Der Elefantenmensch

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    Es gibt 60 Antworten in diesem Thema. Der letzte Beitrag () ist von Bavarian.

      Dune habe ich momentan gar nicht geplant, weil der ja selbst bei den meisten Lynch-Fans nicht gerade gut wegkommt. Blue Velvet muss ich erst noch kaufen.

      Wild at Heart, Mulholland Drive, Lost Highway, Inland Empire habe ich momentan als Reihenfolge festgelegt. Mehr Filme habe ich noch nicht hier.

      freido schrieb:

      Wild at Heart, Mulholland Drive, Lost Highway, Inland Empire habe ich momentan als Reihenfolge festgelegt


      Das hört sich doch schon mal gut an. :thumbup: Aber vergiss "Blue Velvet" nicht zeitnah hinterherzuschieben. Würde sich mMn gut nach "Wild at Heart" und vor "Mullholland Drive" machen. ;)

      Ich muss ja selbst auch noch ein paar Sachen nachholen (und auch erst noch besorgen). V.a. "Der Elefantenmensch" muss ich dieses Jahr noch unbedingt in Angriff nehmen. An "Inland Empire" traue ich mich dagegen immer noch nicht. ^^

      Toller Film über Menschlichkeit und Akzeptanz, von David Lynch äußerst ruhig und nah inszeniert. The Elephant Man überzeugt komplett, auch wenn er sich an der ein oder anderen Stelle etwas zieht, kann aber mit seinen tollen Darstellern, dem s/w-Stil und vor allem der ruhigen Erzählart begeistern.

      Sehr schön auch, wie das Make Up heute noch funktioniert und zu keiner Zeit billig wirkt und man somit die Verletzlichkeit noch besser nachvollziehen kann. Generell wirkt der Film sehr sensibel und geht auf das Thema mit der nötigen Feinfühligkeit ein.

      Trotz, oder vielleicht auch gerade wegen seines Alters funktioniert der Film immer noch super und sollte auch in der heutigen Zeit von jedem gesehen und vor allem verstanden werden. Ganz großes Kino.


      8/10
      :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern2: :stern2:
      Mein Filmtagebuch



      „I think storytelling is all about children. We human beings love to hear stories being told - and it first happens when you're a kid.“
      - David Chase

      Über mysteriöse Umwege (ja wie sollte es auch anders sein - wie eben ein Mel Brooks der "Eraserhead" klasse fand - paradox!) kam der exzentrische junge David Lynch an das Script namens "The Elephant Man". Obwohl noch 3 andere Drehbücher auf ihn warteten hat er bei dem Titel wie er selbst zugegeben hat sofort zugesagt, die anderen 3 Skripten wurden nicht mal eines Blickes gewürdigt. Es war und es ist diese eine gewisse abstrakte Intuition auf der er sich stets verließ, sei es beim malen oder bei der Wahl seiner filmischen Projekte (die Shorts mit inbegriffen). Der Schlüssel zu seinem 2. Filmprojekt findet sich einzig in der emotionalen Hochebene, also ist er nicht schwer auffindbar. Man muss zwar mal kurz rauf, aber das war es dann auch schon. Hast du diesen Schlüssel, dann stehst du im Raum mit dieser abscheulichen Kreatur, welche langsam beginnt sich selbst als Mensch zu sehen. Großartige Schauspieler, das s/w unterstreicht noch einmal den starken künstlerischen Ausdruck eines Filmvisionärs und hinter der Kamera Freddie Francis (der legendäre Regisseur einiger interessanter Hammer-Gothic-Filme). Schön, linear und auch sehr traurig. Der Film fällt zwar aus dem Oeuvre von Lynch komplett raus, aber das ist dem Fall positiv auszulegen.

