Was geschah mit Bus 670?

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  • Einleitung


    Mexikaner, die illegal versuchen über die Grenze in die USA zu kommen, wurde in Filmen und Serien bereits zuhauf behandelt, was natürlich auch an der stetigen Aktualität der des Themas liegt. Denn nicht nur in den Unterhaltungsmedien sind die Grenzgebiete gefährliches Terrain für illegale Einwanderer, die häufig nach einem besseren Leben in der USA streben. Auch in der Realität begeben sich die Flüchtenden immer wieder in Lebensgefahr. Dabei sind es nicht nur die Menschen selbst, von denen eine große Gefahr ausgeht, sondern auch die von der Natur geschaffenen Lebensbedingungen in den kahlen Gegenden. Regisseurin und Drehbuchautorin Fernanda Valadez nahm sich mit ihrem Spielfilmdebüt Was geschah mit Bus 670? diesem Thema an und wurde mit ihrem Werk zu einem auf zahlreichen Festivals gern gesehenen Gast.

    In dem ruhigen Drama macht sich der Teenager Jesús gemeinsam mit einem Freund im Bus 670 auf die Reise zur Grenze. Als nach Monaten die Leiche seines Freundes auftaucht, macht sich die Mutter von Jesús auf die Suche nach ihrem Jungen, denn auch von ihm hat sie nichts mehr gehört. Ihre Suche führt sie in die Todeszone Nord-Mexikos, einem der gefährlichsten Orte der Welt. Im dortigen Niemandsland begegnet sie Vielen, die ihr Schicksal teilen, denn was mit Jesús passiert ist, ist kein Einzelfall. Nach und nach kommt sie der Wahrheit, was mit ihrem Sohn geschehen ist, näher.

    Als Darsteller sind die in Deutschland noch recht unbekannten Schauspieler Mercedes Hernández, David Illescas, Ana Laura Rodríguez und Juan Jesús Varela zu sehen.

    © 2022 MFA+ Filmdistribution

    Kritik


    Regisseurin und Drehbuchautorin Fernanda Valadez wählt ein sehr unaufgeregte Art, um ihre Geschichte zu erzählen. Weder große emotionale Ausbrüche, noch hektische Kamerafahrten oder gehäufte Schnitte werden geboten. Die Filmemacherin bevorzugt es lieber, die Wirkung der Geschehnisse durch lange Kameraeinstellungen und eine sich langsam aufbauende Dramaturgie zu erzielen. Doch so richtig möchte dieses Stilmittel nicht aufgehen. Zwar kann Valadez immer wieder mit beeindruckenden Bildern aufwarten, die es wert sind, dass sie lange stehen gelassen werden, damit ihre volle Pracht auch angemessen bewundert werden kann, doch stehen diesen auch immer wieder befremdlich wirkende Aufnahmen entgegen, die das Sehvergnügen merklich schmälern. Denn die Regisseurin stellt den starken weiten Landschaftsaufnahmen immer wieder durch Gegenstände, Personen oder Räumlichkeiten stark eingeschränkte Bildausschnitte entgegen. Das spiegelt zwar die Sicht der Protagonistin wieder und soll den Zuschauer in eine ähnlich unsichere Wissenslage versetzen, doch geht diese Rechnung nur leider zu selten auf. In vielen Augenblicke ist es einfach anstrengend diese krampfhaften Bildarrangements anzuschauen. Aber selbst die geöffneten Motive wissen wahrlich nicht immer zu überzeugen. Denn auch deren Bedeutungsschwere wird einem viel zu offensichtlich aufgelastet, sodass ein Genuss zu häufig schwer fällt.
    Und auch die langen Kamerafahrten tragen eigentlich nie etwas zur Atmosphäre bei. Man erwischt sich viel mehr dabei, diese immer wieder zu hinterfragen, da einfach darüber zu wenig erzählt wird. Deren Wirkung wäre ganz bestimmt merklich anders, wenn ein emotionaler Bezug zu den Figuren aufgebaut werden könnte.

    Doch leider offenbart sich an dieser Stelle der wohl schwerwiegendste Kritikpunkt von Was geschah mit Bus 670? - die Darstellung der Figuren. Der zentrale Angelpunkt, Magdalena, die Mutter des verschwundenen Jungen, die sich auf die beschwerliche Suche nach ihm macht, wird von Mercedes Hernández viel zu distanziert verkörpert, sodass kaum eine emotionale Bindung zu ihr aufgebaut werden kann. Ihr Schmerz, ihre Verzweiflung, ihre Verlorenheit überträgt sich nahezu gar nicht. Folglich fällt es ungemein schwer mit ihr mitzufiebern, was bei der fast schon phlegmatischen Inszenierung zu einer vorherrschenden Trägheit der Erzählung führt. Spannung baut sich so trotz der beklemmenden Thematik nicht auf.
    Auch wenn die Art der Darbietung von Hernández nicht wirklich aufgeht, so ist sie dennoch die wohl einzige Darstellerin im Ensemble, bei der man von einer Schauspielerin reden kann. Denn der Nebencast kommt mit seiner Leistung über ein laienhaftes Niveau zu keinem Zeitpunkt hinaus, was fast durchgängig den Zugang zur Geschichte verhindert. Denn das Gesehene wirkt so zu eigentlich keinem Zeitpunkt greifbar.

    © 2022 MFA+ Filmdistribution


    Valadez entscheidet sich spürbar bewusst dazu, einem distanzierten Erzählstil zu folgen, was sich auch an dem spärlich eingesetzten Score zeigt. Doch anstelle einer allumfassenden bedrückenden Stimmung, macht sich eine schwirrende Langeweile breit. Allerdings gelingt es der Filmemacherin im letzten Akt sich noch einmal aufzubäumen und präsentiert eine überraschende wie atmosphärisch dichte Auflösung.

    Fazit


    Was geschah mit Bus 670? ist fraglos bemüht und gut gemeint, aber so richtig funktionieren möchte das Werk von Fernanda Valadez einfach nicht. Anstatt, dass die ruhige Erzählweise, die langen Kamerafahrten und die bedeutungsschweren Bilder eine bedrückende Stimmung kreieren, verbreiten sie leider vornehmlich Langeweile. Das ist ganz besonders dem Umstand geschuldet, dass man einfach keinen emotionalen Zugang zu den Figuren bekommt. Zumindest ein starker Schlussakt kann den Film noch ein Stück aufwerten.


    4/10

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    Infos
    Originaltitel:
    Sin señas particulares
    Land:
    Mexiko
    Jahr:
    2020
    Studio/Verleih:
    MFA+ Filmdistribution
    Regie:
    Fernanda Valadez
    Drehbuch:
    Astrid Rondero, Fernanda Valadez
    Kamera:
    Claudia Becerril Bulos
    Musik:
    Clarice Jensen
    Genre:
    Drama
    Darsteller:
    Mercedes Hernández, David Illescas, Ana Laura Rodríguez, Juan Jesús Varela
    Start (DE):
    10.02.2022
    Start (USA):
    25.01.2021
    Laufzeit:
    95 Minuten
    FSK:
    ab 12 Jahren
    Bilder
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