Alice

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    Es gibt 1 Antwort in diesem Thema. Der letzte Beitrag () ist von Snow.

      Něco z Alenky


      ( Filmclip )



      Regie:
      Jan Svankmajer
      Drehbuch: Jan Svankmajer
      Produktion:
      Peter-Christian Fueter
      Musik:
      Der Film kommt ohne Musik aus
      Kamera:
      Svatopluk Malý
      Schnitt:
      Marie Zemanova


      Inhalt:


      Alice sitzt verträumt an einem Fluss. Neben ihr sitzt eine Erwachsene mit einem geöffneten
      Buch in Händen haltend. Ein öder Nachmittag, der nicht enden will. Ein Kaninchen erregt schließlich
      ihre Aufmerksamkeit und sie folgt ihm in ein Land voller Wunder. Doch das Wunderland entspricht so
      gar nicht ihren Erwartungen, als sie es betritt. Allerlei bizarre Gestalten bevölkern diese höchst
      seltsame Welt, wo Skurrilitäten an jeder Ecke zu finden sind.


      Besetzung:


      Kristýna Kohoutová
      Camilla Power ( Stimme von Alice )


      Produktionsland:
      Tschechoslowakei
      Veröffentlichungsdatum: 03.08.1988
      Laufzeit: 86 Min.


      Wissenswertes:

      - Stop-Motion Visionär
      Jan Svankmajer realisierte mit diesem Projekt seinen ersten Langfilm

      - Regisseur Svankmajer sagte seinerzeit, dass keine der zahlreichen Alice im Wunderland Verfilmungen
      ihn jemals wirklich angesprochen habe, da er die Geschichte schon immer eher als verstörend, denn als
      wundervoll angesehen hatte. Unzufrieden mit allen bis dato erschienenen Versionen, entschloss er sich dazu
      eine eigene Version zu drehen, die seiner Vorstellung von einer unangenehmen und schauderhaften Geschichte
      entsprechen würde - das Resultat war Alice.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Snow“ ()

      Die Geschichte um Alice, die sich auf wundersame Art und Weise im Wunderland wiederfindet gehört wohl zu den am meist verfilmtesten Werken der Literaturgeschichte ( neben anderen Vertretern wie etwa Peter Pan, Die verlorene Welt, Der Graf von Monte Christo, Die Schatzinsel usw. ) und bei all den existierenden Verfilmungen dieses Buches war es nur eine Frage der Zeit, bis ein Regisseur versuchen würde diesen Stoff als eine Art Schauergeschichte inszenieren zu wollen, denn dass das Wunderland nun einmal, wenn man es aus einem Blickwinkel betrachtet, in der Tat für ein Kind, dass sich plötzlich in dieser Welt zurechtfindfen muss, durchaus verstörend sein kann, hat selbst Disney 1951 mit der Darstellung der Grinsekatze schon vortrefflich anklingen lassen. 1988 war es dann schließlich soweit und so zählt Svankmajers Interpretation - neben Townsends Version aus dem Jahre 1976 ( aber das aus einem anderen Grund :whistling: ) - definitiv zu den der originellsten, aber deshalb auch gleichzeitig interessantesten Ansätzen, wenn es um die Realisierung dieses Klassikers geht.