      Was mich bei seinen Filmen immer wieder fasziniert ist eine spezielle Dunkelheit. Natürlich ist es nicht die dunkle Gasse, aus der etwas hervorschießen könnte um dich anzugreifen. Nein, vielmeh eine heftiger Strom in das Unterbewusstsein. Bei seinen typischeren Filmen ist es natürlich einfacher dies zu erkennen (oder auch nicht). Aber hier ist es komplexer. Was macht der Charakter von Anthony Hopkins da nur mit dieser schrecklich verunstalteten Person und was will diese selbst von ihm? Eine Heilung wohl kaum, dafür ist sie zu clever um zu wissen, dass dies nicht möglich ist. Und einfach als Mensch akzeptiert zu werden ist mir eine zu schnelle und nicht befriedigende Antwort. Eine bizarre (nicht sichtbare) Verbindung besteht zwischen den beiden. Und es ist schwer das zu entschlüsseln. Ich habe jedenfalls festgestellt auch sein scheinbar einfachster Film birgt ein gewisses Mysterium. Bis heute habe ich das nicht enträtseln können.

      Und Lynch pur gibt es auch in dem schönen Film. Man rufe sich nur mal die Eröffnungsszene mit den Elefanten und der Frau in Erinnerung. Im höchsten Maße verstörend.

      8 / 10 sehr bärtigen Frauen
      "Man geht schon ein Risiko ein, wenn man morgens aufsteht, über die Straße geht und sein Gesicht in einen Ventilator steckt!"

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Olly“ ()

      "Der Elefantenmensch" erscheint digital restauriert in 4K!

      VÖ: 02. April 2020 (40. Jubiläum)

      Auch eine Blu-ray-Neuauflage ist angekündigt. Weitere Infos folgen...

      Quelle: bluray-disc.de/blu-ray-news/fi…in_4k_auf_ultra_hd_bluray
      "Man geht schon ein Risiko ein, wenn man morgens aufsteht, über die Straße geht und sein Gesicht in einen Ventilator steckt!"
      Dank der @Bavarian "Challenge" hab ich mir dieses frühe Lynch Werk auch endlich Mal angesehen (obwohl ich mittendrin mehrmals das Gefühl hatte, das ich ihn doch schon Mal gesehen habe :D ). Aber das macht ja nichts, da es nach wie vor ein sehenswertes Plädoyer für (mehr) Menschlichkeit ist. Das ruhig und in schwarz weiß inszenierte Drama wird dabei getragen von tollen Schauspielleistungen allen voran von einem nicht zu erkennenden John Hurt und Anthony Hopkins. Auch sämtliche Frauendarsteller fand ich gut agierend. Leider gab es mMn aber auch 2 Ausfälle und zwar die beiden Antagonisten Bytes und Jim. Diese waren schon arg eindimensional mit einem Hang zum Overacten.

      Leider konnte ich wie Roger Ebert auch wenig mit der Eröffnungs- und Schlussszene anfangen. Diese haben für mich nicht ganz zum Rest des Films gepasst, zeigen aber vermutlich schon den späteren Lynch. Unterm Strich handelt es sich hier aber dennoch um ein gelungenes Frühwerk von Lynch welches von ihm (ihm Gegensatz zu seinen kommenden Filmen) noch klassisch erzählt wird (bis auf die beiden oben erwähnten Ausnahmen).

      :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern2: :stern2: :stern2: - 7,0/10

      "I am not an animal! I am a human being. I am a man."

      Lynch hätte hier bereits seine ersten beiden Oscars verdient gehabt. "Leider" siegte Bobby Redford mit seiner "Ganz normalen Familie".

      Großartiger Film, aber doch einer der schwächeren von Lynch. :P
      "Man geht schon ein Risiko ein, wenn man morgens aufsteht, über die Straße geht und sein Gesicht in einen Ventilator steckt!"
      So gerne ich Lynchs Wunschfilm Ronnie Rocket - als zweiten Spielfilm nach Eraserhead - auch gesehen hätte... doch ich bin heilfroh, dass es letztendlich The Elephant Man wurde. Das dürfte ihn in entscheidende cineastische Bahnen gelenkt haben, die im weiteren Verlauf seinen Surrealismus und eine gewisse filmische Größe miteinander vereint haben. Vom spirituellen Midnight-Special-Horror Eraserhead zu acht Oscar-Nominierungen mit The Elephant Man. Was für ein filmischer Paradigmenwechsel. Zusammen mit The Straight Story gewiss sein zugänglichstes Werk.

