Die Rechnung ging nicht auf (Stanley Kubrick)

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      Die Rechnung ging nicht auf (Stanley Kubrick)

      Die Rechnung ging nicht auf (The Killing)




      Originaltitel: The Killing
      Genre: Krimi | Drama | Thriller |
      Kinostart USA: 20. Mai 1956
      Kinostart BRD: 27. November 1956
      Produktionsland: USA
      Länge: 85 Min.
      Regie: Stanley Kubrick
      Drehbuch: Stanley Kubrick, Jim Thompson
      Buchvorlage: Clean Break (Lionel White)
      Produktion: James B. Harris
      Musik: Gerald Fried
      Kamera: Lucien Ballard
      Info | Trailer: IMDb | nytimes


      Cast:

      Sterling Hayden (Johnny Clay), Coleen Gray (Fay), Vince Edwards (Val Cannon), Jay C. Flippen (Marvin Unger), Elisha Cook (George Peatty), Marie Windsor (Sherry Peatty), Ted de Corsia (Randy Kennan), Joe Sawyer (Mike O'Reilly)

      Story:
      Als er nach fünf Jahren Alcatraz in die Freiheit entlassen wird, plant Johnny Clay zusammen mit seinem Freund Marvin Unger bereits den nächsten großen Coup. Sie wollen die Kasse einer Pferderennbahn ausrauben und erhoffen sich davon rund zwei Millionen Dollar Beute. Um den Raubüberfall ausführen zu können, brauchen sie weitere Helfer. Die finden sie in dem Rennbahn-Kassierer George Peatty, der von seiner geldgierigen Frau Sherry betrogen wird, in dem hoch verschuldeten Polizisten Randy Kennan und in Mike O'Reilly, der als Barkeeper im Hippodrom arbeitet und dringend Geld für die Behandlung seiner schwer kranken Frau braucht. Am Tag des Überfalls läuft zunächst alles planmäßig: Clay kann das Geld an sich bringen und unerkannt entkommen. Weder er noch seine Komplizen ahnen zu diesem Zeitpunkt, dass Sherry Peatty ihr Vorhaben ihrem Geliebten Val Cannon verraten hat. Die Folgen sind fatal...

      Quelle: arte.tv

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      Kritik:
      Film noir trifft auf Heist-Movie. Zunächst einige Kritikpunkte: Der Film parzelliert sich in Plan und Ausführung eines Raubzuges. Leider veranschlagt die Vorbereitung auf den großen Coup nach meinem Geschmack zu viel Zeit (etwas mehr als die Hälfte des Filmes), die Einführung handelnder Personen greift zu weit und wirkt innerhalb eines sehr komplexen Puzzles, das erst sehr viel später enträtselt werden will, auf mich ungemein spannungshemmend, trotz (für die 50er Jahre) stilistischer Unkonventionalitäten wie der nicht chronologischen Erzählstruktur und Perspektivwechseln, die zwar einen gewissen Reiz versprühen, aber von moderneren Regisseuren wie Tarantino, dessen Anleihen stilistischer Elemente für Reservoir Dogs unübersehbar sind, ihrer Einzigartigkeit längst beraubt wurden. Einzig Abwechslung verspricht 'Femme Fatale' Sherry Peatty, die durch ihre Intriganz die gesamte Planung zu kippen droht.

      Bis sich einmal alle losen Storyfäden zu einem stimmigen Schlussspurt verknüpfen, erscheint die Handlung verdächtig trivial, deswegen verdienen die präzise gestrickten Charaktere des Perfektionisten Kubrick vllt. noch einer weiteren Betrachtung. Aber das ist nicht Gegenstand dieser Kritik. Gegen Ende entwickelt sich noch einmal ein rasanter Thriller mit grandiosem Schlusseffekt und einem etwas abrupten, aber sinngemäßen Ende, das ganz im Zeichen des schwarzen Humors und Kubricks Zynismus steht.

      Technisch gut gemacht mit brillanter Kameraführung und schnellen Schnitten, darstellerisch mit vielen unbekannten Gesichtern auf einem guten Niveau:
      Marie Windsor, unflätige 'Femme Fatale', und Elisha Cook, Ehemann und Versager, spielen ihre Rollen sehr überzeugend.

      Fazit: gut durchdachter Thriller/Heist-Movie, der bereits früh den künstlerischen Anspruch Kubricks beschreibt, als reine Kunstform aber meine Geduld etwas überstrapaziert. Realistisch, nüchtern, experimentell. Kubrick.

