Death Stranding (Kojima, Reedus)

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    Es gibt 123 Antworten in diesem Thema. Der letzte Beitrag () ist von Burning.

      Man nehme steifes, monotones und nerviges Gameplay und addiere eine sehr starke und umfangreiche Story sowie die vielleicht filmreifste Inszenierung, welche die Videospielgeschicht je gesehen hat. Was daraus resultiert? Ein hin und her gerissener Bavarian, der zu unkonventionellen Mitteln greifen muss, die gegen jeglichen Gamer-Kodex und gegen jegliche Zocker-Ethik verstoßen. Ich war mit mir am Hadern, doch ich habe mich nach ca. 30-40% Spielzeit wehmütig dafür entschieden, das Game abzubrechen und als Let´s Play zu verfolgen. Ich konnte mich einfach nicht mehr aufraffen, zumal es schon mein zweiter Anlauf mit Kojimas Werk war. Dann lieber so als garnicht, dachte ich mir. Und ich bereue es keinesfalls.

      Death Stranding. Ein für mich schwaches "Spiel", aber ein großartige Serie.

      Zwinkernde Babypuppen. Bisschen Cthulhu. Monster Energy Dosen. Und die fiesesten Regenbögen der Geschichte.

      Death Stranding ist wahrlich etwas ganz besonderes geworden. Aber um mich mal direkt dem Negativen zu widmen: Ich wurde um´s Verrecken nicht mit dem Gameplay warm. Konzeptionell klingt das Geschehen durchaus interessant und erfrischend anders. Pakete in einer dystopischen Welt ausliefern, eine Mann versus Natur-Erfahrung, fordernde und schwere Arbeit, mit effektivem Belohnungseffekt, dazu meditative Musik und genug Zeit, über Story, Figuren und Lore zu reflektieren. Das klingt für mich auf dem Papier bestens, doch in der Realität hat es mich so richtig übel abgefuckt. Ich wollte einfach keine scheiß Pakete mehr von A nach B tragen, um dann gefühlt stundenlang von Hologrammen vollgelabert zu werden, deren Inhalt zu 10% story- und universumsrelevant sind. Die sperrige Steuerung tat ihr übriges, mein Motivationslevel in den vierstelligen Minusbereich zu kicken und ebenfalls das Menüdesign nervte mich anfänglich, wobei man da dann doch zügig reinkommt. Aber dennoch. Keinen Bock irgendwo Leitern aufzustellen. Keinen Bock Routen zu planen. Keinen Bock stundenlang Pakete zu tragen, in sich wiederholenden Gebieten. Einfach keinen Bock. Sicher, es gibt auch dabei Abwechslung. Mules und B.T.s/G.D.s sorgen für etwas Spannung und auch die "Bosskämpfe" bringen Variation rein. Diese Passagen sehen dann zwar wahnsinnig gut und atmosphärisch aus, aber rein spielerisch ist das dann auch eher mäßig und unterfordernd. Hier konnte mich das Spiel nicht abholen, aber inhaltlich sah das komplett anders aus.

      Eine Ode an den menschlichen Überlebenswillen und eine hochphilosophische Science-Fiction-Abhandlung über das kosmische und evolutionäre Gleichgewicht. Death Stranding platzt vor Symbolik und Metaphern nur so aus allen Nähten und es war mir eine reinste Freude, das Spiel zu erkunden und zu entdecken. Ob nun die Aphephosmophobie der Hauptfigur, die Handschellen, die Lebensweisen der dortigen Gesellschaft oder die Selbstversorung der Figur durch eigene Körperausscheidungen (jap), um nur ein paar grobe Elemente zu nennen: Wer nach Gesellschaftskritik und Politisierung sucht, wird doppelt und dreifach fündig. Und in der Situation, in der wir uns als Gesellschaft aktuell befinden, gewinnt das Spiel sogar noch deutlich mehr an Bedeutung.