      Neben Dune dürfte das der Lynch sein, den ich bisher am seltensten gesehen habe (gestern die Drittsichtung) und die jüngste Erfahrung war wohl meine intensivste mit dem Film. Ein Plädoyer für Menschlichkeit, innere Schönheit und Offenheit sowie ein Mahnmal, das sich gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und Ausbeutung ausspricht. Zeitlos und leider stets aktuell.

      Lynch liefert mit The Elephant Man ein sehr menschliches Werk ab und beweist damit sein Facettenreichtum in vielerlei Hinsicht. Des Weiteren hatte er einen entscheidenden Anteil daran, dass sich das Handwerk sowie die Begrifflichkeit "Sound Design" weiter emanzipieren konnte, nachdem er in Eraserhead bereits eine untrennbare Symbiose, aber auch arge Widersprüchlichkeiten innerhalb der Bild-Ton-Beziehung schuf. Auch oscar-historisch war dieser Film der entscheidende Trigger, dass eine explizite Kategorie für Make-Up eingeführt wurde. Lynch wehrte sich am Set erfolgreich gegen einen überaus störrischen Hopkins und beweist nicht nur in dessen Person, dass er auch ein Ensemble mit Größe und Prestige dirigieren kann. Ein in so vielerlei Hinsicht bedeutender Film für Lynch und auch das Filmbusiness.

      Lynch schnappt sich den betroffenen Zuschauer sehr direkt und zerrt bestimmt an seinem Hemdkragen, denn auch der Zuschauer fürchtet sich mit der Krankenschwester mit, die dem Elephant Man sein Essen bringen muss, obwohl man zu diesem Zeitpunkt bereits weiß, wie harmlos und friedsam er ist. Auch den Mythos, den der Besitzer des Elefantenmanns aus Show-Gründen erschuf (Angriff von Elefanten usw.) besetzt das Drehbuch zunächst als eine tatsächliche Storygrundlage, in Form der abstrakten Anfangssequenz. Der Horrorfilm, der sich als sensibles und substanzielles Drama entpuppt, jedoch nie zum unreflektierten Kitsch mutiert, da Rückschläge, Menschenfeindlichkeit und selbst Kritik an dem eigentlich altruistisch agierenden Dr. Treves nie verblassen.

      Der Film zeigt auf, wie die Besitzergreifung und Perspektive der Gesellschaft zur akzeptierten Realität des Opfers werden. Es ist kein Monster, das nicht spricht. Er ist ein Mensch, mit dem nur nie richtig gesprochen wurde. Welche Werte es bedarf, um Außenseiter nach innen zu holen, zeigt der Film auch in Persona Anne Bancroft, die mir in ihren rar gesäten Szenen als Mrs. Kendal sehr imponierte und darstellt, welchen Einfluss "Influencer" haben könnten, wenn sie denn die richtigen Anliegen verfolgen würden. Und doch, wie so oft bei dem Film, wohnt dem Schönen das Tragische bei. Denn wenn dann alle im Theater applaudieren, hat das doch wieder einen faden Beigeschmack, denn wo liegt hier der wirkliche Antrieb?

      Lynch inszeniert in einem modern wirkenden S/W. Die Kamera fängt die Bilder ruhig und hoch elegant ein. Die Bildsprache zeigt den Elephant Man in der ersten Hälfte des Films in eher unbedeutenden Posen. Nie zentral, in dunklen Positionen und aus fahrigen Blickwinkeln fotografiert. Umso imposanter, heller, größer und zentraler werden die Aufnahmen dann, sobald dieser sich verändert.

      Sieben Stunden verbrachte John Hurt teilweise im Make-Up-Studio, bis er auch optisch zum Elephant Man wurde. Er beschrieb diesen Prozess als gewinnbringende Phase der Transformation. Und ja, selten wurde so viel Make-Up-Masse derart eins mit einer kaum mehr zu sehenden Mimik. Doch es gibt wenige Stellen, die nicht von Deformierungen betroffen sind. Und die lassen die innere Schönheit dieses Menschens auch optisch erkennen. Wie die Kathedrale, die er modelliert. Von der er nur die Spitze erkennen kann, die über die Häuser hinüberragt, sobald er aus dem Fenster blickt. Und die er dennoch in all ihrer Herrlichkeit gebastelt bekommt, da manchmal schon ein kleines Fragment ausreicht, um das wunderbare Ganze erkennen zu können.

