Cash Truck

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  • Einleitung


    Nachdem sich Regisseur Guy Ritchie in den letzten gut zehn Jahren eher Blockbuster-Kino wie Sherlock Holmes, Aladdin oder King Arthur gewidmet hatte, kehrte er im vergangenen Jahr zu seinen Wurzeln des Gangsterfilms zurück. Und auch mit seinem neusten Werk Cash Truck greift er nicht wieder nach den groß budgetierten Produktionen. Wenn er auch trotzdem für ihn überraschend untypische Pfade bestreitet.

    Im Zentrum von Cash Truck steht ein mysteriöser Mitarbeiter einer Geldtransportfirma, der bei einem Überfall ihres Transporters eine beängstigende Seite von sich zeigt. Denn der gehimnisumwobende Mann scheint sich auf einem Rachefeldzug gegen Räuber zu beginden, die sich Geldtransporter als Ziel gesetzt haben. Und dabei geht er alles andere als zimperlich vor.

    Neben Hauptdarsteller Jason Statham werden unter anderem noch Josh Hartnett (Sin City), Scott Eastwood (Fast & Furious 8 ), Andy Garcia (Ocean's Eleven) und Jeffrey Donovan (Honest Thief) zu sehen sein.
    Guy Ritchie führte wie gewohnt nicht nur Regie, sondern schrieb auch am Drehbuch mit. Dabei bekam er wieder Unterstützung von seinen beiden The Gentlemen-Autoren Marn Davies und Ivan Atkinson. Der Film basiert dabei auf dem französischen Actionfilm Cash Truck.
    Nach Snatch, Revolver und Bube, Dame König,grAs ist es bereits die vierte Zusammenarbeit zwischen Ritchie und seinem langjährigen Freund Statham.

    © 2021 Studiocanal

    Kritik


    Zugegebenermaßen ist die gleichnamige französische Vorlage aus dem Jahr 2004 nicht nur mit unter anderem Albert Dupontel (Irreversibel), François Berléand (The Transporter) und Oscarpreisträger Jean Dujardin (The Artist) ordentlich besetzt, es ist auch ein sehenswerter Action-Thriller. Ob das Werk allerdings ein Remake bedarf, ist auf den ersten Blick jedoch fraglich. Denn so viele wirkliche Besonderheiten bietet das Original nicht. Kultregisseur Guy Ritchie, der mit dem großartigen The Gentlemen im vergangenen Jahr erst ein neues qualitatives Hoch erlebt hat, macht mit seiner Version von Cash Truck eindrucksvoll deutlich, dass eine Neuinterpretation sich auf jeden Fall lohnt - es muss nur ein fähiger Filmemacher ran, der interessante neue Ideen hat, um die Neuverfilmung zu rechtfertigen. Und beides hat der britische Regisseur zweifellos. Dabei kommt sein Cash Truck oder wie er im Englischen treffender heißt Wrath of Man, nicht nur als spannendes Remake daher, sondern Richtie offenbart auch noch sein wohl untypischstes Werk, wenngleich es überdeutlich ein Film aus seiner Hand ist.
    Denn Cash Truck kommt für Ritchies Verhältnisse ungemein düster daher und verzichtet fast vollkommen auf sein für ihn typischen Dialogwitz. Doch lässt der Regisseur und Drehbuchautor dennoch nicht von allerlei inszenatorische Spielereien ab, die seine Handschrift unverkennbar machen. Ob es die diversen Zeitsprünge im Mittelteil sind oder die teilweise grandiosen Schnitte oder aber die kleinen bis großen visuellen Ideen, die sich allesamt in das abgründige Bild überraschend gelungen eingliedern. Angefangen in der ersten Sequenz des Films mit einem Überfall auf einen Geldtransporter, der in einem Shot aus der Perspektive der Ladefläche des Transporters gefilmt wird. Dadurch bekommt das Geschehen eine unglaubliche Unmittelbarkeit, da sich auch zahlreiche Informationen einem verbergen. Vieles bekommt man nur akustisch mit, was die Situation umso beklemmender macht.
    Genau solche kreativen Einfälle lassen das Werk durchgehend interessant auftreten.