      Death Stranding sieht zudem einfach weltklasse aus. Die Ästhetik und Inszenierung des Spiels sucht ihresgleichen und bescherte mir damit nicht selten Staunen und Gänsehaut. Doch nichts anderes war von Hideo K. zu erwarten, welcher bereits in jeder Playstation-Generation den maximal möglichen Cineasmus in seinen Spielen ausgereizt hat. Noch weit bevor Death Stranding veröffentlicht wurde, stand ich der Idee, so viele reale Schauspieler und Personen als Charaktervorlagen zu benutzen, eher kritisch gegenüber. Warum sollte man sich an der Realität orientieren und sich damit limitieren, wenn der Fantasie der Figurenerstellung eines Videospiels doch eigentlich keinerlei Grenzen gesetzt sein müssten? Okay, man hat Namen und damit Marketing. Aber sonst? Gut, das mag aus Entwicklersicht reichen. In der tatsächlichen Erfahrung störte es mich aber dann kaum und ließ damit Spiel und Film noch mehr verschmelzen. Und spätestens als ich Death Stranding dann frecherweise als eine Art Film konusmiert habe, war es sowieso irgendwie passend.

      Über die konkrete Story halte ich mich jetzt etwas zurück. Ich sage nur so viel: Sie ist großartig. Ich denke, die muss man selbst erleben und aus dem Kontext gerissene Bruchstücke und Schilderungen darüber wirken hier so als Text wohl eher konfus als aufschlussreich. Ein paar konkretere Gedanken von mir haue ich aber noch in den Spoiler unten rein. Darüber hinaus rechne ich es dem Spiel hochan, dass bei aller Kryptik und Abgedrehtheit am Ende ein derartig in sich schlüssiges Storykonstrukt zu Buche steht, das sicherlich in ein paar Punkten vage bleibt, sich aber aus meiner Perspektive kaum widerspricht. Geschichtlich eine absolute Ausnahmerfahrung auf der Konsole.

      Achso, und an Easter Eggs/Referenzen mangelt es natürlich auch nicht: Metal Gear Solid, Twin Peaks, Horizon Zero Dawn. Da tobt man sich aus.

      Fazit: Wer sich mit der Gameplayidee in der Theorie anfreunden kann, sollte hier unbedingt ran und ausprobieren, ob es einem schmeckt. Und falls nein: Schaut euch das Spiel evtl. auch auf eine derartige Weise an, denn diese Story sollte man sich nicht entgehen lassen.


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      Was mich aktuell noch etwas beschäftigt, ist die Figur "Higgs". Er schließt sich ja der Präsidentin bzw. Amelie an und sollte daher den Ausbau des chiralen Netzwerks durch Sam begrüßen, da sich dadurch die Strände von Amelie und den anderen besser verbinden und dadurch das sechste große Aussterben beschleunigt werden kann. Was ja sein Ziel ist. Warum ist er dann gewillt, mit seinem Seperatisten-Anhang diesen Ausbau zu sabotieren? Sind die Anschläge und Kämpfe gegen Sam also nur Provokation? Ein Anreiz, das richtige zu tun, da er, der böse Terrorist, dagegen zu sein scheint?

      Ebenso würde mich eure Theorie dazu interessieren, wer BB28 eigentlich ist. Ich hätte mir vor dem Finale gut vorstellen können, dass es Sam selbst ist, den er da in der Kapsel spazieren trägt, aber nachdem dann ersichtlich wurde, dass Sam Cliffs Kind ist, wäre das ein wenig zu viel des Guten, oder? Ich interpretiere es so, dass Cliff sich nur zu Sams BB hingezogen gefühlt hat, weil er Sams Anziehung mit der des Babys verwechselt hat.

      Ist BB28 also Sams eigenes, eigentlich verstorbenes Kind? Irgendwo habe ich aufgeschnappt, dass Sams Tochter damals in der 28. Woche verstorben ist. Wahrscheinlich kein Zufall, daher der Name BB-28? Doch wie kam das Kind zurück? War der Tod von Sams Familie eine Täuschung, um ein weiteres BB zu erhalten? Oder hat Sams Mutter sein Baby auch wieder ins Leben zurückgeholt, so wie sie es mit Sam selbst getan hat? Oder ist BB28 einfach ein komplett fremdes BB?







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      Dokumentation über Kojima, ab Frühling 2024 auf 'Disney+'.
      Mein Filmtagebuch



      „I think storytelling is all about children. We human beings love to hear stories being told - and it first happens when you're a kid.“
      - David Chase