      Die letzte Szene trifft mich immer sehr arg. Da müssen wohl mal wieder die Zwiebel-Ninjas unterwegs gewesen sein. Einer der wahrscheinlich schönsten

      Spoiler anzeigen
      Freitode der Filmgeschichte.


      Wenn einer der, intern verglichen, "schwächsten" Lynch-Filme so dermaßen gut ist, dann sagt das so einiges über das Schaffen dieses Mannes aus.






      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „Bavarian“ ()

      Scholleck schrieb:

      Leider konnte ich wie Roger Ebert auch wenig mit der Eröffnungs- und Schlussszene anfangen. Diese haben für mich nicht ganz zum Rest des Films gepasst, zeigen aber vermutlich schon den späteren Lynch.


      Und auch den noch Früheren. ;)

      Bei der Schlussszene gebe ich dir recht. Die wirkt in ihrem Aufbau und ihrer Wirkung etwas deplatziert. Etwas zu viel. Schließt ästhetisch zwar irgendwo den Kreis zur ähnlich gepolten Eröffnungsszene, aber die hat für mich durchaus so ihren Wert.

      Spoiler anzeigen
      Gerade die Szenen, die die trampelnden Elefanten und die schreiende Mutter des Elefantenmenschens zeigen, treiben den Horror-Mythos an, den der Schausteller fabriziert. Und machen ihn in dem Moment irgendwie zur Tatsache. Und gerade deswegen funktioniert der Film für mich so gut, weil er auch den Zuschauer direkt anspricht, mit den Erwartungen spielt und mir damit selbst den Spiegel vorhält. Es wird horrorartig ein Mysterium um den Elephant Man geschaffen. Man sieht ihn nie so wirklich. Wir fürchten uns davor, was uns erwartet. Nur um dann festzustellen, dass hinter dem Mythos eine friedliche und wunderbare Seele schlummert.


      Noch was anderes. Ich habe zuletzt in mehreren Kritiken zum Film gelesen, dass

      Spoiler anzeigen
      einige den Tod von John/Joseph Merrick als deprimierten Suizid wahrnehmen. Dass er in dem Moment realisiert, dass er nie "normal" sein wird und daher aufgibt. Sich normal ins Bett hineinlegt und daher stirbt. Ich habe das anders wahrgenommen. Ich sehe da - trotz all der Tragik - irgendwo auch einen glücklichen Merrick. Zumindest in diesem einem Moment. So zwiespältig sein Theaterbesuch mit all dem Applaus auch für uns aussehen mag (doch wieder nur ein vorgeführtes Monster?), doch ich nahm in dem Moment auch wahr, wie viel ihm das bedeutet hat. Und wie sehr er sich gefreut hat, dass Treves ihn für immer dort wohnen lässt. Dazu die Fertigstellung seiner Modell-Kathedrale. Für mich ein Moment der Glückseligkeit. Zum absoluten Wohlbefinden fehlt ihm nur noch eine normale Schlafposition. Und die lässt er sich nicht nehmen, obgleich der Konsequenz. Natürlich ist das sehr dramatisch, aber ich nehme ihn in dieser Situation keinesfalls als ausschließlich deprimiert wahr...


      Oder wie seht ihr das?






      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Bavarian“ ()

      Bavarian schrieb:

      Scholleck schrieb:

      Leider konnte ich wie Roger Ebert auch wenig mit der Eröffnungs- und Schlussszene anfangen. Diese haben für mich nicht ganz zum Rest des Films gepasst, zeigen aber vermutlich schon den späteren Lynch.


