Verblendung (David Fincher)

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    Es gibt 416 Antworten in diesem Thema. Der letzte Beitrag () ist von Bavarian.



      Fincher ist in den letzten Jahren in meine Top 5 aufgestiegen. Ich schätze die chirurgische Genauigkeit und Ästhetik als enorm hoch und unverkennbar ein. Zusammen mit Kirk Baxter und Angus Wall am butterfeinen Schnitt wie Trent Reznor und Atticus Ross an den Synthesizern steht jedes einzelne Mal ein Gesamtwerk an Detailarbeit an.

      Verblendung ist eines der Bücher, die es nicht wert sind verfilmt zu werden. Das fängt bei den nulldimensionalen Figuren an, zieht sich über banale Who done it?-Story und endet in trivialer Gesellschafts- und Wirtschaftskritik. Allerdings ist es ganz schön blöd, das Schwedens Winterlandschaft immer gut für Krimis ist, und Krimis in Winterlandschaften meist düster und schwer sind. Zwei völlig gegensätzliche "Ermittler" wecken erst recht die Neugier und der Stempel von Fincher macht es auch nicht besser.

      Umso mehr ist es erstaunlich, das Steven Zaillian ein solch knackiges und fast perfekt gestauchtes Script bietet, welches alle Negativfaktoren ausblendet und sich auf die wahren Stärken besinnt. Das gewohnt hohe Erzähltempo schafft es alle Höhepunkte zusammen zu fassen und sogar Änderungen vor zu nehmen, die stimmiger wirken als es das Buch vermitteln konnte. Rooney Mara darf mit Lob und Tadel überschüttet werden, tolle intensive Performance. Grundlegend ist jede Position sicher und hochkarätig besetzt.

      Und das dieses hochgelobte Intro! Ja, es ist toll. Visuell ansprechend, musikalisch perfekt untermalt. Der tieferen Sinn erschloss sich allerdings erst nach Hintergrundrecherche. Sieht man trotzdem nicht alle Tage.

      Schlussendlich bin ich überzeugt - der Schnitt, die perfekt platzierten Bilder, der unruhige Soundtrack - sie ergeben ein stimmiges und atmosphärisches Ganzes, was nicht einen der besten Thriller bedeutet, aber einen der bestaussehenden.

      8,6 / 10
      Nun auch (endlich!) den letzten mir unbekannten David Fincher-Film gesehen. Und was soll ich sagen? The Girl with the Dragon Tattoo schließt sich qualitativ nahtlos an den Großteil von Finchers-Filmographie an und kann mit unaufgeregter, aber dennoch spannender Erzählweise punkten. Hinzu kommen die ruhigen Szenen, die ungemein viel Atmosphäre und Anspannung versprühen, inszeniert im typischen Fincher-Stil. Grandios auch wieder der Spannungsaufaub, der meist sehr subtil war und dennoch oder gerade deshalb seine volle Wirkung entfalten konnte. Daniel Craig spielte gewohnt gut, aber vor allem Rooney Mara hat mir klasse gefallen, die ihre Rolle der Lisbeth Salander mit sehr viel Hingabe spielte.

      Schade, dass es hier nie zur Fortsetzung kam und Fincher auch die beiden anderen Romane hätte verfilmen können. Wie nah der Film an der Vorlage ist, kann ich leider nicht sagen, da es schon zu lange her ist, dass ich die Bücher gelesen habe. Aber ich werde mich jetzt wohl auch mal an den schwedischen Filmen versuchen.


      8,5/10
      :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :halbstern: :stern2:
      Mein Filmtagebuch



      „I think storytelling is all about children. We human beings love to hear stories being told - and it first happens when you're a kid.“
      - David Chase

      Nach meiner Kritik an Craig als Bond in Casino Royale folgt nun das Lob für seine Darstellung des Reporters in der Stieg Larsson-Verfilmung. Daniel Craig macht eine tolle Figur und harmoniert mit seiner Darbietung großartig mit Rooney Maras starker Performance. Generell ist David Fincher mit seinem Thriller ein beklemmendes und mitreißendes Werk geglückt, das optisch, atmosphärisch, darstellerisch und dramaturgisch zu überzeugen weiß. Bereits mit der überragenden Titelsequenz holt der Regisseur den Zuschauer ab und bringt ihn in die richtige Stimmung. Einzig die Auflösung empfand ich als wenig überraschend. Doch das wirkt sich auf das Gesamtbild nur wenig aus, vor allem, da der Film dann wieder mit einem traurigen aber starken Ende überzeugt. Bei der gelungenen Adaption und der tollen Chemie der beiden Hauptdarsteller, hätte ich mich über eine Fortsetzung sehr gefreut.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „ElMariachi90“ ()

