Apocalypse Now (Francis Ford Coppola)

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    Es gibt 132 Antworten in diesem Thema. Der letzte Beitrag () ist von Black.

      - Apocalypse Now (Kinofassung)

      "The horror. The horror."

      Zwei Worte. Unendliche Bedeutungen. Mit ihnen endet Apocalypse Now – mit einem Flüstern des Schreckens, welches auf seltsame Art und Weise das längste Echo hat. Sie sind gesprochen von Kurtz, einem Wahnsinnigen, der diesen Horror zuerst erlebte und ihn dann selbst verursacht hat. Denn das war der Vietnamkrieg: Der blanke Horror. Einer der unmenschlichsten Kriege des letzten Jahrhunderts. Ja, sie sind alle unmenschlich, aber Vietnam – mit seiner Vermeidbarkeit, seinen unsinnigen Manövern, den Massenvernichtungswaffen, die heute noch ihren schrecklichen Stempel auf eine ganze Generation der südostasiatischen Region drücken -, hat einen besonders widerwärtigen Beigeschmack. Die Bilder dieses Krieges lösen auch heute noch Gänsehaut, Traurigkeit, Übelkeit, Verlorenheit aus über die schrecklichen Taten, zu denen der Mensch in der Lage ist. Es war, im wahrsten Sinne des Wortes, ein lebendig gewordener Alptraum.

      Ob es das war, was Kurtz gemeint, oder ob es der Wahnsinn war, der in seinem Kopf vorging – das bleibt wohl der Interpretation des Zuschauers überlassen. Aber Himmel, hat Marlon Brando diesen letzten Akt des Films geprägt mit seiner Artikulation, seiner Aussprache, der Wahl seiner Garderobe, seiner Maske, seinem Haarschnitt. Apocalypse Now ist ein großartiger Film, wurde aber durch seinen Auftritt zu einem für die Ewigkeit.

      Kurtz ist ein Colonel in der U.S. Army, der Geheimdienstberichten nach wahnsinnig geworden ist und einen Guerillakrieg gegen die vietnamesischen Truppen führt. Er kommandiert eine Armee eingeborener Kambodschaner, die ihn als eine Art Halbgott verehren. Captain Willard wird von der Armee und der CIA damit beauftragt, Kurtz aufzuspüren und zu töten. Die Mission ist streng geheim und führt ihn flussabwärts über die Grenze nach Kambodscha, tiefer und tiefer in den Dschungel und in die Abgründe der menschlichen Seele.

      Die Kinofassung von Apocalypse Now läuft 148 Minuten und ist die kompakteste, dichteste Version der drei bekannten Schnittfassungen. Francis Ford Coppolas berühmt-berüchtigter schwieriger Dreh seines Kriegsepos‘ hat angeblich über 300 Kilometer Film produziert, dabei mehrere Sets zerstört und Martin Sheen – damals erst 36 Jahre jung – wegen eines massiven Herzinfarkts fast das Leben gekostet. Apocalypse Now ist ebenso sehr die Geschichte eines Filmemachers, der sich in den Wahnsinn trieb, wie es der Film über einen der wahnsinnigsten Kriege ist.

      Sheen spielt den passiven Beobachter mit einer Unterkühlung und Teilnahmslosigkeit, die seine Figur schwer greifbar macht. Seine zugekniffenen Augen, die kalkulierend in die Ferne starren, lassen schwer erraten, ob er die Konfrontation mit seinem Ziel nicht sogar tatsächlich herbeisehnt. Was um ihn herum geschieht – die wilden, unüberschaubaren Kriegsschauplätze, das unbarmherzige Abschlachten von Zivilisten, die Unberechenbarkeit der tropischen, fremden Natur – ist krank genug, so dass er als der ruhige Pol dem Zuschauer zwischen all den Explosionen und Feuergefechten die notwendige Verschnaufpause gibt. Er studiert seinen anvisierten Feind über Fotografien, briefliche Korrespondenz und Geheimdienstberichte und verliert sich fortlaufend immer mehr in dessen Gedankenwelt und Ideologie.

