8 ½
Otto e mezzo
Otto e mezzo
Studio Cineriz, Franinex
Vertrieb Cineriz, Columbia Pictures
Veröffentlichung 14. Februar 1963
Laufzeit 138 Minuten
Land Italien, Frankreich
Sprache Italienisch
Regie Federico Fellini
Drehbuch Federico Fellini, Tullio Pinelli, Ennio Flaiano, Brunello Rondi
Story Federico Fellini, Ennio Flaiano
Produzent Angelo Rizzoli
Kamera Gianni Di Venanzo
Schnitt Leo Catozzo
Musik Nino Rota
Besetzung
Marcello Mastroianni -– als -– Guido Anselmi
Claudia Cardinale -– als -- Claudia
Anouk Aimée –- als -– Luisa Anselmi
Sandra Milo -– als –- Carla
Inhalt und Kritik
Von Kritikern gefeiert, von Filmemachern verehrt und von der Öffentlichkeit vergessen – 8 ½ von Federico Fellini ist eines dieses Meisterwerke, über das keiner mehr spricht und man weiß einfach nicht, warum. Denn der Film ist trotz seiner äußeren Absurdität ein innerlich sehr fundierter Film, der universelle Themen behandelt und im Kern äußerst zugänglich ist. Es ist gleichzeitig ein Arthaus-Film, wie er im Buche steht. Er erzählt die Geschichte von Guido Anselmi, einem Regisseur, der in einer kreativen Blockade feststeckt. Schauspieler sind engagiert, Sets sind gebaut, Produzenten haben das Geld bereit. Doch er sucht inmitten von Eheproblemen nach dem Sinn seiner Arbeit und seines Daseins und verliert zunehmend Interesse daran, an seinem nächsten Film weiter zu arbeiten.
Marcello Mastroianni spielt unseren Protagonisten Guido Anselmi und er erinnert mit seinem glorreichen, dichten, grauen Haar und dieser dicken Hornbrille, zusammen mit seinen eigenartigen Gesten an einen modernen Jeff Goldblum. Er wandert suchend und ohne Anteilnahme durch die beschäftigten Sets und neben all den lauten Charakteren wirkt er oft wie ein Fremdkörper inmitten dieser durchgeknallten und wilden Party, die ständig in Bewegung ist und nie zur Ruhe kommt. Er wirkt verloren, denn das ist, was er ist: Antriebslos und unglücklich und das ohne zu wissen, warum. Er sucht Erfüllung in einer Affäre und findet nur Leere. Er ist hin- und hergerissen zwischen Erinnerungen an eine längst verlorene Kindheit und ist gefangen in einem Alltag, der ihn nicht mehr erfüllt.
Die äußerst dynamische Inszenierung von Fellini hält den Film über zwei Stunden mühelos am Laufen. Schnitte fallen in dem Trubel kaum auf, Szenen gehen quasi unbemerkt ineinander über und so können wir uns in einem Augenblick noch in einer Traumsequenz befinden, die uns Einblicke in den mentalen Zustand unseres Protagonisten gibt, und uns im nächsten Moment schon in einer surrealistischen Rückblende aufhalten – nicht immer lassen sich diese Ebenen strikt voneinander trennen. Manchmal ist noch nicht mal klar abzugrenzen, ob es sich vielleicht nicht doch um die Realität handelt. Dieser Effekt wird nochmals verstärkt durch eine Tradition, die zu dieser Zeit in italienischen Produktionen herrschte, dass die Filme im Studio nachsynchronisiert wurden, was Dialoge und Lippenbewegungen oft asynchron erscheinen lässt. Ein glücklicher Zufall oder doch berechnetes Kalkül? Womöglich ist das gar nicht wichtig. Ob Traum oder Wachzustand – 8 ½ macht einen so genialen Gebrauch von seiner surrealen Natur, dass es fast schon egal ist, ob man alles verstanden und jeden Punkt mit dem nächsten verbunden hat. Es ist das Erlebnis, worum es geht.
8 ½ ist darüber hinaus auch ein optisches Meisterwerk. Wunderschöne Set-Designs und eine brillante Ausleuchtung, die uns immer genau das sehen lässt, was wir sehen sollen, und nichts mehr. Allein visuell betrachtet ist 8 ½ einer der schönsten Schwarz-Weiß-Filme in der Kinogeschichte. Die komplexen Sets, die zeitweise den Anschein eines Bühnenbildes haben, gepaart mit dem cleveren Einsatz der Kamera tragen einen nicht unwesentlichen Teil zur Schnelllebigkeit der Produktion bei und befinden sich in perfekter Ergänzung mit der surrealen Natur der Geschichte und der flotten Inszenierung Fellinis.
Guido kommt zum Schluss des Films zur Realisation, was hinter seiner Blockade steckt und er wird von seiner Vergangenheit in einer glorreichen Sequenz eingeholt, die vor Schrägheit nur so platzt und in der Nino Rotas vielleicht ikonischster Score neben dem Godfather zur vollen Geltung kommt. Die Fanfarenmusik, die so sehr an Zirkus erinnert, bringt das innere Kind in einem heraus und lässt den Film auf einer äußerst positiven und erbaulichen Note enden, die ich auf diese Art sicherlich nicht erwartet hätte. All das macht die finale Szene zeitgleich wunderschön, nachhängend und scharfsinnig. Ich war einfach froh, den Film gesehen zu haben und halte ihn für ein grandioses Seherlebnis, das ich am liebsten sofort wiederholen würde. Mein Cineasten-Herz ist nun ein Stückweit vollkommener geworden.
"I think there should be visuals on a show, some sense of mystery to it, connections that don't add up. I think there should be dreams and music and dead air and stuff that goes nowhere. There should be, God forgive me, a little bit of poetry." - David Chase
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