      Und auch den noch Früheren. ;)


      Das konnte ich da ja noch nicht wissen. :D

      Bavarian schrieb:


      Noch was anderes. Ich habe zuletzt in mehreren Kritiken zum Film gelesen, dass

      Spoiler anzeigen
      einige den Tod von John/Joseph Merrick als deprimierten Suizid wahrnehmen. Dass er in dem Moment realisiert, dass er nie "normal" sein wird und daher aufgibt. Sich normal ins Bett hineinlegt und daher stirbt. Ich habe das anders wahrgenommen. Ich sehe da - trotz all der Tragik - irgendwo auch einen glücklichen Merrick. Zumindest in diesem einem Moment. So zwiespältig sein Theaterbesuch mit all dem Applaus sich auch für uns aussehen mag (doch wieder nur ein vorgeführtes Monster?), doch ich nahm in dem Moment auch wahr, wie viel ihm das bedeutet hat. Und wie sehr er sich gefreut hat, dass Treves ihn für immer dort wohnen lässt. Dazu die Fertigstellung seiner Modell-Kathedrale. Für mich ein Moment der Glückseligkeit. Zum absoluten Wohlbefinden fehlt ihm nur noch eine normale Schlafposition. Und die lässt er sich nicht nehmen, obgleich der Konsequenz. Natürlich ist das sehr dramatisch, aber ich nehme ihn in dieser Situation keinesfalls als ausschließlich deprimiert wahr...


      Oder wie seht ihr das?


      Das hab ich exakt auch so wahrgenommen. :)

      Bavarian schrieb:


      Noch was anderes. Ich habe zuletzt in mehreren Kritiken zum Film gelesen, dass

      Spoiler anzeigen
      einige den Tod von John/Joseph Merrick als deprimierten Suizid wahrnehmen. Dass er in dem Moment realisiert, dass er nie "normal" sein wird und daher aufgibt. Sich normal ins Bett hineinlegt und daher stirbt. Ich habe das anders wahrgenommen. Ich sehe da - trotz all der Tragik - irgendwo auch einen glücklichen Merrick. Zumindest in diesem einem Moment. So zwiespältig sein Theaterbesuch mit all dem Applaus auch für uns aussehen mag (doch wieder nur ein vorgeführtes Monster?), doch ich nahm in dem Moment auch wahr, wie viel ihm das bedeutet hat. Und wie sehr er sich gefreut hat, dass Treves ihn für immer dort wohnen lässt. Dazu die Fertigstellung seiner Modell-Kathedrale. Für mich ein Moment der Glückseligkeit. Zum absoluten Wohlbefinden fehlt ihm nur noch eine normale Schlafposition. Und die lässt er sich nicht nehmen, obgleich der Konsequenz. Natürlich ist das sehr dramatisch, aber ich nehme ihn in dieser Situation keinesfalls als ausschließlich deprimiert wahr...


      Oder wie seht ihr das?


      Ich stimme dir zu, dass das eine sehr bewusste Entscheidung war von ihm, dass er sich der (möglichen) Konsequenzen bewusst war und es trotzdem tat. Über die Psychologie dahinter kann man sich nun streiten - oder was das für eine Symbolik hat -, aber für mich schließt sich damit ein bisschen der Kreis, dass alles, was er im Leben wollte, war, wie jeder andere zu sein. Und da gehört halt dazu...

      Spoiler anzeigen
      ... einmal die normalste Sache auf der Welt - zu schlafen, was wirklich jeder macht, ob Mensch oder Tier - so zu tun, wie jeder das macht, in einer liegenden Position und dies seine Entscheidung sein zu lassen, was es irgendwo noch etwas menschlicher macht.


      Natürlich ist das traurig und ich hätte ihm gegönnt, dass es anders ausging. Aber ich hätte John so vieles anders gegönnt - und dass er am Ende etwas auf eine Weise tut, weil er es so tun wollte, das gönne ich ihm tatsächlich noch etwas mehr. Irgendwie ... bekräftigend und kathartisch.

      Im Übrigen - wisst ihr sicher - war das ja keine Erfindung des Films:

      Spoiler anzeigen
      Joseph Merricks Schicksal endete auf die gleiche Weise - aber ob es nun ein Unfall war oder tatsächlich Suizid, darüber sind sich seine Biographen bis heute nicht einig, denn es gab wohl keine Anzeichen für letzteres, wie zum Beispiel einen Abschiedsbrief.