      Wenn es darum geht finsterste Thriller mit ihrem ganz eigenen verzwickt-vernetzten Trauma zu schaffen, dann ist David Fincher unschlagbar, auch heute noch. Das Original ist gut und sehenswert. Im Grunde kann man nicht mehr rausholen. Es sei denn man heißt Fincher und ist sichtlich gut drauf und bemüht richtig einen auszuholen. Praktisch in allen Belangen dem Original überlegen zelebriert Fincher wieder einen Thriller voller Kälte, der sogar die Hitze in einer verdammt heißen Mai-Nacht schwinden lässt. Normalerweise stehen und fallen Filme mit ihrem Drehbuch, hier würde ich sogar behaupten es ist die ganz spezielle und sichere Regie eines wahren Meisters, die ein eher beschaulich ausgestattetes Script überragt. Spannend und voller Tücker marschiert der Film voran und bietet beste Thriller-Unterhaltung. Selbst Daniel Craig mit einer sauguten Vorstellung, das gibt es auch nicht alle Tage zu sehen. Plummer und Skarsgård sicher wie eh und je und schön mal wieder den legendären Steven Berkoff in einer durchaus gewichtigen Rolle zu sehen. Das Highlight ist klar Rooney Mara. In der dürfte sich das Publikum sofort verschossen haben. Das musikalische Intro vielleicht eines der besten der Filmgeschichte. Da rockt die Bude und zeigt auch die ganze Klasse eines brillanten Musikvideo-Regisseurs, der dem Herrn sei Dank sich entschieden hat auch Filme zu drehen.

      Verdammt schade, dass ein Sequel aus wohl diversen Gründen nie gekommen ist. Fincher der glatt seinen eigenen Film fortsetzt, das wollte vermutlich jeder sehen. Dafür bekamen wir das völlig belanglose Reboot von Fede Álvarez Jahre später. Und auch demnächst wird es wohl wieder weitergehen. Das ganz große Highlight der ganzen Millennium-Adaptionen ist freilich diese Verfilmung.

      9 / 10 Nazis in der Nachbarschaft
      "Man geht schon ein Risiko ein, wenn man morgens aufsteht, über die Straße geht und sein Gesicht in einen Ventilator steckt!"
      Finchers Neuverfilmung von Verblendung ist auf alle Fälle ein Guter. Den direkten Vergleich mit dem schwedischen Original kann ich kaum anstellen, da meine Erinnerungen etwas trübe sind. Damals mochte ich die Millennium-Trilogie aber.

      Das Werk überzeugt mit seinem starken Hauptdarsteller-Duo, der typisch pedantischen Fincher-Inszenierung und einer reifen Grundatmosphäre. Die knackige Überlänge fällt nicht negativ ins Gewicht, da die Story voll an spannenden Inhalten ist. Vielleicht sogar zu vielen. Insbesondere auffällig ist, dass das ermittelnde Duo bereits sehr markante Storys mit in den Kriminalfall bringt (woraus man theoretisch eigene Filme hätte machen können) und sich nicht nur in Form des Ermittlungsprozesses entfaltet. Diese starke Präsenz der vorausgehenden Storylines (Ausbeutung/Missbrauch und ein in Ungnade gefallener Journalist) fordern jedoch zeitlich ihren Tribut, sodass man Whodunit-technisch nicht in die Tiefe gehen kann, kaum falsche Fährten legt, sondern lediglich einige Personen in den Raum stellt. Und eine aus dem präsentierten Figuren-Pool ist es halt dann. Da fuchst sich das Drehbuch kaum rein. Ebenfalls bleibt die sich entwickelnde Connection zwischen Craig und Mara eher grob. Was schade ist, da dort immens viel Komplexität schlummert. Doch man kann halt nicht alles haben. Dazu hätte es wohl zwei Verblendungs-Teile gebraucht.