      Coppolas Fokus schmälert sich zunehmend mit dem immer enger werdenden Flussbett, von epischen Kriegsschauplätzen hin zu einem kleinen Raum in einer Tempelruine, wo die letzte Konfrontation stattfindet. Die immer plastischer werdenden Orangetöne in der Farbgebung, der fortlaufend schizophrener werdende Score, die Off-Kommentare von Willard, die zunehmend mit seinem Feindbild sympathisieren, spiegeln nicht nur Willards (und im weiteren Sinne Kurtz’s) mentalen Zerfall wider, sondern auch den aller Soldaten in diesem Krieg, der mehr und mehr chaotisch und orientierlos wirkt, mit Kriegsführern, die keinen Plan hatten und Offizieren, die zunehmend brutaler und unmenschlicher agierten. Während The Deer Hunter zeigt, was der Krieg mit dem einzelnen Menschen macht, zeigt Apocalypse Now, welche wahnsinnigen Ausmaße er auf einer größeren Skala annimmt. Es ist ein geschicktes Drehbuch, das diese Metapher auf die wirren und xenophobischen Gedankengänge einer Persönlichkeit heruntergebrochen hat, die eigentlich in zwei Charakteren existiert, welche zunächst an unterschiedlichen Fronten stehen und sich mit fortlaufender physischer Annäherung auch mental immer ähnlicher werden.

      Wie die besten Kriegsfilme ist auch Apocalypse Now mehr als nur das Genre, zu dem er sich zählt. Er erforscht die Psychologie der Charaktere und des Krieges und er beginnt ohne Studiologo und Filmtitel und endet ohne Abspann, was seine alptraumhafte Natur nochmals unterstreicht, denn dies impliziert, dass der Horror endlos ist, ohne Anfang und ohne Schluss. Es ist Coppolas krönender Abschluss einer scheinbar unaufhaltsamen Erfolgskette, die er in den 1970ern genoss, die 1972 mit dem ersten Godfather begann und die das New Hollywood-Kino mitbegründete, das im Zeichen der künstlerischen Kontrolle stand und als die Studios mehr bereit denn ja waren, großen Namen carte blanche zu gestatten. Apocalypse Now ist ein beeindruckendes Testament, womöglich Coppolas Magnus Opus (wir werden sehen, ob er sich mit Megalopolis nochmals zu toppen vermag) und es ist gleichzeitig einer der besten und verstörendsten Filme über den Vietnamkrieg, die es gibt. Und es mangelt in diesem Genre wahrlich nicht an Konkurrenz.
      "I think there should be visuals on a show, some sense of mystery to it, connections that don't add up. I think there should be dreams and music and dead air and stuff that goes nowhere. There should be, God forgive me, a little bit of poetry." - David Chase

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Data“ ()

      Eben den Final Cut beendet, und der Film ist schon ein Erlebnis besonders wenn man ihn dann am Beamer schaut, ich glaube auch erst auf einer großen Leinwand kommt der Film richtig zur Geltung. Dabei hatte ich den Film eigentlich nicht ganz so gut in Erinnerung, er wirkte auf mich damals irgendwie etwas schwerfällig was vielleicht auch daran liegt das ich ihn das erste mal vor 20 Jahren in der Redux Fassung gesehen habe. Und man gerade für diesen Film dann auch in der richtigen Stimmung sein muss, zumindest ist der Final Cut ein guter Kompromiss zwischen der Kinofassung und der Redux Version.

      Das Intro mit den Doors ist jedenfalls großartig, und es gibt wohl keine andere Band die besser die Stimmung dieses Filmes transportiert da wirkten die Rolling Stones schon fast eher störend, der Film ist eher wie ein Fiebertraum wo es für die Charaktere kein erwachen gibt. Und "Apocalypse Now" ist auch heute noch kein einfacher Film aber trotzdem ein Meisterwerk und für mich auch der beste Film von Francis Ford Coppola.

      Das R. Lee Ermey hier im übrigen auch mitspielt habe ich erst jetzt erkannt.
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      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „GrafSpee“ ()

      GrafSpee schrieb:



      Das Intro mit den Doors ist jedenfalls großartig, und es gibt wohl keine andere Band die besser die Stimmung dieses Filmes transportiert da wirkten die Rolling Stones schon fast eher störend, der Film ist eher wie ein Fiebertraum wo es für die Charaktere kein erwachen gibt.


