Metropolis

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    Es gibt 54 Antworten in diesem Thema. Der letzte Beitrag () ist von Data.

      Erinnert sich noch jmd. an die Doku im Anschluss der Metropolis-Ausstrahlung bei arte? da war doch von so einem Haus die Rede, das in den 20er erbaut wurde, mit so einem futuristischen Baustil...wißt ihr vllt. wie das heißt oder von wem erbaut? hab schon die janze Zeit google bemüht.

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      Zum 93. Geburtstag dieses Meisterwerkes


      - Metropolis

      Deutschland war einstmals das kreative Zentrum der filmschaffenden Welt. Das Nazi-Regime und dessen Finger auf allem, was mit Individualismus zu tun hatte, hat diesem Ruf ein jähes Ende gesetzt und das Schwergewicht ist ab diesem Zeitpunkt mehr und mehr Richtung Hollywood gerückt. Wäre das so oder so passiert? Gut möglich. Aber wenn man sich Filme wie Metropolis anschaut, die vor Dreistheit und Ambitionen beinahe platzen, fällt es einem schwer, nicht nachdenklich zu werden, was hätte sein können.

      Der Magnus Opus von Fritz Lang aus dem Jahre 1927 ist ein wahres Vermächtnis an diese Ära, als Filmemacher noch dabei waren, zu realisieren, was im Format der bewegten Bilder alles möglich war. Es war außerdem ein ausuferndes Projekt, das über 17 Monate gedreht wurde und geschätzte 5,3 Millionen Reichsmark gekostet hat. Wenn man die Inflation berücksichtigt, dann entspricht das einem heutigen Äquivalent von ca. $200 Millionen, per iMDB. Und die Kritikerstimmen im Anschluss daran waren verheerend. Zu albern, zu sentimental, zu naiv sei die Vision von Metropolis. Außerdem zu lang. Und so wurde der Film um große Stücke geschnitten und landete in einer höchst verstümmelten Version in den Kinos. Viel von dem herausgeschnittenen Filmmaterial galt lange Zeit als verloren und über die Jahre wurden viele Versuche gestartet, den Film wieder in seine Originalform zurückzubringen. Dies gelang zu 95%, als der Film 2010 fast komplett restauriert und mit zusätzlichem Filmmaterial versehen, das in einem Museum in Buenos Aires gefunden wurde, gezeigt werden konnte.

      Und diese Version präsentierte zum ersten Mal das unverfrohrene, atemberaubende Epos, das Fritz Lang ersonnen hatte, in seiner ganzen Größe. Der Science-Fiction-Film erzählt die Geschichte der Stadt Metropolis im Jahre 1927. Der Erbauer der Stadt, Joh Fredersen, blickt mit Herablassen auf die Arbeiter nieder, die tief, tief unter der Metropole leben und knechten müssen. Sein Sohn Freder ist bestürzt über das Verhalten seines Vaters und möchte zusammen mit Maria, einer Heiligen für die Arbeiter, die Brücke zwischen den Klassen schlagen und die zwei Gesellschaften miteinander verbinden.

      Ich habe den Film und diese Fassung gestern Abend zum ersten Mal gesehen und habe unmittelbar zwei Dinge, die ich bereue: Ich habe ihn nicht früher gesehen. Und ich habe ihn nur auf meinem 55“-Fernseher betrachtet. Der Film ist wahrlich ein Fest für die Sinne: Ihn als visuell beeindruckend zu bezeichnen, wird der Sache nicht gerecht. Das Art-Design ist von so unglaublicher Schönheit und die Set-Bauten von einer solchen Pracht, dass man gar nicht weiß, wo man hinschauen soll, mit so vielen Details ist das Aussehen des Films fast schon überflutet. Der futuristische Look, der Einflüsse New York Citys und der Gothik miteinander verbindet, bietet ein wahrlich originelles und markantes Aussehen, das Metropolis zu einem der am schönsten aussehenden Science-Fiction-Filme werden ließ, die ich je gesehen habe. Der Film ist visuell so einzigartig, dass er die beinahe 100 Jahre seit seiner Entstehung ohne Einschnitte überstanden hat. Es ist immer nicht ganz einfach, sich zu überwinden und tatsächliche in dieser Zeit entstandene Stummfilme anzusehen – vor allem, wenn sie eine Laufzeit von 150 Minuten aufweisen -, aber dieser herrlichen Üppigkeit an visueller Extravaganz gegenüberstehend, vergisst man diese persönlichen Vorbehalte doch recht schnell.