      Zwar wirkt Akt Nr. 3 ein wenig gehetzt stellenweise, beherbergt aber dann doch wieder 1A-Thrill-Passagen. Den Aufbau und die Ausführung dieser beherrscht Fincher einfach grandios. Er verarbeitet einige ihm bekannte Muster, wie z. B. den religiösen/biblischen Antrieb für Schandtaten. Auch über die beiden Hauptdarsteller hinaus punktet der Film mit einem ganz wunderbaren Ensemble, wobei die Wucht in Rooney Mara´s Darbietung herausstechen kann. Fincher vereint zudem sehr flüssig modernes Hacking mit altmodischer Spurensuche.

      Und dann wäre da noch die Eröffnungssequenz. Fincher beweist hier seine durchaus bewundernswerten Musikvideokünste eindrucksvoll und offensichtlich erzählt dieses Intro ebenso eine bedeutende Geschichte. Dramaturgisch fügen will sich das in meinen Augen aber nicht so richtig. Aber dennoch: Erfolgreich geflext.

      Insgesamt ein absolut sehenswerter Film, der seine Rasanz, ohne mit der Wimper zu zucken, über seine lange Laufzeit halten kann. Qualitativ würde ich ihn exakt im Mittelfeld von Finchers Filmografie einsortieren.






      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Bavarian“ ()

      -=Zodiac=- schrieb:

      Habe gerade keine Quelle mehr. Aber die Intros wurden immer von anderen Leuten kreiert. Natürlich dürfte Fincher da viel vorgegeben haben. Wollte es aber nur mal erwähnen. Das hatte ich mal in Interviews gelesen.

      Jein. Fincher macht als Regisseur die Vorgaben, was er haben will - und dann kümmern sich die VFX-Leute drum. Spannend ist in diesem Fall eben, dass die Titelsequenz von den Blur Studios stammt, die sehr lebensnahe Cinematics ("WoW", "Halo Remastered", "Love, Death & Robots", etc.) machen. Der VFX-Director bei dieser Sequenz (Fincher also untergeordnet aber verantwortlich fürs Intro) war Tim Miller (Regisseur von "Deadpool" und "Terminator: Dark Fate"). Fun Fact: Finchers Richtungsvorgabe für Miller lautete: "Imagine James Bond if he was a 22-year-old bisexual cutter"

      Hier gibts ein Making-Of dazu: ew.com/article/2012/02/21/osca…dragon-tattoo-came-to-be/

      "You're fighting a war you've already lost."
      "Well, I'm known for that."

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „GregMcKenna“ ()

      Grandiose Opening Sequenz (besser wie die meisten Bond-Aufmacher), der den kühlsten Fincher-Film ankündigt. Aufgrund der mittlerweile erfahrenen Handschrift Finchers ein Stück besser als das Original. Eine Schande, dass man ihn nie weitermachen ließ. Die Millennium-Trilogie fand ich ja bis auf Teil 1 leider sehr schwach.
      "Man geht schon ein Risiko ein, wenn man morgens aufsteht, über die Straße geht und sein Gesicht in einen Ventilator steckt!"

      Bavarian schrieb:

      Insgesamt ein absolut sehenswerter Film, der seine Rasanz, ohne mit der Wimper zu zucken, über seine lange Laufzeit halten kann. Qualitativ würde ich ihn exakt im Mittelfeld von Finchers Filmografie einsortieren.