      The Elephant Man habe ich mir dieses Jahr dann auch endlich auf UHD gegönnt und erst vor einigen Monaten dann gesehen. Toller Film - einer meiner Lieblinge von Lynch -, der für mich aufzeigt, was für ein Mensch (im yiddischen Sinne) der Regisseur tatsächlich ist. Die Charaktere im Film können grausam und gemein und der letzte Abschaum sein. Aber der Film strahlt für mich an den wichtigen Stellen eine Wärme und eine Menschlichkeit aus - ohne dabei in Kitsch abzudriften - wie kaum ein anderer. Schaue ich mir viel zu selten an, aber wenn ich an Lynch denke, dann kommt mir der hier oft als erstes in den Sinn. Was für ein glücklicher Umstand, dass Mel Brooks damals Eraserhead gesehen hat - und das Genie Lynch als natürliche Wahl für den Regieposten auserkoren hat.
      "I think there should be visuals on a show, some sense of mystery to it, connections that don't add up. I think there should be dreams and music and dead air and stuff that goes nowhere. There should be, God forgive me, a little bit of poetry." - David Chase
      ist sehr lange her, dass ich den Film gesehen habe, damals primär deswegen, weil Mel Brooks den produziert hat.

      Zu Merricks Tod
      Spoiler anzeigen
      in der Serie "Ripper Street" taucht John mehrmals auf und wird von einem korrupten Polizisten ermordet, indem er ihm alle Kissen wegnimmt und John somit flach auf dem Rücken liegt und erstickt

      Black schrieb:

      ist sehr lange her, dass ich den Film gesehen habe, damals primär deswegen, weil Mel Brooks den produziert hat.

      Bei mir war es primär sogar Kameramann Freddie Francis, der früher für einige der beliebtesten britischen Horrorfilme inszeniert hat - "Die Todeskarten des Dr. Schreck", "Der Satan mit den langen Wimpern" oder der wahnsinnig erfolgreiche "Geschichten aus der Gruft". Ja, bei dem Lynch-Frühwerk sind ein paar interessante Namen involviert gewesen. :)
      "Man geht schon ein Risiko ein, wenn man morgens aufsteht, über die Straße geht und sein Gesicht in einen Ventilator steckt!"

      Data schrieb:

      aber wenn ich an Lynch denke, dann kommt mir der hier oft als erstes in den Sinn.


      Oh, das ist spannend. Der Film ist ja nun nicht unbedingt ein inhaltliches und stilistisches Aushängeschild von ihm. Wobei es mir irgendwie ähnlich geht. Mit Lynch assoziiere ich in der ersten unterbewussten Sekunde oftmals The Straight Story. Auch wenn Mulholland Drive, Lost Highway, Twin Peaks oder sein Debüt Eraserhead naheliegender wären, aber am Ende sind es vielleicht doch die einfühlsamen und realistischeren Emotionen, die ins Herz treffen und zuerst aufkommen.

      Data schrieb:

      Was für ein glücklicher Umstand, dass Mel Brooks damals Eraserhead gesehen hat - und das Genie Lynch als natürliche Wahl für den Regieposten auserkoren hat.


      "You´re a madman, I love you!" :D






      Bavarian schrieb:

      Data schrieb:

      aber wenn ich an Lynch denke, dann kommt mir der hier oft als erstes in den Sinn.


      Oh, das ist spannend. Der Film ist ja nun nicht unbedingt ein inhaltliches und stilistisches Aushängeschild von ihm. Wobei es mir irgendwie ähnlich geht. Mit Lynch assoziiere ich in der ersten unterbewussten Sekunde oftmals The Straight Story. Auch wenn Mulholland Drive, Lost Highway, Twin Peaks oder sein Debüt Eraserhead naheliegender wären, aber am Ende sind es vielleicht doch die einfühlsamen und realistischeren Emotionen, die ins Herz treffen und zuerst aufkommen.


