Die Unschuld (Hirokazu Kore-eda)

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    Es gibt 6 Antworten in diesem Thema. Der letzte Beitrag () ist von Burning.

      Die Unschuld (Hirokazu Kore-eda)

      Im Zentrum von Die Unschuld steht der junge Minato, der sich mehr und mehr zurückzuziehen. Seine verwitwete Mutter Saori spürt schnell, dass etwas nicht stimmen kann. Mit Entsetzen erfährt Saori, dass Minatos Lehrer Schuld sein soll an seinem merkwürdigen Verhalten. Aufgebracht stürmt sie in die Schule, verlangt Antworten. Sie merkt, dass man sie hinhält, ihr nicht die ganze Wahrheit sagt. Doch sie lässt nicht locker und will der Sache auf den Grund gehen. Bis nach und nach offenbart wird, was wirklich geschah. Es verändert das Leben aller Beteiligten für immer…

      Als Darsteller sind in unter anderem die beiden Jungschauspieler Sōya Kurokawa und Hinata Hiiragi zu sehen, sowie Sakura Ando, Eita Nagayama und Shidô Nakamura.

      Die Regie übernahm Hirokazu Kore-eda (Shoplifters).
      Für die Musik zeichnet der im vergangenen Jahr verstorbene Ryuichi Sakamoto (The Revenant) verantwortlich.

      Die Unschuld erscheint am 21. März 2024 in den deutschen Kinos.

      Deutscher Trailer
      Vor exakt einem Monat gesehen und der Titel lässt mich immer noch nicht los. Auf wunderbar einfühlsame Art und Weise, erzählt Die Unschuld das wortwörtlich unschuldige Leben zweier Schüler, die in der Schule durch äußere Einflüsse in eine Spirale aus Mobbing und Unglück rutschen, bevor sie zu sich selbst und auch -einander finden. Die beiden Jungdarsteller Soya Kurokawa und Hinata Hiiragi fesseln mir ihrer natürlichen Art an die kleine Geschiche, führen das Publikum in eine Welt aus Angst und Liebe, und zeigen nebenbei das nicht gerade optimale Schulsystem auf.

      Je mehr Laufzeit verstreicht, desto intensiver und wärmer wird der Film, zündet eine wahre Flut an Gefühlen und verlässt sich auf die bis dahin gekonnt aufgebaute Welt, bevor das große Finale gezündet wird, welches bittersüßer nicht sein könnte. Ganz großes Kino, das Kore-eda einmal mehr auf die Leinwände loslässt und mit einer tiefgreifenden Herzlichkeit zu überzeugen weiß.
      Mein Filmtagebuch



      „I think storytelling is all about children. We human beings love to hear stories being told - and it first happens when you're a kid.“
      - David Chase

      Ui, welch feiner Film. Man kann ihn fast in zwei zusammengehörige Abschnitte gliedern. Einmal eine Abhandlung über soziale Phänomene in sensiblen Settings, die unser Zusammenleben erschweren. Und dann ein ergreifendes Coming-of-Age-Drama. Oder aber auch: Wie wir verlernt haben, miteinander zu leben. Und wie wir es könnten.

      Mit ruhiger Hand und feinen Story-Nuancen erzählt der Film von den beiden Seiten einer Medaille. Und davon, dass wir es verlernt haben - oder vielleicht nie richtig gelehrt wurden - aufrichtig und empathisch miteinander zu sprechen. Was wir stattdessen viel zu gut können? Vorschnelle Meinungsbildung, Spekulation, Gerüchte schüren und aus einer subjektiven Eigenperspektive heraus urteilen. Der Film siedelt das Geschehen mitunter im schulischen Kontext an und verarbeitet in seiner ersten Hälfte ein paar vergleichbare Themen wie es der deutsche Vertreter Das Lehrerzimmer tut.

      Wir erleben zwei Seiten, die sich dieselbe Realität teilen, doch keine unterschiedlicheren Perspektiven haben könnten. Die besorgte Mutter scheint in einer gar unrealen Welt voll betäubter Zombies um das Wohl ihres Kindes kämpfen zu müssen. Menschliche Hüllen, die ihr Kind schlecht behandeln und sich bei Erklärungsversuchen in Plattitüden und Normen hüllen, anstatt offen zu sprechen. Der Blickwinkel des Kollegiums ganz gegenteilig: Unglückliche Konstellationen, persönliche Probleme, konfuse Entscheidungsfindungen sowie Angst und Druck lassen den betroffenen Lehrer derart schlecht dastehen, der es eigentlich nur gut gemeint hat. Doch es gibt ein Grau dazwischen.

      Und genau hier gibt Die Unschuld im Gegensatz zu Das Lehrerzimmer eine sehr ausführlich inszenierte Antwort: Wir brauchen die ehrlichen Gefühle eines Kindes, um uns wieder zu verstehen. Akzeptanz, Wertschätzung, Achtsamkeit und eine Loslösung von gesellschaftlichen Erwartungen und damit verbundenem Druck, extern und an uns selbst. Auch dabei wird es immer wieder steinig sein, wie auch der 3. Akt bestens beweist, doch der Weg startet mit einem Willen. Und dafür müssen wir uns nicht neu erfinden oder gar wiedergeboren werden (was der Film immer wieder verbal aufgreift), sondern einfach nur loslegen. Am besten jetzt.

      Schöner Film. Höchste Zeit, Shoplifters nachzuholen.


      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Bavarian“ ()

      Sehr schön, dass der Film dir auch so zugesagt hat. Tolle Kritik, gehe mit allen Punkten mit. "Shoplifters" wird dir sicher auch gefallen :)
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      „I think storytelling is all about children. We human beings love to hear stories being told - and it first happens when you're a kid.“
      - David Chase