Hereditary - Das Vermächtnis (Toni Collette, Gabriel Byrne)

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    Es gibt 104 Antworten in diesem Thema. Der letzte Beitrag () ist von Olly.

      - Hereditary

      Annie Graham kommt nicht aus den glücklichsten familiären Umständen: Ihr Vater starb früh und ihr Bruder beging in jungen Jahren Suizid. Das Verhältnis zu ihrer Mutter Ellen war kompliziert und am Tag von Ellens Beerdigung agieren auch Annies Ehemann Steve und ihre Kinder, Peter und Charlie, entsprechend gleichgültig, fast schon abstinent. Ihre eigene Familie scheint stabil, wenn auch unterkühlt. Mysteriöse Umstände, die sich nach dem Tod von Ellen im Familienhaus der Grahams ereignen, führen zu einer Eskalation an Ereignissen, deren Spur Generationen in Annies eigenem Stammbaum zurückführen.

      Es gibt diesen Moment in Hereditary – und ich muss an dieser Stelle sehr, sehr vorsichtig sein, plottechnisch nichts preiszugeben -, der die beiden Kinder der Familie involviert. Peter ist auf einer Hausparty eingeladen und wird von Annie gezwungen, dass er seine Schwester Charlie mitnimmt. Natürlich lässt er sie während der Feier allein. Und natürlich passiert dort etwas, das in seinem Beisein, unter seiner Aufmerksamkeit, nicht passiert wäre – ein Film erwähnt zu Beginn nicht ein Detail, wie er es tat, wenn das nicht an irgendeinem als Drehpunkt dienenden Augenblick im Plot zum Tragen kommt. Und das wiederum führt zu einer Szene, die die längsten zwei Minuten beinhaltete (die mir wie eine halbe Stunde vorkamen), die ich je während eines Films gefühlt ohne zu Atmen verbracht habe.

      Wer den Film gesehen hat, wird wissen, wovon ich rede, wenn ich sage, dass ich nicht gewagt habe, mich zu bewegen. Wer ihn nicht gesehen hat: Ich habe soeben eine Szene beschrieben, die das Beste ist, was Hereditary gemacht hat und bei der ich mir nicht sicher bin, ob sie sich im richtigen Film befindet. Und das ist der Grund, warum ich diesen Moment in meiner Kritik erwähnen musste, denn es war mein Eindruck, dass das Drehbuch nach diesem enorm wichtigen, ausschlaggebenden Punkt eine Richtung einschlug, die für mich nicht wirklich viel Sinn machte. Die Entwicklungen, die von da an folgen, wollen nicht dem nüchternen, trübsinnigen Gefühl anschließen, das ich bis zu diesem Zeitpunkt verspürt hatte.

      Denn von da an geht der Plot über in eine Art Okkulthorror-Thriller und fängt an, mit Enthüllungen und Twists um sich zu werfen, die zwar als große Aha-Momente präsentiert wurden, die aber eben diesen Effekt nie bei mir auslösten. Ein Beispiel ist der Anne Dowd-Charakter, die Joan spielt, eine Frau, die Annie in der Selbsthilfegruppe für Trauernde kennenlernte, der sie nach dem Tod ihrer Mutter beitrat. Wir erfahren an einem Punkt etwas über Joan, das dem Zuschauer wohl die Augen öffnen sollte. Ich hatte das Gefühl, dass mir dazu aber circa fünf weitere Informationen fehlten, ohne die ich nicht mehr als sagen als „Okay…. Und was heißt das jetzt?“. Das ist ein Beispiel von gefühlt einem Dutzend an Elementen im Film, die zwar da sind, aber irgendwie angeheftet wirken. Wie Ideen, die inkludiert wurden, weil sie cool aussahen, aber keinen echten Zusammenhang zum Plot haben.

      Toni Collette hat ihre stärksten Momente im Film, wenn sie nicht spricht. Zu gewissen anderen Zeitpunkten wirkt ihre Hysterie überspielt und Szenen, die emotional erschütternd sein sollen, kratzen am unfreiwillig Komischen. Am meisten beeindruckt war ich von den beiden Jungschauspielern Alex Wolff und Milly Shapiro, die das Herzstück des Films darstellten und von denen ich gerne mehr, und stattdessen weniger von Annie, gesehen hätte.