      Ein Grund dürfte bei mir auch sein, dass es (ich meine) der erste Lynch war, den ich gesehen habe. Und irgendwie geht mir die Geschichte um Joseph Merrick einfach nach - ich finde seine Biographie unglaublich traurig - interessant - neugierig - erforschenswert. Und den Film an sich ist einfach ein unglaublich starkes Zeugnis an die schlimmsten und die besten Seiten der Menschen und was schlimme Taten für Konsequenzen haben können - und was es für einen Unterschied machen kann, wenn jemand was Gutes tut. Der Film trifft mich - und wie du sagst, so präsent und kultig der merkwürdige Lynch auch ist, aber am Ende sind es halt die primitiven, grundsätzlichen Emotionen, die uns menschlich machen und für uns am besten identifizierbar sind.
      "I think there should be visuals on a show, some sense of mystery to it, connections that don't add up. I think there should be dreams and music and dead air and stuff that goes nowhere. There should be, God forgive me, a little bit of poetry." - David Chase
      Habe mich in den letzten Tagen nochmals intensiver mit dem Film auseinandergesetzt, u. a. in Form des Bonusmaterials auf dem Mediabook. Es ist schon bedauerlich wie bezeichnend, dass das Drehbuch damals von so vielen Studios und Produzenten abgelehnt wurde, mit der Begründung, niemand wolle sich ein Drama über "solch ein Ungeheuer" ansehen. Womit das gesellschaftskritische Statement, dass das Werk bearbeitet, paradoxerweise absolut unterstrichen wird. Umso wunderbarer, dass Mel Brooks, der eben nicht nur der Komiker war und ist, sondern viel Intellekt und Feingespür besitzt, das ganze endgültig ins Rollen brachte und einem kleinen Surrealisten zu einem solchen Elite-Drama mit prestigereichem Ensemble verhalf, das letztendlich Oscar-Geschichte schrieb. Und das gleich in vielerlei Hinsicht (acht Nominierungen + Gründung/Reform von Kategorien).

      Glücklicherweise ist der Film dadurch genau da gelandet, wo er wohl hin sollte.






      Bavarian schrieb:

      Habe mich in den letzten Tagen nochmals intensiver mit dem Film auseinandergesetzt, u. a. in Form des Bonusmaterials auf dem Mediabook. Es ist schon bedauerlich wie bezeichnend, dass das Drehbuch damals von so vielen Studios und Produzenten abgelehnt wurde, mit der Begründung, niemand wolle sich ein Drama über "solch ein Ungeheuer" ansehen. Womit das gesellschaftskritische Statement, dass das Werk bearbeitet, paradoxerweise absolut unterstrichen wird. Umso wunderbarer, dass Mel Brooks, der eben nicht nur der Komiker war und ist, sondern viel Intellekt und Feingespür besitzt, das ganze endgültig ins Rollen brachte und einem kleinen Surrealisten zu einem solchen Elite-Drama mit prestigereichem Ensemble verhalf, das letztendlich Oscar-Geschichte schrieb. Und das gleich in vielerlei Hinsicht (acht Nominierungen + Gründung/Reform von Kategorien).

      Glücklicherweise ist der Film dadurch genau da gelandet, wo er wohl hin sollte.


      Ich meine auch, mal gelesen zu haben, dass Lynch recht nervös vor der Tür wartete, bis Brooks mit einer privaten Aufführung von Eraserhead fertig war. Woraufhin er ihm ja fast euphorisch entgegen lief mit den Worten

      Bavarian schrieb:

      "You´re a madman, I love you!" :D


      Ich bin mir sicher, Lynch hätte auch so seinen Weg gefunden. Aber was für ein glücklicher Umstand, dass das Schicksal die beiden zusammenführte (war auch eines der interessanteren Kapitel in Brooks' ansonsten recht unausstehlichen Selbstaufgeilung, die er als Biographie verkauft hat).

      Ist auch eine gute Erinnerung, dass ich mir vor einigen Jahren in Whales in so einem Gebrauchtwarenladen ein Buch über Joseph Merrick gekauft habe, das ich vielleicht dieses Jahr endlich mal lesen könnte.
      "I think there should be visuals on a show, some sense of mystery to it, connections that don't add up. I think there should be dreams and music and dead air and stuff that goes nowhere. There should be, God forgive me, a little bit of poetry." - David Chase
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