    Trotz der finsteren Tonalität verzichtet Ritchie nicht gänzlich auf Humor. Auch wenn sein Dialogwitz hier häufig den Darstellern nicht ganz so leichtfüßig und natürlich über die Lippen geht, wie man es von seinen Werken eigentlich gewohnt ist, so sorgen diese Momente dennoch immer wieder zwischendurch für ein paar Schmunzler. Ganz besonders wenn Hauptdarsteller Jason Statham, der Ritchies Texte natürlich gewohnt treffsicher abliefert, extrem trocken raushaut, kann man sich das Grinsen trotz der erdrückenden Atmosphäre nicht verkneifen. Gerade Statham ist aber auch eines der vielen Highlights von Cash Truck. Seit Jahren strotzte der Brite nicht mehr vor so viel Coolness und die Rolle ist ihm wie auf den Leib geschneidert. Wortkarg, eiskalt und fast durchgehend mit dem selben wütenden Gesichtsausdruck lässt er den geheimnisvollen Antihelden, der vor allem in der Ära von Clint Eastwood und Charles Bronson seine Blütezeit erlebte, wieder auferstehen. Und das gelingt ihm mit solch einer Souveränität, dass es einfach ein Genuss ist ihm zuzuschauen. Mit Ritchie hat Statham aber auch einen Regisseur hinter sich, der es ganz genau versteht, ihn genau so in Szene zu setzen.
    Grundsätzlich ist es schön zu sehen, dass dramaturgisch nicht alles in die kleinsten Moleküle erläutert wird. Am Ende bleiben Fragezeichen im Raum, ganz besonders, wenn es auch um Stathams Figur H geht. Aber genau das macht ihn wiederum in einer Zeit, in der jeder Protagonist, jeder Held eine Psychoanalyse durchfährt, sodass auch ja jegliche emotionalen Nuancen greifbar werden und jede Motivation nachzuempfinden ist, so ungemein interessant. Denn seine Figur widerstrebt genau diesem Trend und offenbart fast keinerlei Einblicke in seine Gefühlswelt. Das macht seinen Charakter nicht nur erschreckend bedrohlich, sondern es lässt ihn sich auch nicht unbedingt moralisch von den Gegenspielern erheben. Denn vor allem im Mittelteil, wenn in einem zeitlichen Rücksprung Hs Beweggründe für seine Vorgehensweise offenbart werden, wird seine Figur ungemein skrupellos, allerdings nie frei von Werten, dargestellt, dass man sich als Zuschauer fast schon schlecht fühlt, mit ihm mitzufiebern.

    © 2021 Studiocanal


    In dieser Phase zeigt sich auch einmal mehr, wie viel Durchschlagskraft eine Atmosphäre haben kann. Denn obwohl Cash Truck nicht ultrabrutal daherkommt, hat man das Gefühl einen brettharten Film zu sehen. Das ist neben der erstklassigen Inszenierung ganz besonders dem Komponisten Chris Benstead zu verdanken. Vor allem im Bereich Ton und Music Mix tätig wie erfolgreich (unter anderem der Oscar für das beste Sound Mixing bei Gravity) gab Guy Ritchie ihm bereits bei The Gentlemen die Möglichkeit, sich als Komponist zu beweisen. Auch da offenbarte er schon seine Vorliebe für tiefe Streicher. War in dem Gangsterfilm sein Score noch relativ unauffällig, wenn auch trotzdem gelungen, nimmt Bensteads Arbeit bei Cash Truck einen großen Teil der Wirkung des Films ein. Bereits mit seinem ersten Stück stellt er bei der Eröffnungssequenz die Weichen, für das, was noch kommen wird. Seine Melodien entfalten einen unheilvollen Sog, dem man sich nicht entziehen kann. So präsentiert der Musiker den wohl bedrohlichsten Score seit Jóhann Jóhannsons ikonischer Arbeit an Sicario und empfiehlt sich fraglos für weitere große Aufgaben. So ist es wenig verwunderlich, dass Ritchie ihn gleich für sein nächstes Werk engagiert hat (übrigens wieder mit Statham in der Hauptrolle).
    Der Einsatz der Musik leistet folglich einen immensen Beitrag zur Atmosphäre von Cash Truck. Denn losgelöst von dem Film könnte man die Stimmung der Musik eher einem Horrorfilm zuordnen, als einem Action-Thriller - und genau das macht die Atmosphäre so unfassbar bedrohlich und abgründig.

