Nomadland (Chloe Zhao; Frances McDormand)

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    Es gibt 20 Antworten in diesem Thema. Der letzte Beitrag () ist von Der siebte Samurai.

      Nomadland (Chloe Zhao; Frances McDormand)

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      Nomadland erzählt die Geschichte von Fern, einer Frau die nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch einer Arbeitersiedlung in Nevada, all ihre Habseligkeiten in ihren Van packt und sich auf den Weg macht, die Welt außerhalb der sozialen Normen kennenzulernen und als moderne Nomadin zu leben.

      Regie übernimmt Chloe Zhao ("The Rider", bald "The Eternals"), die Hauptrolle der Fern spielt Frances McDormand.

      In Deutschland irgendwann im Januar 2021 zu sehen.



      Mein Filmtagebuch



      „I think storytelling is all about children. We human beings love to hear stories being told - and it first happens when you're a kid.“
      - David Chase

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „-Makaveli-“ ()

      Frances McDormand mal wieder mit einem richtig guten Händchen. Nächstes Jahr wird sich, wenn alles normal läuft, auch noch "The Tragedy of Macbeth" dazu gesellen. Auch erfreulich David Strathairn mal wieder in einem richtig interessanten Film zu sehen. Ein wahnsinnig guter Actor.
      "Man geht schon ein Risiko ein, wenn man morgens aufsteht, über die Straße geht und sein Gesicht in einen Ventilator steckt!"
      Mein Filmtagebuch



      „I think storytelling is all about children. We human beings love to hear stories being told - and it first happens when you're a kid.“
      - David Chase

      - Nomadland

      Nomadland. Nach solchen Filmen werde ich manchmal gefragt „Und so was schaust du dir im Kino an? Das tut’s doch auch auf Netflix“. Worauf ein stöhnendes Ausatmen meinerseits folgt. Müssen immer die Fetzen fliegen, so dass sich ein Film auf der großen Leinwand lohnt?

      Das muss natürlich jeder für sich entscheiden. Neun Monate, nachdem ich zum letzten Mal einen Kinosaal betreten hatte, wollte mein erster Besuch natürlich bedacht ausgewählt sein. Ich denke, dass sich jeder Film – egal wie groß und bombastisch – besser im Kinosaal entfaltet, als zu Hause vor dem Fernseher. Das hängt mit vielen Einflüssen zusammen: Atmosphäre ist eine Sache. Eine andere ist, dass man gezwungen ist, das Handy beiseite zu legen und den Film am Stück sehen zu müssen, ohne die Möglichkeit, eine Pause einzulegen. Nomadland mag minimalistisch und die Definition von Plotarm sein. Aber das macht den Film nicht weniger kraftvoll und als sich die Möglichkeit bot, diesen mit viel Verspätung nun doch noch im Kino sehen zu können, war ich unglaublich froh, dass ich damit auch meine persönliche Kinosaison 2021 eröffnen konnte.

      Chloé Zhaos beeindruckende Regiearbeit gibt dem Plot und dessen Protagonistin Fern allen Freiraum zum Atmen. Sie ist eine Aussteigerin, die nach dem Tod ihres Mannes den Lebensstil einer Durchreisenden adoptiert hat – einer Nomadin, einer Heimatlosen, die sich in ihrem funktional umgebauten Van lebt von Gelegenheitsarbeit zu Gelegenheitsarbeit hangelt und dabei mal hier und mal dort im gesamten Südwesten der USA lebt.

      Und mehr ist zum reinen Inhalt auch nicht zu sagen. Was langweilig klingt, ist alles Andere als das. Nomadland ist ein Film, der sich vor allem durch Impressionen ausdrückt. Es sind kleine Eindrücke, mit denen Zhao ihre Geschichte erzählt. Oder zeigt – das mag womöglich der bessere Ausdruck sein. Das erreicht der Film mit Momentaufnahmen kleiner Alltagssituationen und Landschaftsaufnahmen, die einem die Augen öffnen. Eine inspirierte Kameraarbeit von Joshua James Richardson tut ihr Übriges.

      Fern wird gespielt von Frances McDormand, ihres Zeichens mittlerweile dreifache Oscargewinnerin, die hier eine Perfomance für die Ewigkeit gibt. In vielerlei Hinsicht ist Fern eine Paraderolle für McDormand: Sozial unabhängig und wortkarg, aber nie schüchtern oder auf den Mund gefallen. Etwas exzentrisch, wie sie ihre Rollen immer spielt und wie sie auch im echten Leben zu sein scheint. Sie wirkt einfach echt und das macht sie in all ihren Rollen so nahbar, trotz der Kantigkeit, die sie auch hier an den Tag legt. Ihre großen, vielsagenden Augen – die oft in wunderbaren Nahaufnahmen eingefangen werden, wie sie in die Weiten der Wüsten von Nevada oder Arizona starrt – und ihre zusammengepressten Lippen, sagen viel aus über den inneren Zwang, immer weiter und nie zu lange verbleiben zu wollen. Es gibt Momente im Film, in denen Fern beinahe ihren Frieden und nahezu Ruhe findet. Doch etwas in ihr – etwas aus ihrer Vergangenheit, das an ihr nagt und das sie nicht zur Ruhe kommen lässt -, treibt sie immer weiter voran. Was das genau ist, lässt sich nur erahnen. Ist es nur der Tod ihres Mannes? Oder gibt es da noch mehr, vielleicht aus ihrer Kindheit? Eine kurze, liebevolle Unterhaltung zwischen ihr und ihrer gesetzten Schwester will dieser Frage auf die Spur kommen. Aber Fern ist verschlossen ihrer Außenwelt gegenüber. Sie lässt nichts an sich heran und gleichzeitig nichts heraus, was sie verletzlich machen könnte. Folgerichtig führt der Film seinem Publikum auch keine Erkenntnis vor. Der Zuschauer muss dafür nachdenken und selber daran arbeiten. Regisseurin und Akteurin vermitteln aber Emotionen, die einen verstehen lassen, ohne dass man alle Antworten hat. Und das macht Nomadland zu einer so unglaublich mächtigen Charakterstudie.

