John Wick: Kapitel 4

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  • Einleitung


    Als Titelheld des 2014 erschienenen Films John Wick meldete sich Keanu Reeves eindrucksvoll zurück und lieferte den Start einer der erfolgreichsten Actionfilmreihen unserer Zeit ab - und setzte sich dank der herausragenden Actionszenen ein Denkmal in den Actionfilm-Geschichtsbüchern. Zum bereits vierten Mal und mit fast 60 Jahren kehrt Reeves nun ein weiters Mal in der Rolle zurück.

    In John Wick: Kapitel 4 eröffnet sich für den titelgebenden Auftragskiller eine Möglichkeit, seinen Namen rein zu waschen und somit nicht mehr gefühlt von jedem Auftragskiller auf der Welt gejagt zu werden. Doch muss er sich auf dem Weg dorthin noch mit reichlich Gegenspielern auseinandersetzen.

    Zum Cast von John Wick 4 zählen unter anderem Donnie Yen (Ip Man), Hiroyuki Sanada (Mortal Kombat), Laurence Fishburne (Matrix), Shamier Anderson (Stowaway), Bill Skarsgård (Es), Ian McShane (American Gods), Clancy Brown (The Mortuary), Scott Adkins (Undispited 2), Lance Reddick (The Guest) und natürlich wieder Hauptdarsteller Keanu Reeves (Gefährliche Brandung).

    Die Regie übernahm, wie bereits gewohnt, der Ex-Stuntman und ehemalige Stunt-Choreograph Chad Stahelski.

    © 2023 Leonine

    Kritik


    Die John Wick-Reihe gehört für viele Zuschauer zu den besten Actionfilmreihen aller Zeiten. Durchgestylte Kulissen, herausragend choreographierte Actionszenen, angenehm kompromisslos inszeniert gepaart mit einem sympathischen Hauptdarsteller in einer faszinierenden Subkultur von Profikillern haben der Reihe massenhaft treue Fans verschafft. Aber auch bei Kritikern kamen diese Zutaten stets gut an. Nachdem überrumpelnd phantastischen ersten Teil, bei dem alles noch sehr frisch daherkam, konnte man den Nachfolgefilmen dennoch ein paar Dinge vorwerfen. In Teil 2 und Teil 3 kamen bei den ausufernden Schießereien doch hin und wieder Ermüdungserscheinungen auf, die Nebenfiguren, bis auf Laurence Fishburnes Part, die ab Teil 2 eingeführt wurden, blieben blass und die Antagonisten teilweise erschreckend nervtötend und aufgesetzt. Dazu gesellt sich ein mehr und mehr aufkommendes Overstyling bei den Kulissen, sodass diese häufig zwanghaft inszeniert wirkten. Ähnlich verhält es sich bei der zunehmend konstruiert wirkenden Welt der Auftragskiller. Dennoch blieben die Actionszenen stets das Non-Plus-Ultra im derzeitigen Hollywood-Actionkino. Ein großen Anteil daran hatte natürlich der Regisseur und ehemalige Stuntman Chad Stahelski, der der Reihe seit dem ersten Teil treugeblieben ist.

    Bei John Wick: Kapitel 4 und seiner Laufzeit von exzessiven 169 Minuten könnte man meinen, dass gerade die Ermüdungserscheinungen bei den Actionszenen endgültig Oberhand nehmen. Doch weit gefehlt, denn Teil 4 ist wahrlich ein audiovisuelles Fest in nahezu allen Belangen und mausert sich überraschenderweise spielend zum stärksten Franchisebeitrag seit Teil 1. Nicht nur gelingt es der bereits dritten Fortsetzung, fast alle weiter oben benannten Schwächen der Vorgänger zu tilgen, er kommt auch noch ungemein kreativ und abwechslungsreich in nahezu allen Aspekten daher. Ganz besonders die Ortswechsel tun dem Werk ungemein gut, da Stahelski jeder neuen Location seine unverwechselbare individuelle Note aufdrückt. Ob in der arabischen Wüste, im farbendurchfluteten Osaka Japans, im durchgestylten Nachtleben Deutschlands Berlin oder aber in der klassisch stilvollen Welt von Frankreichs Vorzeigestadt Paris, jede Stadt, jede Szenerie hebt sich spürbar von den anderen ab und schenkt dem Zuschauer so immer wieder etwas zum Staunen. Ein essentieller Nebeneffekt dabei ist natürlich, dass die episodenhafte Erzählung so die Laufzeit wie im Flug vergehen lässt. Wenn dann noch die abermals rasanten und wahrlich reichlichen Actionszenen hinzukommen, spürt man die fast drei Stunden Laufzeit in keinem einzigen Moment. Lediglich in Osaka ist die ausufernde Schießerei einen My zu lang geraten, was aber beileibe Kritik auf ganz hohem Niveau ist. Denn Osaka bildet dennoch das erste große Highlight. Das dortige Continental begeistert nicht nur in seiner Kombination von Moderne und Klassik und sorgt so für den ersten großen visuellen Höhepunkt, auch die dort eingeführten Figuren rund um den Manager Shimazu, der gewohnt großartig von Last Samurai-Szenendieb Hiroyuki Sanada verkörpert wird, und seiner Tochter Akira, die durch die Darstellung von Popstar Rina Sawayama ebenfalls ein nicht zu verkennendes Profil erlangt. Die Vater-Tochter-Beziehung ist nicht nur dezent verspielt geschrieben, die beiden Darsteller können auch von einer tollen Chemie zwischen einander zehren. Die von Shimazu vertretenen Ehrenkodexe stehen dann auch noch über den strikten Regeln der Kammer, was seine Figur umso sympathischer macht. So braucht es auch nicht vieler Worte, um die Verbindung zwischen John Wick und dem japanischen Manager zu etablieren, wenn Sympathieträger Keanu Reeves auf den ebenso angesehenen Sanada trifft.

