The Dry

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  • Einleitung


    Die Bücher der Autorin Jane Harper sind irgendwo zwischen Drama und Thriller angesiedelt und haben weltweit bereits viele Fans gewinnen können.

    Dieses Jahr erschien Harpers vierter Roman "Survivors", die Verfilmung ihres ersten hingegen feierte Anfang des Jahres Kinopremiere in Australien.

    The Dry (dt. Romantitel "Hitze") handelt von Federal Agent Aaron Falk, der nach einer sogenannten Familientragödie in seine Heimatstadt fährt, um dort der Beerdigung eines alte Freundes beizuwohnen. Die Eltern seines Freundes äußern ihre Zweifel an der offiziellen Version des Tathergangs und Falk nimmt die Ermittlungen auf, wird allerdings auch mit einer Tragödie aus der Vergangenheit konfrontiert.



    © Leonine 2020


    Kritik


    Wie auch Harpers Romanvorlage ist auch die Verfilmung von The Dry durch und durch australisch: Der Cast spricht teilweise sehr breiten australischen Dialekt (Broad Australian) und wessen Gehör hier nicht so geübt ist, sollte besser auf die deutsche Synchronisierung warten. Das Vokabular geht auch über das bekannte "G'Day Mate" und "no worries" hinaus, außerdem wird zum Teil auch Bezug genommen auf typisch australische Spezialitäten, die nicht unbedingt jeder kennt. Das ist aber okay so, denn wie auch Harpers Bücher nimmt der Film vollkommen eine australische Identität an, ohne sich einem internationalen Publikum anzubiedern. Australier stürmten für den Film die Kinos, und es hat ihnen vermutlich ähnlich gefallen, wie das deutsche Publikum auch für Ostfriesenkrimis oder den "Tatort" empfänglich ist. Ob das internationale Publikum an den Stoff rankommt, steht auf einem anderen Blatt. Die Bücher jedenfalls konnten durchaus global Fans gewinnen, vermutlich auch aufgrund ihrer Andersartigkeit.

    Wer sich auf The Dry einlassen kann, wird einen atmosphärischen, ruhigen Thriller bekommen. Das Pacing ist eher gemächlich, aber genau das macht es aus, es gibt keine große Action oder Bombast, es geht stets unaufgeregt und realistisch zur Sache. Es gibt Rückblenden zu einem Geheimnis aus der Vergangenheit, während gleichzeitig ein aktueller Vorfall aufgeklärt werden soll, bei dem ein Mann seine Frau und sein Kind getötet haben soll, bevor er sich selbst das Leben nahm. Durch die parallele Erzählung soll der Zuschauer bei der Stange gehalten werden, nur leider erweist sich manche Szene als zu ermüdend bzw. geht es dann doch etwas zu langsam vorwärts, auch wenn dem Zuschauer stets ein Häppchen zugeworfen wird, der ihm signalisiert, dass es weitergeht und das jeweilige Geheimnis bald gelöst ist. Natürlich darf die ein oder andere falsch gelegte Fährte dabei nicht fehlen.

    The Dry scheut vor einigen blutigen und brutaleren Bildern nicht zurück, setzt aber nicht zwanghaft auf Gore: Es ist da dreckig, wo es dreckig sein muss. In allererster Linie aber ist es trocken und staubig, aber genau hier ist die größte Stärke des Films zu finden: In seinen Bildern. The Dry fängt das australische Outback mit teils phänomenalen (Widescreen-)Einstellungen und Kamerafahrten großartig ein, während gleichzeitig ausdrücklich gezeigt wird, wie ungemütlich diese lebensfeindliche Umgebung sein kann.

    Eric Bana ("Troja") in der Hauptrolle des Aaron Falk überzeugt auf ganzer Linie, diese ruhige, sehr introvertierte und teils auch unsichere Rolle steht ihm außergewöhnlich gut. Alle anderen Darsteller machen ebenfalls einen guten Job, indem ebenfalls unaufgeregt und sehr natürlich gespielt wird.

