Mein Schulfreund

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    Es gibt 1 Antwort in diesem Thema. Der letzte Beitrag () ist von Snow.

      Mein Schulfreund


      Mein Schulfreund





      Regie:
      Robert Siodmak
      Drehbuch: Robert A. Stemmle
      Produktion: Robert Siodmak
      Musik: Raimund Rosenberger
      Kamera: Helmuth Ashley
      Schnitt: Walter Boos


      Inhalt:

      Der Zweite Weltkrieg geht 1944 in sein fünftes Jahr und schon längst zeichnet sich die Niederlage des Dritten Reiches ab, doch noch immer werden seitens des NS-Regimes die Kampfhandlungen nicht eingestellt während der Großteil Deutschlands bereits in Trümmern liegt und der tägliche Kampf ums überleben für die Bevölkerung mittlerweile zum traurigen Alltag geworden ist. Dem Münchener Briefträger Fuchs geht es dabei wie Millionen anderer im Reich: Verzweifelt und der Erschöpfung nahe versucht der Witwer mit seiner Tochter durchzuhalten. Da fasst er in einem besonders verzweifelten Moment den Entschluss seinem früheren Schulkameraden zu schreiben und jenem die Fragen zu stellen, welche ihn schon seit längerer Zeit beschäftigen. "Warum kapituliert ihr nicht endlich?", "Wie lange soll der Irrsinn denn noch so weitergehen?". Dabei ist der Empfänger kein geringerer als die NS-Größe Hermann Göring. Zur Überraschung aller antwortet dieser jedoch tatsächlich...


      Besetzung:


      Heinz Rühmann
      Ernst Schröder
      Alexander Kerst
      Hans Leibelt
      Hertha Feiler
      Wolfgang Reichmann
      Mario Adorf


      Produktionsland:
      Deutschland
      Veröffentlichungsdatum: 22.07.1960
      Laufzeit: 89 Min.


      Wissenswertes:

      - Verfilmung des Theaterstücks Der Schulfreund, welches von Johannes Mario Simmel 1959 uraufgeführt wurde.
      - Die Geschichte hat möglicherweise einen wahren Kern, da im Heimatort Görings noch heute erzählt wird, dass der einstige langjährige Briefträger des Ortes als
      Vorbild für die Figur des Ludwig Fuchs diente.





      Die Idee der Story ist so einfach wie brillant und weckte bei mir bereits beim lesen großes Interesse und die Frage wurde aufgeworfen was der Regisseur aus diesem Stoff wohl herausholen mag. Durchgehend in schwarz/weiß gefilmt hilft das deutlich der Atmosphäre des Films, da ein Farbfilm für diese Geschichte eventuell nicht intensiv genug gewirkt hätte. Anders als beim letzten Film mit Rühmann, den ich vor kurzem gesehen hatte, habe ich hier zu keinem Zeitpunkt die Farbe vermisst.

      Auf der Seite der Darsteller glänzt, wie sollte es auch anders sein, erneut Heinz Rühmann, der sich durch solche Leistungen wie hier gezeigt inzwischen so langsam zu einem meiner deutschen Lieblingsschauspieler mausert. Doch auch der Rest des Cast ist durchgehend perfekt besetzt. Hier sind noch besonders Hans Leibelt, Ernst Schröder und Wolfgang Reichmann hervorzuheben. Außerdem wirken in kleinen Nebenrollen Mario Adorf und Fritz Wepper mit, die in diesem Film noch so ziemlich am Anfang ihrer Karriere standen.

      Die Story ist meiner Meinung nach ein schwer zu verdauendes Stück deutscher Filmgeschichte. Auf manchen Filmseiten wird Mein Schulfreund vordergründig als Komödie ausgewiesen und erst an zweiter Stelle folgt die Einteilung als Drama. Es stimmt das über die gesamte Filmlänge hinweg vielleicht 2-3 witzige Momente vorkommen, aber deswegen gleich von einer Komödie zu sprechen ist doch ein wenig gewagt. ;) Gleich zu Beginn wird der Zuschauer unvermittelt ins kalte Wasser geworfen und findet sich mit der verbliebenen Familie Fuchs in ihrer Wohnung in München wieder, die
      Spoiler anzeigen
      wenige Minuten nach Filmstart einem erneuten Bombenangriff trotzen muss. Schutt fliegt durch das Fenster, das Treppenhaus wird beinahe vollständig verwüstet und draußen auf der Straße herrscht das Chaos - Feuer, Sirenen, Schüsse, umherlaufende Menschen
      . Die Beweggründe des Briefträgers diesen einen bestimmten Brief abzuschicken werden plausibel in Szene gesetzt und was danach folgt ist ein so toller Twist, dass ich den niemals habe kommen sehen. Nach Görings Antwort ändert der Film seine Vorgehensweise und nimmt fortan einen episodenhaften Charakter ein. Und was dann folgt kann man eigentlich als Zusammenfassung eines Lebens beschreiben. Der Zuschauer ist stummer Zeuge des alterns und sieht mit der Hauptfigur zusammen die Jahre dahinziehen.

      Und je weiter die Odyssee des einfachen Beamten nach Kriegsende voranschreitet und die Jahre unerbittlich vergehen und
      Spoiler anzeigen
      ein Rückschlag dem nächsten folgt, desto mehr wünscht man dieser Figur von Herzen, dass die Abwärtsspirale endlich ein Ende finden möge
      . Rühmann kann ich an dieser Stelle nicht hoch genug loben. Er spielt den verzweifelten,
      Spoiler anzeigen
      anfangs noch optimistischen und später gebrochenen
      , Angestellten mit so einer Hingabe, dass man applaudieren möchte. Umso tragischer sind dann manche Szenen anzuschauen. Die eine
      Spoiler anzeigen
      in welche der inzwischen alte Mann nach Jahren der Hoffnung hinsichtlich einer Einreise in die USA, die mit seiner Tochter und deren Freund stattfinden soll, nun nachdem die Unterlagen betreffend der Einreisebestimmungen eingetroffen sind, zu dritt doch nicht gelingen kann, weil er aufgrund eines damaligen Gutachtens auch kein Visum für die Einreise bekommt und er allein zurückbleiben muss, hat mich wohl am heftigsten getroffen und zu Tränen gerührt
      .

      Es gibt nebenbei auch Sequenzen und Aussagen im Film die ganz klar als deutsche Vergangenheitsbewältigung der Bundesrepublik der Nachkriegszeit betrachtet werden können, was Mein Schulfreund nochmals auf eine komplett andere Ebene hebt. In dem Zusammenhang werden Sätze getätigt, die noch längere Zeit nachhallen werden und wer weiß, vielleicht findet einiges was von Rühmann geäußert wird, sogar auf einer Meta-Ebene statt und er meint zum Teil sogar sich selbst als Schauspieler und Mensch. Vielleicht ein wenig zu viel Interpretation von meiner Seite aus, aber die Tatsache das er während des NS-Regimes zu einem Star-Schauspieler aufstieg und nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches sich nicht gerade wenigen unbequemen Fragen stellen musste, lässt die Möglichkeit bestehen.


      Oftmals sicherlich kein einfach zu ertragender Film, aber dennoch so überaus sehenswert das jeder einmal den Versuch unternommen habe müsste diesen Film anzusehen.


      8,5/10