beigeschmack, sondern auch einen visuell stets faszinierenden.

    © 2021 Koch Films


    Letztendlich hätte The 800 mit etwas mehr Feingefühl bei der Figurenzeichnung und der Dramaturgie, aber vor allem mit deutlich weniger Heldentum, ein wirklich starker und frischer Kriegsfilm werden können. Doch so bleibt am Ende ein lediglich visuell einnehmendes Spektakel, das von seiner Vielzahl an starken Actionszenen profitiert.

    Fazit


    The 800 ist ein audiovisuelles Spektakel geworden, dessen einnehmende Bildersprache unverkennbar mitzureißen weiß. Allerdings untergraben die schwachen Figuren, die unauffällige Dramaturgie jedoch in erster Linie der vorherrschende Patriotismus mit dem damit zusammenhängenden Heldenkult die mögliche Wucht des Kriegsfilms. Damit bleibt am Ende leider nur ein leicht überdurchschnittliches Filmerlebnis, das bei der hervorragenden visuellen Umsetzung zu deutlich mehr fähig gewesen wäre.


    6/10

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    Infos
    Originaltitel:
    八佰 (Bābǎi) / The Eight Hundred (engl. Titel)
    Land:
    China
    Jahr:
    2020
    Studio/Verleih:
    Koch Films
    Regie:
    Hu Guan
    Drehbuch:
    Hu Guan, Rui Ge, Huang Dongbin, Kun Hu
    Kamera:
    Yu Cao
    Musik:
    Rupert Gregson-Williams, Andrew Kawczynski
    Genre:
    Kriegsfilm
    Darsteller:
    Zhi-zhong Huang, Hao Ou
    Start (DE):
    11.02.2021 (digital), 22.04.2021 (Blu-ray. DVD)
    Start (USA):
    28.08.2020
    Laufzeit:
    149 Minuten
    FSK:
    ab 16 Jahren
    Bilder
    • The-800-02.jpg

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