    Das große Problem von The Dry ist jedoch die Balance zwischen Thriller und Drama: Für einen Thriller ist der Film dann doch zu ruhig, für ein Drama dürften einem die Charaktere dann zu egal sein. Die erwähnten Rückblenden stören die Dramaturgie eher, und das ist bei der Geschichte, die dort erzählt wird, leider fatal, denn diese Geschichte hat es grundsätzlich verdient, erzählt zu werden. Die Verbindung dieser Geschehnisse zur Gegenwart ist auch nicht so präsent, von ein bisschen Feindseligkeit der Locals abgesehen. Hier wäre viel mehr möglich gewesen, wenn auch deutlicher geworden wäre, wie die damaligen Geschehnisse Falk geprägt haben. Mehr Psychodrama und Tiefe hätten dem Film definitiv gut getan (was Harper in ihrem Roman "The Lost Man"/dt. "Zu Staub" besser gelungen ist).



    Fazit


    Wer mal einen etwas anderen Thriller sehen möchte und vor einer ruhigen Erzählweise nicht zurückschreckt, sollte The Dry definitiv eine Chance geben. Es ist kein schlechter Film, es wäre aber wesentlich mehr möglich gewesen. Es sei auch nochmal "The Lost Man" (dt. Titel "Zu Staub") der Autorin der Vorlage empfohlen, wo sie die Balance zwischen Drama und Mysterythriller perfektioniert hat. Da geht es übrigens richtig trocken, staubig und heiß zur Sache.



    6,5/10

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    Infos
    Originaltitel:
    The Dry
    Land:
    Australien, USA
    Jahr:
    2020
    Studio/Verleih:
    Leonine Distribution
    Regie:
    Robert Connolly
    Produzent(en):
    Steve Hutensky, Jodi Matterson, Bruna Papandrea
    Drehbuch:
    Harry Cripps, Robert Connolly, Jane Harper (Buchvorlage)
    Kamera:
    Stefan Duscio
    Musik:
    Peter Raeburn
    Genre:
    Drama/Thriller
    Darsteller:
    Eric Bana, Genevieve O'Reilly Keir O'Donnell, Bruce Spence, BeBe Bettencourt, Joe Klocek, Sam Corlett
    Inhalt:
    Federal Agent Falk kehrt zurück in seine von großer Dürre geplagte Heimatstadt, um der Beerdigung eines Jugendfreundes beizuwohnen. Doch seine Anwesenheit öffnet eine uralte Wunde – der ungelöste Fall eines ermordeten Mädchens.
    Start (DE):
    10. September 2021 (DVD), 19. Juni 2021 (Premiere Fantasy Filmfest Nights)
    Laufzeit:
    117 Minuten
    FSK:
    noch nicht geprüft
    Bilder
    • Dry-Wide.jpg

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Kommentare 4

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    ElMariachi90 -

    Ich muss sagen, dass ich sehr positiv überrascht war. Zugegebenermaßen kenne ich die Buchvorlagen nicht, aber als Film hat das Werk für mich vollends funktioniert. Die Erzählung über 2 Zeitebenen hat dem Ganzen einen größeren emotionalen Kern gegeben und Eric Bana hat die Vorgeschichte immer toll mitgespielt. Generell war seine Leistung stark und er konnte seiner Figur viele Nuancen verpassen, obwohl sie sehr minimalistisch angelegt war. Ganz besonders mochte ich aber die unheilvolle Atmosphäre, die durch beeindruckende Bilder untermauert wurde. Gekrönt wurde der Thriller dann noch mit einem sehr emotionalen Ende. Ich bin sehr angetan und greife vielleicht auch mal zu dem Buch. …übrigens ohne Untertitel hätte ich tatsächlich kaum etwas verstanden.

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      Emily -

      Ja, das ist nicht nur australisches Englisch, das broad broad broad Australian English ;-). Bei mir hing viel mit der Erwartungshaltung zusammen, The Lost Man war einfach perfekt.

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      ElMariachi90 -

      Das ist ja häufig so. Wenn etwas auf einer Vorlage basiert und man diese kennt, sind die Erwartungen immer andere, als wenn man unwissend herantritt. "Unvorbelastet" war das Werk zumindest stark.

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      Emily -

      Ich kannte noch nicht einmal die Vorlage hierzu, sondern ein anderes Buch der Autorin. Anyway, freut mich, dass er dir gefallen hat. Ich fand ihn auch absolut nicht schlecht.