    Und die kugeldurchtränkten Auseinandersetzungen lassen dann auch nicht lange auf sich warten. Verlaufen diese physischen Konflikte noch streckenweise nach bewehrten John Wick-Muster, abgesehen von der Eröffnung mit unter anderem Pfeil und Bogen, wird gleich der nächste Höhepunkt etabliert – Martial Arts-Star Donnie Yen. Sein blinder Caine sorgt mit seiner visuellen Einschränkung für frischen Wind in den Actionszenen, da die Art und Weise, wie die Kämpfe gestaltet sind, sich von den gängigen Choreographien abheben. Doch die wahre Stärke ist Yen selbst. Die Physis des in diesem Jahr 60 werdenden Actionstars wiederspricht jeglichen natürlichen Gesetzen. Der Kampfsportler lässt mit seinen Bewegungen trotz seines hohen Alters selbst dreißig Jahre jüngere Kollegen wie Anfänger aussehen. Mit einer Geschwindigkeit, einer einnehmenden Körperlichkeit und akrobatischen Selbstverständlichkeit prügelt und schießt er sich durch seine Gegner, dass es nur so eine Freude ist. Darüber hinaus bekommt seine Figur auch noch eine schöne Motivation geschrieben, die in Verbindung mit der gemeinsamen Vergangenheit mit Wick dem Charakter eine gewisse emotionale Tiefe verleiht.

    © 2023 Leonine


    Das stilvolle Paris bietet neben einer phantastischen Sequenz am Kreisverkehr des Place Charles-de-Gaulle mit seinen acht Spuren nicht nur ein nervenaufreibendes, logistisch eindrucksvoll choreographiertes Actionpiece, die Stadt bietet dazu noch reichlich malerische Kulissen, vor denen immer wieder reichlich Blut vergossen wird. Doch auch wenn mal keine physische Gewalt vorherrscht, lässt es sich Stahelski nicht nehmen, fast schon dekadent opulente Szenen zu komponieren. Das gipfelt in einer ellenlangen Kamerafahrt an den teils pompösen Gemälden des Louvre entlang, bei denen man den einmal mehr toll aufgelegten Ian McShane bei seinem Gang zum großen Widersacher Marquis begleitet. Das Ganze ist nicht einfach nur gehörig dick aufgetragen, es ist visuell auch einfach nur ein Genuss, bei dem man aus dem Grinsen nicht herauskommt.