      Der komplexe Plot beinhaltet auch einen Erfinder namens Rotwang, der den berühmten Maschinenmenschen kreiert hat, welchen der alte Joh dazu missbrauchen möchte, um die Unterwelt-Klasse zum Aufstand zu manipulieren. Es mag eines der berühmtesten Bilder des Filmes sein – dem es an ikonischen Aufnahmen sicherlich nicht mangelt -, als er seiner Erfindung das Gesicht der Heiligen Maria gibt, die fortan den Willen ihrer Gefolgsleute beeinflusst. Der Film – dessen biblische Referenzen bis dahin schon oberflächlich vorhanden waren – geht von da an in eine beinahe schon epische Schlacht über, die tausende Komparsen und hochkomplexe Bilder der Zerstörung involvierte.

      Die Message des Filmes – und ich wage zu behaupten, dass es das war, woran sich viele Kritiker ursprünglich störten - mag in Anbetracht dieser Extravaganz simpel und beinahe schon einfältig wirken. Freder ist das symbolische Herz zwischen Hirn und Hand und nachdem alle Beteiligten am eigenen Leib erfahren haben, wo all der Missmut, die Überheblichkeit und der Hass hinführen, ist er endlich in der Lage, den Frieden zwischen den beiden herzustellen. Es mag naiv sein, aber es ist eine Botschaft, die sich der Film hart erarbeitet und redlich verdient hat und die heute vielleicht noch aktueller ist, als sie es zum Zeitpunkt der Entstehung des Filmes war.

      Es dauert manchmal, bis man den richtigen Zeitpunkt findet, um sich gewisse Filmklassiker anzusehen. Die Liste ist lang und die Abarbeitung erfordert Zeit und in gewissen Fällen auch die notwendige Stimmung, um die Motivation aufzubringen. Aber die Zögerlichkeit war dann schnell überwunden und ja: Metropolis ist wahrlich ein ausgesprochen wichtiger Film, der nicht nur Maßstäbe gesetzt und im Anschluss etliche Filmemacher weltweit beeinflusst hat, sondern der auch für den einfachen Zuschauer leicht zugänglich ist, weil er schlichtweg umwerfend toll aussieht, spannend inszeniert ist und einen Plot und Protagonisten bietet, in die man sich emotional investieren kann. Ein wahrlich großartiger Film, der zum Träumen anregt und zu besseren Taten motiviert.
      "I think there should be visuals on a show, some sense of mystery to it, connections that don't add up. I think there should be dreams and music and dead air and stuff that goes nowhere. There should be, God forgive me, a little bit of poetry." - David Chase
      Eine wunderbare Kritik, die ungemein Lust macht, sich Metropolis ( der zwar seit vielen Jahren auf meiner Liste der noch zu sehenden Filme steht, aber dessen Erstsichtung ich seit ebenso vielen Jahren vor mir herschiebe ) endlich einmal anzuschauen. :)

      Aber wie du es ja auch schon selbst geschrieben hast: Es ist leider immer nicht ganz einfach sich für einen Film so weit zurückzubegeben. Es ist ja schon heutzutage eine gewisse Umstellung einen schwarz/weiß Film zu sehen und bei einem Stummfilm aus besagter Zeit fällt die Umstellung dann noch einmal etwas größer aus. Einige weitere hochgelobte Stummfilme, wie etwa Die Nibelungen ( 1924 ), Napoleon ( 1927 ), Sonnenaufgang ( 1927 ), Hexen ( 1922 ) usw. schlummern aus diesem Grund auch noch auf der erwähnten Liste ohne das es bisher zu einer Sichtung gereicht hat. :/

