Dem ganz großen Hype wird Anatomie eines Falls vielleicht nicht vollständig gerecht, auch wenn dieser mehr als nachvollziehbar ist. Gerade Hauptdarstellerin und Deutschlandexport Sandra Hüller liefert hier eine wahnsinnig gute Leistung ab. Ihr zerrissenes Leben mitten im Trubel von Anschuldigungen, dem überzogenen Medienzirkus, der schwierigen Beziehung zu ihrem sehbehinderten Sohn. Anatomie eines Falls zeigt wunderbar, wie schnell ein Leben komplett aus den Fugen geraten kann, egal ob nun schuldig oder nicht, wie die Gefühlswelt völlig durcheinander geworfen wird und plötzlich so gut wie jede Kleinigkeit von den Medien aufgenommen und seziert wird. Sandra Hüller spielt sich hier wortwörtlich die Seele aus dem Leib, ihren inneren Schmerz transportiert sie durch kleine Regungen in der Mimik bis hin zum großen Gefühlsausbruch. Zumindest hier wird der Hype dem Film gerecht, ihre Leistung dürfte definitiv eine der besten des Jahres sein.

Inhaltlich trifft der Film zwar auch zum größten Teil ins Schwarze, fühlt sich zwischenzeitlich aber auch etwas trocken und fordernd an. Ich weiß nicht genau, wie Gerichtsverfahren in Frankreich ablaufen, aber wenn da jeder Staatsanwalt solch eine Selbstdarstellung abzieht, dann Gute Nacht. Bei ihm musste man gelegentlich mal ein Auge zudrücken, seine Figur war mit der Zeit echt anstrengend - auch wenn das natürlich so gewollt war und die Absurdität auf die Spitze treiben, sowie die gnadenlose Offenlegung der kompletten Privatsphäre zur Schau stellen sollte. Aber davon abgesehen, ist Anatomie eines Falls ein großartiger Film, der vor allem von seiner Hauptdarstellerin lebt und dem sezieren ihres Lebens bis ins kleinste Detail, sei es noch so unnötig oder unangenehm.

Großartiges Kino, vielleicht mit der ein oder anderen kleinen Länge, einer großartigen Darstellerriege und einem spannenden Thema, bei dem Schuldig oder nicht gar nicht mal so sehr im Mittelpunkt steht und sich voll und ganz auf die Analyse sämtlicher Aspekte eines Gerichtsverfahrens samt Medienzirkus konzentriert.

Merci für die Eindrücke. In's Kino wird es mir wohl nicht mehr reichen, auch wenn dieses Genres eigentlich genau mein Beuteschema ist. Hört sich für mich inhaltlich auch ein bisschen so an, als könnte das ein bisschen in Richtung Gone Girl gehen.

Data schrieb:

Hört sich für mich inhaltlich auch ein bisschen so an, als könnte das ein bisschen in Richtung Gone Girl gehen.

Ne, Anatomie eines Falls ist schon ganz anders gestrickt als "Gone Girl". Letzterer ist eher ein spannender Thriller, während Anatomie eines Falls viel mehr im Gericht spielt und in den Mittelpunkt stellt, wie jemand Angeklagtes mit dieser Situation mehr oder weniger zurecht kommt. Das sind jetzt nicht unbedingt die zwei Filme, die ich miteinander vergleichen würde.

Heute im Kino gesehen


Uff, ich wollte den Film wirklich mögen, aber leider hat es nicht geklappt.

Ein Todesfall, ob Mord oder Unfall, eine Frau die erstes beschuldigt wird und die sich vor Gericht verantworten muss, miterleben muss wie quasi ihre kompletten Privatsphäre zur Schau gestellt wird, während ihr Sohn leidet.

Klingt nach tollen Ausgangsmaterial, hat mir Sandra Hüller und Milo Machado-Graner zwei grandiose Schauspieler, aber der Funke wollte trotzdem nicht rüber springen.

Ich habe mich die meiste Zeit der immerhin stattlichen 150 Minuten gelangweilt. Das lag vor allem daran, dass die ganze Geschichte so unglaublich zäh erzählt.
Europäisches Arthousekino at his best und meist bekommt man mich damit, aber ne hier leider nicht.

Dabei spielt sich Sandra Hüller die Seele aus den Leib und verdient jede Nominierung der Welt. Ebenso hat mich Milo Machado-Graner als Sohn sehr fasziniert.
Doch das alles hilft leider nicht, wenn mich die Mainstory nicht abholt.

Die Körnung war dann der Staatsanwalt, der nicht nur unglaublich nervig war sondern wohl eher als Parodie schlechthin durch geht und so überhaupt nicht in den sonst ernsten Film passen wollte.

Insgesamt leider enttäuschend, ich hatte mir soviel mehr versprochen.
Für das grandiose Cast, die erste Stunde des Films und durchaus interessante Ansätze gibt es noch wohlwollende


50 cent "nicht mehr aus dem Kopf gehende" Remixe

Burning schrieb:

Data schrieb:

Hört sich für mich inhaltlich auch ein bisschen so an, als könnte das ein bisschen in Richtung Gone Girl gehen.

Ne, Anatomie eines Falls ist schon ganz anders gestrickt als "Gone Girl". Letzterer ist eher ein spannender Thriller, während Anatomie eines Falls viel mehr im Gericht spielt und in den Mittelpunkt stellt, wie jemand Angeklagtes mit dieser Situation mehr oder weniger zurecht kommt. Das sind jetzt nicht unbedingt die zwei Filme, die ich miteinander vergleichen würde.

Hmhm, okay. Hab mich glaub ein bisschen von deiner Beschreibung um den Medienzirkus leiten lassen ... hat sich wie Gone Girl gelesen und war da ja besonders akzentuiert.

Laufen tut der Film hier noch .... weiß nur nicht, ob ich mich da reinschleppen möchte.

Data schrieb:

Medienzirkus

Nah, der ist hier nur ein kleiner Teil und läuft - im direkten Vergleich mit "Gone Girl" - quasi komplett am äußersten Rand mit. Er ist da, aber nicht so omnipräsent, wie bei Finchers Meisterwerk.

Fand den Film gelungen aber ziemlich unscheinbar.

Einmal gucken geht klar ... aber ist sicher kein grosser Film

Wobei man schon sagen muss, dass er geschickt mit Gefühlen und Erwartungen spielt
Hatte nur das Gefühl ich würde nen WDR Fernsehfilm gucken und keinen Kinofilm

Ist angenehm spannend - und hat n paar nette Ideen

Aber werde ich wohl niewieder gucken

7,5/10