    Eine der eindrucksvollsten Phasen findet John Wick 4 überraschenderweise aber in Deutschlands Hauptstadt Berlin. Noch nie hat es ein amerikanischer Regisseur geschafft die Stadt so stylisch einzufangen wie Stahelski. Ganz besonders der Club mit den zahlreichen Wasserfällen macht ordentlich etwas her. Doch sind es nicht die Kulissen, die den größten Eindruck hinterlassen, sondern ein kaum wiederzuerkennender Scott Adkins in einem Fatsuit. Den Gangster mit Hang zum Pokern verkörpert der Kampfsportler mit so viel Spielfreude, dass er in seinem kurzen Auftritt locker Hauptbösewicht Bill Skarsgård die Show stiehlt. Ganz besonders wenn es dann auch noch zur Auseinandersetzung zwischen Keanu Reeves und Adkins kommt, zeigt sich der geniale Kniff, einen erfahrenen Kampfsportler in den Fatsuit gesteckt zu haben. Denn der besonders für seine Darstellung des Yuri Boykas aus der Undisputed-Reihe bekannte Darsteller überträgt nicht nur seine fraglos beeindruckenden körperlichen Fähigkeiten in seine übergewichtige Figur, sondern passt sie im gewissen Maße auch an dessen Körperlichkeit an. So bekommen seine Schläge und Tritte eine ungemeine Durchschlagskraft und doch sind es dann die akrobatischen Einlagen, die Dank der Gegensätzlichkeit besonders viel Freude beim Zuschauen machen. Doch auch bereits die vorausgehende Pokerrunde zwischen Reeves, dem von Shamier Anderson gespielten Tracker und den beiden sich bereits aus Ip Man 4 kennenden Yen und Adkins ist eine spannungsgeladene und gleichauf unterhaltsame Angelegenheit, die von Adkins enthusiastischer Performance lebhaft dominiert wird.

    Den absoluten Actionhöhepunkt bekommt man dann in einer aus der Vogelperspektive, in einem One-Shot gedrehten Schießerei in einem heruntergekommenen Haus. Nicht nur ist die Szene überwältigend gut choreografiert wie gefilmt, sie bietet mit der neuartigen Munition, die von Wick genutzt wird, auch reichlich durchschlagende Wucht. Aber auch kurz vor dem Showdown wird mit einer phantastisch umgesetzten Szene, die eine wirklich lange Treppe beinhaltet, noch ein weiters zu erwähnendes Highlight geboten.

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    Wie man merkt, bekommt man bei John Wick: Kapitel 4 reichlich vorgesetzt, bei dem man aus dem Schwärmen nicht mehr herauskommt. Und dennoch gibt es ein wenig zu kritisieren. Auf der einen Seite wird auch hier wieder das, was die Figuren so wegstecken an Verletzungen oder Stürzen, zu sehr auf die Spitze getrieben, die kugelsicheren Anzüge und ihre Nutzung wirken teilweise etwas unfreiwillig komisch und die Dialoge hin und wieder nichtssagend. Das größte Manko dürfte aber die Motivation von John Wick sein, die trotz der zahlreichen Verluste in seinem Umfeld bis zum Ende etwas schleierhaft bleibt.
    Das alles ändert trotzdem nichts daran, dass das Actionherz fast drei Stunden lang auf Hochtouren schlägt.

    Nicht nur wirkt das visuelle Styling in Teil 4 deutlich organischer, als in den beiden Teilen davor, es sind ganz besonders die Figuren, die den Film von diesen Teilen abheben. Ob die zahlreichen Neuzugänge oder aber auch gewohnte Gesichter wie der stets charismatische Laurence Fishburne oder das heimliche Herz der Reihe, der leider gerade erst verstorbene Lance Reddick, sie alle geben dem Film einen Charme, den die Reihe seit Teil 1 etwas verloren hatte.

    Fazit


    John Wick: Kapitel 4 ist ein brachiales Actionfeuerwerk, das die Maßstäbe von Actionfilmen in Hollywood noch einmal ganz neu setzt. Chad Stahelski schafft ästhetisch sein bisheriges Meisterwerk, aber ganz besonders die Figuren heben sich von den Vorgängern deutlich ab. Da verzeiht man die inhaltlichen Schwächen und den ein oder anderen inszenatorischen Fehlgriff allzu gerne.


    8/10

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    Infos
    Originaltitel:
    John Wick: Chapter 4
    Land:
    USA
    Jahr:
    2023
    Studio/Verleih:
    Lionsgate / Leonine
    Regie:
    Chad Stahelski
    Drehbuch:
    Shay Hatten, Michael Finch
    Kamera:
    Dan Laustsen
    Musik:
    Tyler Bates, Joel J. Richard
    Genre:
    Action
    Darsteller:
    Keanu Reeves, Donnie Yen, Bill Skarsgård, Shamier Anderson, Ian McShane, Laurence Fishburne, Hiroyuki Sanada, Rina Sawayama, Lance Reddick, Scott Adkins, Clancy Brown
    Start (DE):
    23.03.2023
    Start (USA):
    24.03.2023
    Laufzeit:
    169 Minuten
    FSK:
    keine Jugendfreigabe
    Bilder
    • John-Wick-Kapitel-4-01.jpg

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