      Fangen wir mit den positiven Aspekten an: Der Film wird getragen von der einzigartigen Stop-Motion und seinen skurrilen Einfällen. Alle Bewohner des Wunderlands wurden mithilfe der Stop-Motion kreiert und - da bin ich mir ziemlich sicher - so wie in diesem Film, hat man sie davor oder auch danach, nie wieder zu Gesicht bekommen.
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      Der Märzhase wird als vollständig abgewetzter und verwahrloster Stoffhase dargestellt, dem immerzu ein Auge herunterfällt, das erst wieder festgezogen werden muss; der Hutmacher ist eine Holzpuppe mit völlig ausdruckslosem Gesicht, dessen Sprachfähigkeiten auf ein Minimum beschränkt sind; das weiße Kaninichen ist ein mit Sägespähnen ausgestopftes Kaninchen, dem in regelmäßigen Abständen seine Eingeweide - symbolisiert durch das im Hasen steckende Futter - zu Boden fallen, die er dann durch das essen von Sägespähnen wieder auf diese Weise zu sich nimmt bzw. in seinen Körper zurückstopft usw. -
      Figuren, die allesamt ohne Zweifel einem Gruselkabinett entsprungen sein könnten. Als Zuschauer kann man sich nie sicher sein, was hinter der nächsten Tür auf Alice wartet, wenn diese mal wieder eine erreicht hat und sich dazu entscheidet in den vor ihr liegenden Raum hineinzutreten.

      Der Film kommt komplett ohne musikalische Untermalung aus, aber dafür wurden bewusst sämltliche Soundeffekte derart drastisch verstärkt und das vorkommen derer auf ein absurdes Maß nach oben angehoben, dass ein fehlender Score gar nicht mehr als störend empfunden wird. Die Geräuschkulisse, bei der ständig etwas knackt, knirscht, poltert usw. trägt viel zur unwirklichen Atmosphäre des Films bei. Die Schauspielerinvon Alice ist, bis auf den Anfang des Films, der einzig vorkommende menschliche Charakter des Films und sie macht ihre Sache wirklich recht gut. Da gibt es absolut nichts zu beanstanden.

      Leider, und hier reiße ich jetzt kurz den für mich störendsten Aspekt an, hat sich Svankmajer dazu entschieden Alice im Film nach jeder gesprochenen Äußerung oder nach jedem gedachten Gedankengang immer zweimal sprechen zu lassen. Zur Veranschaulichung, was ich damit meine: Wenn die Darstellerin von Alice beispielsweise in Richtung des Märzhasen die Frage stellt, ob dieser Platz da neben ihm noch frei ist, wird kurz vom aktuellen Geschehen weggeblendet und in Großaufnahme sieht der Zuschauer nun nur den Mund der Darstellerin von Alice, wie sie die jeweils passende Zusatzinformation - in diesem Fall dementsprechend ", fragte Alice." - anfügt. So als würde man tatsächlich ein Buch lesen. Und dies geschieht auf passende Art und Weise ( "fragte; dachte; sagte; Alice." ) wirklich nach jeder Äußerung, die von Alice getätigt wird ( was - um einige hier gleich zu beruhigen^^ - während des Films aber verhältnismäßig wenige sind ). Natürlich soll so der Eindruck nochmals um ein vielfaches verstärkt werden, dass es sich hier um ein Märchen oder generell um die Verfilmung einer literarisches Werkes handelt, in der diese Form der Erzählweise üblich ist, doch dadurch kann man nie wirklich eine Nähe zu Alice als Charakter aufbauen, da man jedes mal wieder aus dem aktuellen Geschehen gerissen wird, wenn die Großaufnahme von ihrem Mund ins Bild kommt. Ohne Zweifel, ein interessantes Stilmittel, mit dem ich aber - zumindest nun bei der ersten Sichtung - nicht sonderlich viel anfangen konnte. Vielleicht werde ich diesen Aspekt beim wiederholten ansehen nicht mehr als so störend empfinden. Mal schauen. Eines kann ich jedenfalls jetzt schon sagen: Dies war zwar mein erster Film von Svankmajer, aber es wird definitiv nicht der letzte gewesen sein. ^^



      Ein Film, der, meiner Meinung nach, sein volles Potenzial aufgrund einiger kreativer Entscheidungen nicht vollends entfalten kann, doch dessen Sichtung ein ein Erlebnis darstellt, auf das man sich, wenn einem experimentelle und skurrile Filme zusagen, mindestens einmal eingelassen haben sollte.


      7,5/10