    Neben Statham bietet Cash Truck zusätzlich auch noch weitere sehenswerte Darsteller - selbst mit noch so kurzen Auftritten. Besonders stechen dabei Jeffrey Donovan als treibende Kraft der Geldtransporter-Überfälle, Eddie Marsan (The World's End) als besorgter Vorgesetzter und Holt McCallany (Run All Night) als liebenswürdiger Macho hervor. Niamh Algar (Raised by Wolves) bleibt zwar hinter ihren Möglichkeiten, schlägt sich aber als einzige Frau im testssteronüberschäumenden Mitarbeiterstab der Geldtransportfirma aber gut. Vor allem passt die aufgesetzte toughe Art, um sich in dem Männerumfeld zu behaupten, sehr gut in das Geschehen. Dadurch hat die eine Szene, in der sie ihre weiche Seite zeigt, umso mehr Kraft.
    Doch ist sie nicht die einzige Figur mit der aufgesetzt coolen Attitüde. Denn fast alle Kollegen ihrer Figur, versuchen so besonders maskulin zu wirken. Das könnte man bei dem Film zu schnell kritisieren, doch letztendlich zeigen die Geschehnisse im weiteren Verlauf, dass die Figuren in Extremsituationen dann sehr schnell ihr Machogehabe verlieren. Somit wäre es nicht sonderlich passend, wenn der präsentierten gewollten Coolness eine Wahrhaftigkeit zugrunde läge.
    Leider wird jedoch Josh Hartnett etwas verschenkt und Scott Eastwood ist als großer Gegenspieler leider zu häufig etwas aufgesetzt. Dennoch ist es wohl die bisher beste Darbietung des ansonsten unscheinbaren Schauspielers.

    Bei all dem Lob muss man aber auch eingestehen, dass Cash Truck nicht fehlerfrei ist. Vor allem im Mittelteil, wenn Ritchie die vorangegangenen Geschehnisse beleuchtet, verliert das Werk ein wenig an Schwung. Dabei ist diese Phase alles andere als schlecht, sie fällt nur im Gegensatz zu dem extrem starken Beginn spürbar ab. Glücklicherweise steigert sich der Film zum Schlussakt hin dann noch einmal deutlich und die finale Auseinandersetzung bietet erwartungsgemäß die nötige Durchschlagskraft. Vor allem die Schießereien entwickeln dabei eine angenehme Wucht.

    © 2021 Studiocanal


    Letztendlich ist Guy Ritchie mit Cash Truck ein, trotz der Zeitsprünge, angenehm geradliniger Action-Thriller der alten Schule geglückt, der dennoch durch seine inszenatorische Raffinesse viel frischen Wind in das Genre weht. Ein enorm starker Score, ein faszinierender wie charismatischer Hauptdarsteller und eine abgründige Atmosphäre lassen ein Werk entstehen, das einen unweigerlich in seinen Bann zieht.

    Fazit


    Cash Truck ist wohl das untypischste Werk von Guy Ritchie und doch atmet es in jeder Minute seine Handschrift. Den typischen Humor des Briten wird man jedoch vergeblich suchen, denn der Action-Thriller ist vor allem eines - düster. Die kreative Inszenierung sowie der abgründige Score lassen einen unheilvollen Sog entstehen, dem man nicht entkommen kann. Dazu gesellt sich ein Jason Statham in einer seiner besten Rollen seiner bisherigen Karriere.


    8/10

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    Infos
    Originaltitel:
    Wrath of Man
    Land:
    USA
    Jahr:
    2021
    Studio/Verleih:
    Studiocanal
    Regie:
    Guy Ritchie
    Drehbuch:
    Guy Ritchie, Marn Davies, Ivan Atkinson, Éric Besnard (Original), Nicolas Boukhrief (Original),
    Kamera:
    Alan Stewart
    Musik:
    Chris Benstead
    Genre:
    Action, Thriller
    Darsteller:
    Jason Statham, Holt McCallany, Josh Hartnett, Niamh Algar, Jeffrey Donovan, Scott Eastwood, Eddie Marsan, Andy Garcia
    Start (DE):
    29.07.2021
    Start (USA):
    07.05.2021
    Laufzeit:
    119 Minuten
    FSK:
    ab 16 Jahren
    Bilder
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