      Der Cast wird unterstützt von einigen echten Nomaden wie Bob Wells und Swankie – gerade letztere gibt eine äußerst rührselige Darstellung – und einer fantastischen Musikuntermalung von Ludovico Einaudi. Ja, solche Filme schaue ich mir unglaublich gerne im Kino an. Nomadland ist frei und ungebunden und sich selbst treu von Anfang bis Ende, lustig an manchen Stellen und unglaublich traurig an Anderen. Und ja, minimalistisch im Plot, was fast schon provokant wirkt. Als wolle er sagen: Ihr schaut euch einen Film über Nomaden an und verlangt nach Konventionen? Nomadland ist zutiefst menschlich und spricht Vieles in mir an, eben weil er sich so klein und unscheinbar gibt. Eine Woche nach dem Besuch, denke ich immer noch sehr berührt auf ihn zurück. Und es fällt mir in jedem Fall schwer, mich zu erinnern, wann ich das Kinojahr jemals mit einem besseren Film begonnen habe.
      "I think there should be visuals on a show, some sense of mystery to it, connections that don't add up. I think there should be dreams and music and dead air and stuff that goes nowhere. There should be, God forgive me, a little bit of poetry." - David Chase

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Data“ ()

      Es ist jetzt schon ein paar Wochen her, dass ich Nomadland gesehen habe. Aber die Stimmung des Films ist noch immer sehr präsent.

      Auch wenn recht wenig passiert, empfand ich Nomadland als sehr kurzweilig. Da ist so eine meditative Wirkung in dem Film, getragen von der Ruhe, die schönen Bilder und der Mimik von Frances McDormand. Es ist ein Portrait von Menschen, die nicht ganz passen wollen. Ich hatte dazu vor Jahren mal eine Doku gesehen. Menschen, die umher fahren, ihre Kinder selbst ausbilden (wobei das fragwürdig ist, aber für Amazon reichts, für Studiengebühren sowieso nicht - willkommen im Klassismus), und insbesondere bei Amazon unterkommen.

      Nomadland wertet nicht. Es sind Menschen mit Gefühlen, die zueinander halten, die es nicht einfach haben. Und doch sieht man, was sie dazu gebracht hat. Da steckt viel zwischen den Zeilen, während wir einer Frau dabei zuschauen, klar zu kommen in der Weite der USA.

      Frances McDormand wie immer großartig, uneitel, und fähig, mit ihren Augen so viel zu erzählen. Auf der Suche nach einem Abschluss, aber auch irgendwie nach einem Sinn.

      Es ist das Portrait einer anderen USA, mitsamt schöner Landschaften, aus dem Blickwinkel von Menschen, die mit dem "System" anders umgehen.

      Allerdings war es mir fast ein wenig zu harmlos: Das Geld schien fürs Krankenhaus ja noch zu reichen. Hier hätte man eine wunderbare Chance gehabt, auf das fragwürdige Gesundheitssystem (Kapitalismus!) einzugehen.

      Nichtsdestotrotz, ich konnte Nomadland genießen.
      Meine Vorredner nehmen mir die Worte aus dem Mund. Ich darf mich anschließen. Ein herrlicher Film über ein Lebensgefühl, einen unkonventionellen Werdegang und tonnenweise Widersprüchlichkeiten. Die Kamera kitzelt durch unaufgeregte sowie charismatische Eindrücke von Natur und Menschen das Tröstliche aus der Tristesse heraus. McDormand spielt dabei einfach nur wunderbar und verleiht ihrer Rolle Würde sowie Verletzlichkeit. Ohne die Nominierungen vor Augen zu haben, aber der Oscar kann nicht unverdient sein.

      Die Dramaturgie der Protagonistin wird im Laufe des Films zunehmend komplexer und es stellten sich mir folgende Fragen:

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      Liebt sie diesen Lebensstil wirklich (noch?) oder liebt sie nur das darin verwobene Vermächtnis an ihren verstorbenen Mann?

      Ist es eine wahre Freiheit oder eine widersprüchliche Freiheit, da ihr das Annehmen einer neuen "Identität" inkl. eines Wohnsitzes wie Verrat vorkäme?

      Ist es ein sorgloses Treiben oder eine Flucht?


      Wahrscheinlich alles davon.

      Irgendwo zwischen magisch-rauen Lagerfeuern und Tätigkeiten für einen Weltkonzern, zieht sie sinn- und identitätssuchend durch´s Land und dabei scheint wenig und doch alles zu geschehen. Ein wahrlich einfühlsamer und bewegender Film.

      Uff. Jetzt hat The Last Black Man in San Francisco nach einer Woche mal aufgehört nachzuwirken und nun hab ich Nomadland im Nacken. Aber ich will mich nicht beschweren. ;)