Übersicht
Einleitung
Macbeth zählt zu den bekanntesten Stücken von William Shakespeare und wurde bereits zahlreich verfilmt. Angefangen bei einem Stummfilm von 1908 von J. Stuart Blackton über Orson Welles und zuletzt Justin Kurzel, der das ganze mit einem schottischen Akzent versehen hat, zu loseren Interpretationen von Geoffrey Wright (2006), der seinen Film in die Gegenwart katapultierte, sowie Akira Kurosawa, der die Geschichte in "Throne of Blood" nach Japan verfrachtete, um nur einige zu nennen - Macbeth war für Filmemacher stets interessant und ist es auch heute noch.
Auch Joel Coen, eine Hälfte der Coen-Brüder, die vor allem mit Filmen wie "No Country for Old Men", "True Grit", "The Big Lebowski" und "Fargo" von sich Reden machten, hat das Potenzial der Vorlage erkannt und eine weitere Adaption auf die Beine gestellt. Bei so vielen bereits vorhandenen Verfilmungen stellt sich immer die Frage, ob es einen weiteren Film braucht, aber dies kann man in diesem Fall vorweg eindeutig mit "ja" beantworten.

Kritik
Coen hat sich in seinem Film ganz bewusst für ein schwarz-weißes Bild entschieden, welches ihm unzählige Möglichkeiten bietet. Denn Coen spielt und arbeitet in Macbeth sehr viel mit Licht und Schatten, was bei Schwarz-Weiß besonders gut zur Geltung kommt. Zum einen hebt das seinen Film von einer Theaterproduktion ab, denn der Rest des Films versucht erst gar nicht, übermäßig real wirkende Sets zu präsentieren, sondern setzt auf kühlen Minimalismus. Man hat stets das Gefühl, dass man ein Theaterstück mit etwas besseren Kulissen sieht, was zum einen der Ursprung des Stücks von Shakespeare selbst ist, zum anderen aber auch inhaltlich eine Bedeutung hat, bezieht sich Macbeths berühmter Schlussmonolog doch auf die Welt ansich, die nicht mehr als eine Bühne ist, während wir Lebenden auch nur die Schauspieler sind, die ihre Rolle auf dieser Bühne erfüllen müssen ("Life's but a walking shadow, a poor player / That struts and frets his hour upon the stage, / And then is heard no more.").
Doch nicht nur die Kulissen erinnern ans Theater, Coen verfolgt durchweg einen sehr minimalistischen Stil, der seine Charaktere und auch den frühneuenglischen Originaltext von Shakespeare in den Mittelpunkt rückt. Hierzu hat sich Coen für kleinere Änderungen gegenüber der Vorlage entschieden, die aber kaum ins Gewicht fallen und dem Wesentlichen schnörkellos den notwendigen Raum geben. Nichts soll vom Text oder Geschehen ablenken, und die gesamte Inszenierung dient lediglich dem Text.
Coen bedient sich hier also bewusst einer gewissen Theateroptik, gleichzeitig aber ist er immer noch Filmemacher, der einen Film dreht, und hier kommt die Arbeit mit Licht und der Kamera ins Spiel. Die filmischen Elemente erinnern sehr an die Anfangszeit des Films, insbesondere das Bildformat 1,19:1 trägt dazu bei. Noch wichtiger sind im Gegensatz zur recht starren Perspektive im Theater dann aber die vielen unterschiedlichen Winkeln, Kamerafahrten und eben besagtes Licht, welches Coen hier anwendet. Licht und Schatten sind aber auch inhaltlich relevant, repräsentieren sie auch die Tatsache, dass das Böse stets nah beim Guten liegt, und das Pech oft auf Glück folgt. Letzteres passt zum sogenannten Wheel of Fortune der Elisabethanischen Zeit Shakespeares, wo man von einer grundlegenden Ordnung ausging, die sich aber auch jederzeit ändern könnte. So kann man erfolgreich sein, aber sehr schnell auch wieder vom Pech verfolgt werden, je nachdem, wonach Fortuna gerade ist.

Die Weird Sisters werden im weiteren Film jedoch auch noch anders dargestellt: Kathryn Hunter spielt gleich alle drei Hexen, zwei davon als Schatten, während Hunter in der Mitte steht. Es macht pure Freude zu sehen, wie viel frischen Wind man mit solch einer kreativen Inszenierung in dieses Stück bringen kann. In einer weiteren Szene stellt Hunter ihre Verrenkungskünste zur Schau, was ihrem Charakter eine gewisse Absonderlichkeit verleiht, so dass sich ein fremdartiges und unheimliches Gefühl beim Zuschauer einstellen kann. Doch ist diese Absonderlichkeit bei den Weird Sisters auch wichtig: Die Welt gerät aus den Fugen, nachdem die eigentliche Ordnung gestört wird. Da die Hexen diese Unordnung verursacht haben, sind sie selbst schon außerhalb dieser Ordnung und verhalten und bewegen sich anormal (siehe auch ihr Ausspruch "Fair is foul and foul is fair"). Und, ihr Name sagt es ja schon: Sie sind nun einmal weird.
Hunter kann als alle drei Hexen allerdings nicht nur optisch überzeugen, auch ihre rauchige Stimme trägt zum Grusel der Charaktere bei. Ihre Zeilen spricht sie absolut überzeugend und intensiv, aber hierzu muss auch gesagt werden, dass Hunter sogar am Londoner Globe Theatre sowie bei der Royal Shakespeare Company schon in einigen Stücken des berühmten Dichters auf der Bühne stand und sich mit der Materie also schon bestens auskennt.

Fazit
Joel Coen hat mit Macbeth einen perfekten Hybriden aus Theater und Film geschaffen und damit frischen Wind in William Shakespeares Stück gebracht. Stets der Vorlage treu, setzt der Regisseur visuell und akustisch bestimmte Schlüsselelemente in den Vordergrund. Der große Star ist die Inszenierung, denn so intensiv und auf das Wesentliche reduziert hat man Shakespeares Klassiker noch nicht gesehen. Doch auch die Darsteller liefern tolle Leistungen. Nicht nur für Shakespeare-Fans ein Highlight, sondern auch für alle, die großartige Inszenierungen und tolles Schauspiel genießen möchten.
8,5/10










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