hab ihn (naja, genau genommen sinds ja meist zumindest in fernsehausstrahlungen zwei teile: 1900 - gewalt, macht, leidenschaft und 1900 - kampf, liebe, hoffnung) einmal gesehen. eine wirklich beeindruckende besetzung, ein film von wahrhaft epischem ausmaß, aber doch seeehr, seeehr lang. vielleicht war ich nicht in der stimmung, vielleicht mag ich bertolucci einfach nich so, vielleicht wars die recht gemächliche, für uns heutzutage doch oft langatmig wirkende erzählweise... keine ahnung. hatte 1900 mal bei arte aufgenommen, aber inzwischen schon lange wieder überspielt.

Ich finde den Film einfach großartig. Nur wenige Regisseure schaffen das so wie Bertolucci Geschichte spannend rüber zu bringen. Der Film ist kein wenig trocken und lässt einen lebendig an den Wurzeln von Kommunismus und Faschismus teilhaben, als sei man selbst dabei gewesen. Zu lang war er für mich überhaupt nicht. Im Gegenteil, ich war am Ende des ersten Teils so gefesselt, dass ich es nicht abwarten konnte und mir den zweiten sofort hinterher gegeben habe. Von der Überlänge hab ich nicht viel gemerkt. Es ist auch kein Film, den man jeden Tag sieht. Vielleicht einmal im Jahr zu besonderen Anlässen und mit der nötigen Ruhe, kann man sich ihn auf jeden Fall mal wieder geben.

Und Hut ab an De Niro und Depardieu, dass sich zwei renommierte Darsteller wie die beiden für eine Rolle vor der Kamera die Latte kneten lassen ist sehr mutig und verdient Respekt. Das sind noch "Method Actors", wie sie im Buche stehen.

Es gibt episch - und dann gibt es Filme, die einfach zu lang sind. 1900 ist Letzteres - ein ausgeufertes Eitelkeitsprojekt, das irgendwann auf der Strecke von 5 Stunden und 13 Minuten Laufzeit das Ziel aus dem Blick verloren hat und nicht mehr wusste, worum es ihm eigentlich ging.

Ja, die Besetzung ist großartig, auch wenn ich den Sinn dahinter nicht verstehe, amerikanische Superstars wie De Niro und Sutherland zu casten, wenn man den Film dann doch auf italienisch präsentiert und die Schauspieler synchronisieren lässt. Ja, das Setting ist bildhübsch - aber irgendwie langweilig gefilmt. Ja, wir begleiten Charaktere von jungen Jahren bis ins hohe Alter vor dem Hintergrund wichtiger historischer Ereignisse - was egentlich jeden Nerv bei mir treffen sollte, aber hier fehlt mir einfach jegliche Verbindung zu den Charakteren, so dass ich mich emotional hätte investieren können. Und ja, da gibt es Themen von einem großartigem Aufstand einer unterdrückten Gesellschaft gegen die Tyrannen - aber der Film verpasst es irgendwo, die Revolution spüren zu lassen und verliert sich stattdessen in karikaturistische Bösewichte und exzessive und oftmals unnötige Sexszenen (und einer merkwürdigen Besessenheit an Geschlechtsteilen von Kindern - wie Bertolucci hier drauf gehalten hat, kann doch nicht erst nach 1979 problematisch geworden sein). Und wer Probleme damit hat, wenn Tiere gequält werden (für Unterhaltungszwecke auf so schamlose Art auf Film verewigt ), der sollte um den Film vielleicht ebenfalls einen Bogen machen - Bertolucci zeigt hier relativ wenig Hemmungen. Das ist snuff, das so tut, als hätte es höhere Ansprüche. Für mich gibt es keine künstlerische Begründung, die sowas rechtfertigen kann.

1900 tut so, als wäre es ein Epos, aber dazu gehört nun mal mehr, als nur die Länge von drei regulären Filmen zu haben. Dem Film fehlt was - etwas, das unter die Haut geht, das einen fühlen und spüren lässt. Das Ausmaß dieser zeitlichen Spanne, die der Film umschließt, und der Zerfall einer so langen Freundschaft wie zwischen Alfredo und Olmo sollte von Tragik und Melancholie gezeichnet sein und wenn es davon was zu spüren gab, ging dieses Etwas leider komplett an mir vorbei. Wenn ich mal Once Upon a Time in America als den offensichtlichsten Vergleich heranziehe, dann wundert es mich nicht, warum heute kein Mensch mehr über 1900 spricht. Der Film schmiert in so gut wie allen Belangen gegen den Leone-Film - ein wahres Epos - einfach ab.