      Ich fand den ja auch ziemlich reizvoll und fesselnd. Auch erst dieses Jahr (meine ich?) mal wieder gesehen und der Film macht alles richtig, wo andere Film aus der selben Kerbe (für mich) manchmal scheitern. So zum Beispiel auch mit Hinblick auf die Komplexität des Falles und der Hintergründe der Familienkonstellationen (bei zu viel name dropping während langer Expositionen verlieren mich Filme manchmal). Ob ich der Story die Auflösung abkaufe - weiß nicht - aber das ist dann wohl auch eher der Vorlage geschuldet (nehme ich an). Atmosphärisch, farblich, vom Kameraspiel und selbst was die rohe Gewalt und das, was @GregMcKenna wahrscheinlich den Vulgarismus nennen würde, angeht, machen The Girl With The Dragon Tattoo für mich zu einem richtigen Hingucker. Wahrscheinlich hast du in deiner Analyse recht, keiner seiner ganz Großen. Aber eines seiner versteckten Highlights, bei denen ich dazu tendiere, zu vergessen, dass es ihn gibt - und dann froh und überrascht bin, wenn ich zwischen seinen mehr diskutierten Filmen nochmals so einen rohen Diamanten finde. Schade, dass man ihn die Sequels nie hat machen lassen.
      "I think there should be visuals on a show, some sense of mystery to it, connections that don't add up. I think there should be dreams and music and dead air and stuff that goes nowhere. There should be, God forgive me, a little bit of poetry." - David Chase
      Ja denn der zweite Teil war alles was der erste war nicht. Allein diese endlose und hanebüchende Sniper Szene hat bei mir nur Kopfschütteln ausgelöst. Die kameraufnahmen und die ganze Atmosphäre hat nichts mehr vom ersten Teil. Auch das fehlen von craig trägt nicht dazu bei das der Film besser wird. Schade.

      Filme nicht nur sehen sondern lesen
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      -=Zodiac=- schrieb:

      Habe gerade keine Quelle mehr. Aber die Intros wurden immer von anderen Leuten kreiert. Natürlich dürfte Fincher da viel vorgegeben haben. Wollte es aber nur mal erwähnen. Das hatte ich mal in Interviews gelesen.


      GregMcKenna schrieb:

      Finchers Richtungsvorgabe für Miller lautete: "Imagine James Bond if he was a 22-year-old bisexual cutter"


      Danke euch für die Ergänzungen. Vielleicht nicht derselbe Wortlaut, aber so ähnliche Assoziationen hatte ich im Kopf herumspuken. :D

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      Und ja, Ich fand die Eröffnungssequenz an sich schon auch sehr stark, jedoch kündigte dieses Intro nicht unbedingt den Vibe an, der dann im Film präsentiert wurde. Das meinte ich mit "dramaturgisch nicht fügen". Ist freilich kein Muss und man kann gewisse Elemente ja auch bewusst stilistisch "deplatzieren", jedoch schätze ich persönlich Anfangssequenzen im Film - welcher Natur auch immer - die mich auf das vor mir Liegende stimmungsmäßig vorbereiten.

      Jedoch optisch sehr gelungen, keine Frage. Und ja, ich geb´s zu. Ich bin kein Fan davon, Songs der vielleicht großartigsten Rockband aller Zeiten zu remixen. Aber das ist nochmal ein anderes Thema. :D

      Neben der visuellen Stärke auch inhaltlich interessant, wie abstrakt hier der bedrückende Lebensweg von Lisbeth und ihr damit verbundener Wandel inszeniert wird.

      Data schrieb:

      So zum Beispiel auch mit Hinblick auf die Komplexität des Falles und der Hintergründe der Familienkonstellationen (bei zu viel name dropping während langer Expositionen verlieren mich Filme manchmal).


      Die Hintergründe der ganzen Familie fand ich auch spannend, jedoch hätte sich das Skript noch ein bisschen mehr in die Verdächtigen hineinsteigern können, um das Whodunit anzupeitschen. Mag sein, dass das nie die Ambition war, da man dann ja sowieso etwas alternative Story-Wege einschlägt. Die Erwartungen wurden bei aber schon ein wenig geweckt (eine Insel, verschiedene Häuser mit ihren Bewohnern bzw. potenziellen Tätern), dass ich mehr zum Miträtseln animiert werde. Aber es war halt sehr viel an Input da. Familientechnisch, aber natürlich auch darüber hinaus. Wie gesagt, zwei Teile zu "Teil 1" wären zumindest rein in der Theorie absolut möglich gewesen in meinen Augen. Und an denkbaren Cliffhanger-Möglichkeiten hätte es keineswegs gemangelt. ^^ Wiederum hat man hier aber einen unglaublich schnellen und kurzweiligen 160-Minüter, was natürlich eine extrem beachtliche Leistung ist.

      Data schrieb:

      Atmosphärisch, farblich, vom Kameraspiel und selbst was die rohe Gewalt und das, was @GregMcKenna wahrscheinlich den Vulgarismus nennen würde, angeht, machen The Girl With The Dragon Tattoo für mich zu einem richtigen Hingucker.


      Absolut.