      Snow schrieb:

      Eine wunderbare Kritik, die ungemein Lust macht, sich Metropolis ( der zwar seit vielen Jahren auf meiner Liste der noch zu sehenden Filme steht, aber dessen Erstsichtung ich seit ebenso vielen Jahren vor mir herschiebe ) endlich einmal anzuschauen. :)

      Aber wie du es ja auch schon selbst geschrieben hast: Es ist leider immer nicht ganz einfach sich für einen Film so weit zurückzubegeben. Es ist ja schon heutzutage eine gewisse Umstellung einen schwarz/weiß Film zu sehen und bei einem Stummfilm aus besagter Zeit fällt die Umstellung dann noch einmal etwas größer aus. Einige weitere hochgelobte Stummfilme, wie etwa Die Nibelungen ( 1924 ), Napoleon ( 1927 ), Sonnenaufgang ( 1927 ), Hexen ( 1922 ) usw. schlummern aus diesem Grund auch noch auf der erwähnten Liste ohne das es bisher zu einer Sichtung gereicht hat. :/


      Ich finde tatsächlich nicht mal, dass es eine Umstellung ist. Es ist (bei mir zumindest) manchmal eher eine Überwindung, so Filme einzulegen. Die Umstellung bzw. Eingewöhnung in solche Filme, geht dann für gewöhnlich recht flott. Woher diese Blockade kommt, weiß ich nicht mal genau, denn mir sagen Filme von Fritz Lang eigentlich zu (ich vergöttere beispielsweise M - Eine Stadt sucht einen Mörder). Liegt's also vielleicht wirklich nur am Stummfilm? Der Expressionismus, der mit dieser Typ Film einherkommt, sorgt natürlich schon für ungewohnte Bilder und Einstellungen.

      Keine Ahnung. Man sollte sich vielleicht nicht so viele Gedanken vorab machen, ob es einem gefallen könnte, sondern einfach ins kalte Wasser springen.
      "I think there should be visuals on a show, some sense of mystery to it, connections that don't add up. I think there should be dreams and music and dead air and stuff that goes nowhere. There should be, God forgive me, a little bit of poetry." - David Chase
      Ich habe ihn auch vor mehreren Jahren gesehen, müsste bei arte gewesen sein. Ja, er ist lang. Sehr lang. Aber ich glaube, genau dafür wurde das Kino damals gemacht. Und wenn man bedenkt, wie viel Story und Tiefgang da drin ist, obschon hauptsächlich visuell gearbeitet wird. Ich bin auch davon überzeugt, dass sich Terry Gilliam bei Brazil sehr von Metropolis inspirieren ließ.

      Es ist Kunst. Kann ich nicht immer schauen, muss man Bock drauf haben, aber es ist schon eine Erfahrung.

      Emily schrieb:

      Ich bin auch davon überzeugt, dass sich Terry Gilliam bei Brazil sehr von Metropolis inspirieren ließ.


      Ja, davon gehe ich auch aus.

      Selbiges kann man übrigens ja auch über Scott und Blade Runner sagen ( dass Scott sich, was die städtische Kulisse betrifft, von Metropolis inspirieren ließ ). :thumbup:

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Snow“ ()

      ...und der Maschinenmensch hat das Aussehen von C3PO beeinflusst. George Lucas hat das wohl selbst mal bestätigt (gut möglich allerdings, dass er das zwischnzeitlich auch mal wieder dementiert hat. Weiß man bei ihm ja nie so recht, was offiziell ist und was nicht).

      Der Look von Metropolis hat Science-Fiction-Filmemacher über Generationen hinweg beeinflusst. Zu recht. Es war ja nicht nur der erste abendfüllende Spielfilm aus diesem Genre (oder zumindest einer der ganz frühen davon), sondern gleichzeit einer, der seine futuristische Vision so bedinungslos komplettiert hat. Jedes Detail, jede Straße, jede Kleidung - das alles stand nicht abgeschottet und in einer Blase für sich, nur um cool auszusehen. Alles hat sich in ein Gesamtbild eingefügt und das macht den Look dieses Films so vollkommen und ausgereift und in sich schüssig.

