Der Fall Richard Jewell (Clint Eastwood)

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    Es gibt 21 Antworten in diesem Thema. Der letzte Beitrag () ist von Scholleck.

      Den konnte ich gestern Abend dann doch auch endlich mal noch sehen, bevor er bei Prime wieder mal aus dem Programm verschwand. Etwas Skepsis schwang vorher noch mit, war ich von Cry Macho zuletzt nicht sehr angetan und fand The Mule zwar nett, aber dann irgendwo doch ein wenig zu seicht. Mit Richard Jewell jedoch hat Clint Eastwood gezeigt, dass er noch einen guten Biss hat, wenn er das richtige Thema für sich findet.

      Paul Walter Hauser kannte ich bis dahin nur aus dem genialen BlacKKKlansman von Spike Lee und dem (sehr guten) I, Tonya - hier in seiner ersten Hauptrolle und man muss einfach sagen, dass der Film mit ihm auch erst so richtig lebendig wird. Er gibt eine sehr unterspielte, aber dabei wahnsinnig fesselnde Darstellung ab, die sehr gut wiedergibt, warum Jewell nicht nur wegen seiner äußeren Umstände - kinderloser, übergewichtiger Weirdo, mit komischen Hobbies und der mit über 30 Jahren noch immer bei seiner Mutter lebt -, sondern auch wegen seiner Persönlichkeit - leicht überheblich, ständig auf der Suche nach Anerkennung und Respekt - zu einem so perfekten Fressen für eine Medienlandschaft wurde, die gerne mal zurest urteilt, bevor sie verhandelt. Hauser bringt all diese Elemente in einer Darstellung zusammen, die für mich sehr schnell zu einer der besten schauspielerischen Leistungen geworden ist, die ich seit einiger Zeit gesehen habe. Ich merke, dass ich involviert bin, wenn ich während einem Film vor mich hinflüstere "Nein, Richard, bitte nicht, du kriegst nur wieder Ärger".

      Der Film wartet inhaltlich jetzt nicht mit sonderlich gorßen Überraschungen auf, denn auch ohne den echten Fall zu kennen, fühlen sich die einzelnen Steckpunkte im Storyverlauf sehr routiniert, altvertraut und absehbar an. Das Drehbuch hat außerdem auch eine Handvoll großer Reden für die wichtigsten seiner Charaktere parat, die mit sehr viel Pathos aufwarten und um die Emotionen der Zuschauer buhlen. Aber das ist okay, es passt zu Eastwood - dem amerikanischsten aller amerikanischen Filmemacher - und weil es für unsere Protagonisten so eine Tortur war, bis sie dort endlich kamen, fühlte es sich auch verdient an. Es soll nur gewarnt sein, dass der Film in diesen Momenten nicht ganz unbehaftet von Klischees ist.

      Die Medienkritik war anhand vom Olivia Wilde-Charakter vielleicht nicht sehr nuanciert rübergebracht, aber letztlich passte das für mich trotzdem, weil diese Instituition den extremen Kontrast zu Richard darstellen sollte, was für mich damit narrativen Sinn gemacht hat. Die o.g. Kritikpunkte fallen ohnehin allesamt nicht so schwer ins Gewicht, weil Richard Jewell inhaltlich stimmig ist und seine Aussage so gut kommuniziert, dass man versteht, auf welche stilistischen Mittel Eastwood zurückgreift und warum. Und wie gesagt, Hausers Darstellung macht ohnehin alles wett, was mit einer schwächeren Besetzung vielleicht mehr ins Gewicht gefallen wäre.
      "I think there should be visuals on a show, some sense of mystery to it, connections that don't add up. I think there should be dreams and music and dead air and stuff that goes nowhere. There should be, God forgive me, a little bit of poetry." - David Chase

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Data“ ()