      7/10

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      - The Killing

      Sechs Männer. Zwei Millionen Dollar. Und ein Plan, um an diese Stange Geld zu kommen.

      Stanley Kubrick war 1956 ein junger Filmemacher, der auf die 30 zuging und noch immer versuchte, einen Namen aus sich zu machen. Ein Antikriegsdrama und ein Noir Crime-Film gingen diesem Heist voraus, der auf einer Geschichte von Lionel White basierte und den er zusammen mit Jim Thompson in Drehbuchform brachte. The Killing markierte auch Kubricks erste Zusammenarbeit mit Produzent James B. Harris, mit dem er noch zwei weitere Male zusammen arbeiten sollte.

      Dabei erzählt The Killing die Geschichte von Johnny Clay, einem alten Ganoven, der plant, eine Pferderennbahn auszurauben, um sich mit den Erlösen und seiner Verlobten im Ausland niederlassen zu können. Ein genialer Plan involviert eine Reihe an Kollaborateuren und der Erfolg hängt voll und ganz davon ab, dass jeder einzelne Teilnehmer sich genau an seine Aufgaben hält und nicht davon abweicht.

      So kompromisslos wie der Plan selbst, ist der Film auch erzählt. Er stürzt sich ohne Zeit zu verlieren direkt in's Geschehen. Ein anonymer Erzähler aus dem Off legt die Fakten dar, wenn immer eine lange Exposition zwischen den Charakteren zu viel Raum einnehmen würde. Was den Heist so raffiniert macht, ist nicht nur, dass man dem Film anmerkt, was für eine Affinität sein Macher für das Schachspiel hat und wie er für jedes Ereignis fünfzehn Schritte vorher geplant hat, sondern dass das Gelingen oder Scheitern des Unterfangens auch voll und ganz davon abhängt, wie verlässlich die Charaktere agieren und ihrem zugeteilten Auftrag folgen. Zu oft verlässt sich der gemeine Heistfilm darauf, wie clever konstruiert der Plan ist, weswegen ein Rückschlag dann oft falsch und unauthentisch wirkt. The Killing jedoch legt alle notwendigen Bausteine für das Ende schon früh in seiner Narrative, weswegen die Ereignisse organisch und realistisch wirken, weil sie voll und ganz der menschlichen Schwachstelle der Charaktere geschuldet sind.

      Zeichnete sich Kubrick bei Killer’s Kiss noch für die brillante Kameraarbeit Eigens verantwortlich, wurde ihm von der Cinematographer‘s Guild für diesen Film untersagt, diesen Part selbst zu übernehmen. Lucien Ballard wurde angeheuert, mit dem Kubrick während der Dreharbeiten oft und lautstark zusammenstieß. Ein Visionär und künstlerischer Purist, war die volle kreative Kontrolle für Kubrick der einzige Weg zum Erfolg und so ging er bereits bei The Killing keine Kompromisse ein und hat seinem Kameramann daher zuweilen sogar mit Entlassung gedroht, sollte er nicht bekommen, was er wollte.

      Stanley Kubricks Regie ist unglaublich dynamisch und flexibel, das pacing gönnt sich keine Verschnaufpause und der Schnitt schenkt dem Zuschauer immer wieder einen neuen Twist und eine neue Überraschung. Die Besetzung ist so erhaben, wie sie versatil ist. Sterling Hayden gibt eine fesselnde Performance als der getriebene Anführer der Gruppe und sein niedergeschlagener Blick, der den Film mit einem hundsgemeinen Ende so eindrucksvoll abschließt, hat fast schon etwas Wehmütiges an sich. Doch es sind Elisha Cook Jr. und Sherry Peatty als die femme fatale, die den Stereotyp schon damals auf den Kopf zu stellen drohte, die für mich das kleine Highlight in diesem großartigen Ensemble darstellten.

      The Killing dürfte Kubricks erstes, wirkliches Meisterwerk sein. Wer seine Filmographie kennt, wird wissen, dass es an diesen wahrlich nicht mangelt. Er ist sicherlich keiner seiner oft Genannten und heiß Diskutierten. Aber für mich ist er einer seiner perfekten und großartigen Filme.
      "I think there should be visuals on a show, some sense of mystery to it, connections that don't add up. I think there should be dreams and music and dead air and stuff that goes nowhere. There should be, God forgive me, a little bit of poetry." - David Chase

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