Original von Data
Mit Satire hat das eigentlich nichts zu tun. In meinen Augen reduziert der Begriff den Wert der Show sogar mehr, als dass er ihr hilft, weil so der Eindruck ensteht, man könnte die Serie vielleicht nicht richtig ernst nehmen.
Die "Sopranos" haben zweifellos reichlich satirische Momente - man denke nur an die Kultfolge s03e11 "Pine Barrens" ("Verschollen im Schnee"), Tonys Ärger mit seiner Mutter (und den running gag, ob er sie in einem Pflegeheim oder einem Seniorenruhesitz untergebracht hat) oder eine Figur wie "Paulie". Wenn der beim gemeinsamen Essen mit seiner Crew nicht aufhören will, von vollgepinkelten Schnürsenkeln zu labern, ist das einfach zum Schreien komisch.
"Gesellschaftssatire" wäre aber übertrieben - ein paar Seitenhiebe auf die amerikanische Kultur (wie Carmelas sofortiger Griff zur AK-47) können nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Serie im Kern ein sehr nachdenkliches Familiendrama ist, getarnt als Mafia-Epos. Wobei es zu den großen Stärken der "Sopranos" gehört, dass sie sämtliche Lebensbereiche und Emotionen abbilden, eine strikte Einordnung damit kaum möglich ist.
Original von pauli
IMO die beste Serie aus Amiland,
Neben "The Wire", das man locker als gleichwertig danebenstellen kann. Beide Serien habe sowohl gemeinsame als auch eigene Stärken; während die "Sopranos" einzelne Figuren intensiver ausleuchten, kümmert sich der verfilmte Gesellschaftsroman von David Simon mehr um das große Ganze. Würde man beides miteinander kombinieren wollen, käme man wahrscheinlich nicht unter 150 Folgen aus.
Original von pauli
Es wird schon ein erwachsener Zuaschauer verlangt, da der Zuschauer hier wie bei the Wire ernst genommen und nicht als zu fütterndes TV Vieh angesehen sondern als mitdenkender gefordert wird.
Mitdenken reicht hier allerdings nicht, mitfühlen ist genauso wichtig. Kenne jedenfalls keine andere Serie, die so viel Empathie vom Zuschauer verlangt - wer nicht in der Lage ist, sich in die einzelnen Figuren hineinzuversetzen und Nuancen in Mimik, Gestik oder Gesagtem wahrzunehmen, wird den Sinn der Serie kaum erfassen.
Hinzu kommt, dass es hier keine altbackenen Gut-Böse-Stereotypen gibt, sondern Figuren, mit denen man je nach Situation leidet oder sie auch mal zum Teufel wünscht. Für die man - wenn das erwähnte Einfühlungsvermögen vorhanden ist - starke Gefühle entwickelt, und das in jede Richtung. Charaktere, deren Schicksale man nach dem Abspann nicht gleich vergisst, sondern die einen emotional und gedanklich auch darüber hinaus beschäftigen können. In meinem Fall sind die "Sopranos" bisher auch die einzige, fiktionale Film-/TV-Produktion, die es in einigen Momenten geschafft hat, mich ernsthaft über mich selbst nachdenken zu lassen.