      Kunst, ja. Aber man muss es nicht studiert haben und zu bemerken, dass das, was man sieht, einfach stimmt und schön ist.
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      Quelle: firstshowing.net/2022/watch-fr…-colorized-in-4k-quality/

      In 5 Jahren gehört der Film nochmals ins Kino gebracht und zwar nicht nur in 1, 2 deutschen Kinos, welchen es thematisch gerade ins Programm passt.
      Zuletzt gesehener Film

      Und wieder ist Freitag der 13. (USA 1982)

      8/10

      Sehr massive Eindrücke von Genie Fitz Lang. Zeitgleich filmhistorisch bedeutender Input. Metropolis sollte man gesehen haben. Im wahrsten Sinne des Wortes inspirierend. Viel kann man der ausführlichen Kritik von @Data eigentlich nicht mehr hinzufügen. Sich mal eben auf den Stil expressionistischer Stummfilme einzulassen - in aller ihrer Theatralik im Schauspiel - ist nicht ohne, doch in der richtigen Stimmung, mit genug Zeit und Geduld, zahlt sich Metropolis absolut aus. Und das nicht nur zum Zwecke, vergangene, bedeutende Kunst zu erforschen, sondern auch als Unterhaltung im eigentlichen Sinne. Unglaublich, dass dieses riesige und aufwändige Werk knapp hundert Jahre alt sein soll. Gespickt mit Gesellschaftskritik und Mahnung berichtet Metropolis über Manipulation und Ausbeutung binnen einer erschreckenden Dystopie, die aber hoffen lässt. Brigitte Helms Schauspiel in "beiden" Rollen hat mir sehr imponiert. Irre, welch Aufwand hinter diesen ganzen Kulissen und Modellen gesteckt haben muss. Allein der Einsatz der unzähligen Komparsen. Fulminant inszeniert und seiner Zeit voraus.






      Bavarian schrieb:

      Sehr massive Eindrücke von Genie Fitz Lang. Zeitgleich filmhistorisch bedeutender Input. Metropolis sollte man gesehen haben. Im wahrsten Sinne des Wortes inspirierend. Viel kann man der ausführlichen Kritik von @Data eigentlich nicht mehr hinzufügen. Sich mal eben auf den Stil expressionistischer Stummfilme einzulassen - in aller ihrer Theatralik im Schauspiel - ist nicht ohne, doch in der richtigen Stimmung, mit genug Zeit und Geduld, zahlt sich Metropolis absolut aus. Und das nicht nur zum Zwecke, vergangene, bedeutende Kunst zu erforschen, sondern auch als Unterhaltung im eigentlichen Sinne. Unglaublich, dass dieses riesige und aufwändige Werk knapp hundert Jahre alt sein soll. Gespickt mit Gesellschaftskritik und Mahnung berichtet Metropolis über Manipulation und Ausbeutung binnen einer erschreckenden Dystopie, die aber hoffen lässt. Brigitte Helms Schauspiel in "beiden" Rollen hat mir sehr imponiert. Irre, welch Aufwand hinter diesen ganzen Kulissen und Modellen gesteckt haben muss. Allein der Einsatz der unzähligen Komparsen. Fulminant inszeniert und seiner Zeit voraus.


      Wie wahr. Der Film lief mal vor ein paar Jahren wieder im Kino - kann ich nicht mehr genau erinnern, was der Anlass war, aber vielleicht war es ja die Fertigstellung der Restauration. In jedem Falle habe ich den Besuch versäumt und tja... bereue es bis heute noch. Metropolis hat mehr als 100 Jahre auf dem Buckel ... und sieht heute noch so aus, dass er einfach für die große Leinwand gemacht ist und dort hingehört.
      "I think there should be visuals on a show, some sense of mystery to it, connections that don't add up. I think there should be dreams and music and dead air and stuff that goes nowhere. There should be, God forgive me, a little bit of poetry." - David Chase