The Edge of Democracy
Port. Democracia em Vertigem
Studio Busca Vida Filmes
Vertrieb Netflix
Veröffentlichung 24. Januar 2019 (Sundance Film Festival)
Laufzeit 121 Minuten
Regie Petra Costa
Drehbuch Petra Costa, Carol Pires, David Barker, Moara Passoni
Produzent Shane Boris, Petra Costa, Joanna Natasegara,Tiago Pavan
Musik Katalogmusik
Kamera João Atala
Plot
The Edge of Democracy von Petra Costa wdar dieses Jahr bei den Oscars als Bester Dokumentarfilm nominiert. Costa, die Tochter zweier linker Aktivisten, die im Untergrund gegen das Militärregime gekämpft haben, erzählt hier den Aufstieg des populären Präsidenten Lula da Silva, einem aus der Arbeiterklasse entsprungenen Idealisten, der Brasiliens Sozialprogramme revolutionierte und der bettelarmen Bevölkerungsschicht finanzielle Sicherheiten gegeben hat, die sie vorher unter keinem anderen Präsidenten je kannten. Lula musste auf dem Weg dorthin Kompromisse eingehen, die seinen idealistischen Vorstellungen widersprachen und hat sich so in einem Politikskandal verfangen, der seiner Nachfolgerin Dilma Rousseff in einem offensichtlichen Staatsstreich das Amt kostete und ihm eine zwölfjährige Haftstrafe bescherte, wegen der er in der Präsidenschaftswahl 2018 nicht antreten konnte und was Jair Bolsonaro - einem rechtspopulistischen Mini-Trump - zum Sieg verhalf.
Kritik
The Edge of Democracy ist ein äußerst bedrückendes Testament, wie eine ohnehin schon auf wackeligen Beinen stehende Demokratie gefangen genommen und als Geisel gehalten werden kann. Brasilien ist politisch scharf gespalten, zahlloseund teilweise sehr gewaltsame Demonstrationen, die das Land seit Jahrzehnten erschüttern, haben während des Impeachment-Verfahrens gegen Dilma oft blutige und erschreckende Höhepunkte gefunden. Der Film ist aufgebaut wie ein politischer Thriller, kühl erzählt von Regisseurin Petra Costa, deren Sympathien klar für Lula und seine Ideologie spielen und die sich selbst die Frage stellt, wo ihr Land - das nach Jahren einer gewaltsamen Diktatur endlich auf einen demokratischen Pfad gefunden hat - so falsch abbiegen konnte, dass jemand wie Bolsonaro, der gegen alles steht, woran sie glaubt und wogegen ihre Eltern und deren Generation teilweise unter Folter gekämpft haben, an die Macht kommen konnte.
Der Film ist klug aufgebaut und spannend erzählt wie ein guter Politthriller. Er gibt auch Neueinsteigern wie mir - jemandem, der sich bisher so gut wie gar nicht mit Brasilien und seiner Politik auseinandergesetzt hat - eine anständige, komprimierte Zusammenfassung darüber, was in Südamerikas größtem Staat vor sicht geht, spiegelt die Kultur und die Seele von einem zutiefst zerüttenden Land wider und gibt eines der deprimierendsten Bilder ab über Korruption und politische Attentate, die man sich vorstellen kann. Ich hatte immer nur am Rande mitbekommen, was in diesem Land voll wunderbarer Menschen und einer reichhaltiven, diversen Kultur in den letzten Jahren vor sich ging. Stellenweise ist mir ganz unwohl geworden. Aber Dokumentationen haben keine Verpflichtung, einen froh zu stimmen und ich halte The Edge of Democracy - so trostlos die Message des Films auch ist - für ein essentielles Lehrwerk darüber, wie wichtig es ist, Demokratie zu schützen, gerade in Zeiten, in der der rechte Populismus globalen Aufwind erfährt. Eine der besten politischen Dokumentationen, die ich seit langem gesehen habe und eine heiße Empfehlung meinerseits.
Verfügbar auf Netflix.
"I think there should be visuals on a show, some sense of mystery to it, connections that don't add up. I think there should be dreams and music and dead air and stuff that goes nowhere. There should be, God forgive me, a little bit of poetry." - David Chase