      Ich genieße das Intro immer sehr. Das ist einfach eine gewaltige Atmosphäre mit der Musik, den Bildern, dem Ventilator, der zum Helikopter wird. So viel Wucht dahinter.
      Der Final Cut versprüht bald wieder Napalm in den deutschen Kinos!

      Am 07. März 2023 bringt Studiocanal Apocalypse Now im Final Cut im Rahmen der Best Of Cinema-Reihe für einen Tag zurück ins Kino (in 4K restauriert). Deutschlandweit nehmen verschiene Kinos teil - auf Deutsch und mitunter in OmU.

      Quelle: schnittberichte.com/ticker.php?ID=11138

      Wo genau das preisgekrönte Meisterwerk von Coppola läuft, das erfährt man hier.
      "Man geht schon ein Risiko ein, wenn man morgens aufsteht, über die Straße geht und sein Gesicht in einen Ventilator steckt!"

      Olly schrieb:

      Der Final Cut versprüht bald wieder Napalm in den deutschen Kinos!

      Am 07. März 2023 bringt Studiocanal Apocalypse Now im Final Cut im Rahmen der Best Of Cinema-Reihe für einen Tag zurück ins Kino (in 4K restauriert). Deutschlandweit nehmen verschiene Kinos teil - auf Deutsch und mitunter in OmU.

      Quelle: schnittberichte.com/ticker.php?ID=11138

      Wo genau das preisgekrönte Meisterwerk von Coppola läuft, das erfährt man hier.


      Bei mir in der Nähe auf jeden Fall. Werde aber passen, weil schon 2x im Kino gesehen.

      Klingt verlockend, den Film erstmals auf der Leinwand zu sehen, aber da es sich hier inzwischen schon beinahe betreffend der unterschiedlichen Schnittfassungen wie bei Scotts anderem Film Blade Runner verhält ( Blad Runner hat, glaube ich, 5 Schnittfassungen und Apocalypse Now 3 ) und ich insbesondere den Redux Cut als gelungendste Fassung erachte, werde ich hier passen.

      Der Film macht es mir wahrlich nicht einfach, wenn ich ehrlich bin. Einerseits ist er für mich ein phantastischer Film über die Psyche und die Abründe der Menschen, andererseits beinhaltet er auch ein paar Längen, die mir das Sehvergnügen immer bisschen trüben. Die erste Hälfte finde ich irgendwie schon grandios. Der Einstieg in diese kaputte Welt, konnte natürlich nicht besser gewählt werden als mit "The End" von den Doors. Ein weiters Highlight, ist der ganze Part um Robert Duvall und seinem Faible für surfen. Sehr abgedreht, und hervorragend umgesetzt und gefilmt.
      Da ich die Redux-Version gesehen habe, die mit 200min Spielzeit auch ein echter Brocken ist, reißen mich dann der zweite Playboy-Bunnie-Part und speziell der Franzosenpart doch ein ganzes Stück aus dem Film raus. Hier erkenne ich keinen Mehrwert in der Geschichte um ehrlich zu sein. Fühlt sich für mich immer wie eine Art Lückenfüller an, speziell das französische Aufeinandertreffen. Der Schlussakt taucht dann wieder vollends in die kaputte Psyche ab und Marlon Brando ist extrem gut als Col. Kurtz und seiner völlig abgedrifteten Persönlichkeit.

      Alles in allem, landet er bei mir so bei ca 6,5 / 10 Punkte
      Na @The Fiend hat da nicht ganz unrecht, das zweite Treffen mit den Playboy-Mädels fand ich bei meiner Sichtung des Redux auch total befremdlich und besonders die Szene im Helikopter wirkte einfach nur dermaßen befremdlich. Das Treffen mit den Franzosen war einfach noch eine Nebenhandlung mehr, die aber auch keinen Mehrwert hatte.

      Ich bin auch kein großer Fan von Apocalypse Now und bin bis heute der Ansicht, dass mindestens ein Teil seines Legenden-Status durch die katastrophalen Dreharbeiten begründet ist. Ich fand den Film eher langweilig und man kann ihn so zusammenfassen: "Soldat fährt Fluss rauf, um anderen Soldaten zu töten"