      Oft schon habe ich gelesen, wie Hereditary als einer der besten Grusler im Horrorgenre seit Jahren beschrieben wurde. Er hat seine schaurigen Momente, die gut inszeniert waren und für die die vorzügliche Kameraarbeit und die exzellente Beleuchtung Essentiell waren (auch an diesem Punkt muss ich nochmals auf den Moment mit Peter und Charlie verweisen, an dem die Farbgebung viel dazu beigetragen hat, dass man sich fühlte, als würde man in ein bodenloses, emotionales Loch fallen). Aber ich kann nicht sagen, dass ich irgendwo regelrechte Angst verspürt habe. Oder dass ich das Gefühl hatte, verfolgt zu werden – etwas, das die Protagonisten im Film offensichtlich verspürten und was sich im besten Falle auf den Zuschauer übertragen sollte.

      Ich denke, mein größtes Problem mit dem Film ist das etwas verwirrte Drehbuch, dem es an einer aus meiner Sicht klaren, durchgängigen Linie fehlt und wo ein Storyeditor hätte durchgreifender ansetzen müssen. Hereditary hat diese enorm beeindruckende Grundidee einer Schuld, einer Erblast, die in übernatürlichen Sphären ihren Ursprung hat und die sich durch viele Generationen – von Großmutter, zu Mutter, zum Kind – zieht und der man nicht entkommen kann. Das Ganze wird von einer Tragik zu Beginn des Films unterstrichen, die einen wunden Punkt bei mir getroffen hat und mir daher ausgesprochen zusagte. Leider folgte der Film dieser Idee nicht bis zum Schluss und der oben diskutierte Bruch leitet einen anderen Film ein, der mehr konfus wirkte und inkohärent mit dem, was zuvorkam. Und daher wollten diese beiden Hälften für mich nicht so recht zusammenpassen.

      Da hätte eindeutig etwas Besseres bei rauskommen müssen, denn die Baustücke waren da. Hereditary ist nicht schlecht. Aber er war für sein Potential auch nicht merkwürdig genug, um großartig zu sein. Er hätte seine okkulten Ideen mehr amplifizieren müssen, um wirklich bestehen zu können. So wie er ist, wirkt er wie nicht ganz Fisch und nicht ganz Fleisch, sondern irgendwie unfertig und irgendwie seltsam. Und nicht auf die gute Art.
      "I think there should be visuals on a show, some sense of mystery to it, connections that don't add up. I think there should be dreams and music and dead air and stuff that goes nowhere. There should be, God forgive me, a little bit of poetry." - David Chase
      Beim zweiten sichten als deutlich besser empfunden

      makaber und gruselig

      ich fand die szene mit dem auto gut wo die dramatische szene passiert - da hat man zusammen mit dem film echt sowas wie nen schock - das war irre gut gemacht.

      man darf den film nicht nebenbei gucken ... sondern voll konzentriert - dann führt eine emotion zur nächsten - und dann entfaltet sich das geniale an dem film.

      aber am geilsten ist das ende - das ist sone herrliche stimmung ey - echt okkult und bezaubernd - auf eklige art

      man fühlt sich fast schuldig danach

      den ganzen film durchzieht eine seltsame faszination zwischen leichen und okkulter schönheit - fast schon verführerisch

      ist auf jeden fall ein ausnahme film - weil intelligent und kreativ anspruchsvoll

      natürlich auch bitterböse gg (aber darum gucken wir ja horrorfilme)

      8,8/10
      Die starke Mischung aus Furcht und auch Spaß (auf die eine Szene im Wohnzimmer bin ich schon mal eingegangen) habe ich so in der Form überhaupt noch nie gesehen. Generell heftigen Grusel so gut wie ohne Jump Scares hinzubekommen, das haben nur die alten Meister geschafft. Ich hätte Toni Collette für einen Oscar zumindest nominiert. Eine unglaublich gute Performance, so eine siehst du auch in keinem hochkarätigen Oscar-Drama vom Mega-Regisseur xy.
      "Man geht schon ein Risiko ein, wenn man morgens aufsteht, über die Straße geht und sein Gesicht in einen Ventilator steckt!"